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Tod im Tal der Heiden

Tod im Tal der Heiden

Titel: Tod im Tal der Heiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Lande,
pagus,
im Gegensatz zu den
milites
oder Soldaten, die durchs Land marschieren und es verwüsten. Ihr Christen nennt euch stolz
milites,
Soldaten im Dienste Christi, und ihr schaut herab auf den Zivilisten oder
paganus,
auf dem ihr herumtrampelt. Ich bin stolz darauf,
pagan
genannt zu werden! Es ist ein ehrenvoller Stand.«
    Fidelma hatte gewußt, daß Murgal ein kluger Mensch war, doch es überraschte sie, daß er eine so gute Kenntnis des Lateinischen besaß. Sie erhob sich erneut.
    »Ich wiederhole, ich bin nicht hier, um über theologische Fragen zu diskutieren. Ich bin lediglich hier, um zu besprechen, wie wir in einer praktischen Frage zu einer Vereinbarung kommen.«
    Plötzlich stand Orla hinter Collas leerem Stuhl auf. Ihr machte das Streitgespräch sichtlich Spaß.
    »Wenn mein Ehemann hier wäre, würde er der Vertreterin von Cashel sicherlich entgegentreten. Aber ich habe ebenfalls das Recht, im Rat zu sprechen, nicht nur anstelle meines Ehemanns, sondern auch als Schwester des Fürsten.«
    »Laßt Orla sprechen!« ertönte ein Ruf, der bei den sitzenden Würdenträgern und den hinter ihnen Stehenden Widerhall fand.
    Laisre winkte seine Schwester Orla nach vorn.
    »Es ist kein Geheimnis, daß ich und mein Ehemann Colla nicht derselben Meinung sind wie mein Bruder Laisre. Er hat jahrelang die Versuche Imleachs, das Christentum in dieses Tal zu bringen, abgewehrt, und jetzt hat er Anhänger dieses Glaubens eingeladen, ihre fremden Lehren hier zu verbreiten. Mein Bruder Laisre handelt töricht, wenn er annimmt, die Erlaubnis, diesen neuen Glauben hier auszuüben, würde zu seinem raschen Ende führen. Seht euch die Stellung des Glaubens in den fünf Königreichen an. Vor zweihundert Jahren war Laoghaire von Tara der Auffassung, es gebe immer Platz für eine weitere Religion im Land und ihre Unterdrückung würde sie nur um so schneller anwachsen lassen. Er gewährte den Anhängern des Briten Patrick die Freiheit, ihrem Gott zu dienen. Zwei Jahrhunderte später existieren nur noch ein paar winzige Ecken in den fünf Königreichen, in denen wir die Götter unsererVorfahren verehren. Die neue Religion herrscht überall. Gib ihr Raum zum Atmen, und sie erstickt uns alle.«
    Füßescharren und Beifall begleiteten Orla zu ihrem Platz.
    Zu Fidelmas Verärgerung hatte sich Bruder Solin erhoben.
    »Da Fidelma von Cashel nicht mit euch debattieren will, bin ich als Vertreter des Comarb von Patrick mit Sitz in Armagh bereit, die Aufgabe zu übernehmen, die sie so leichtfertig von sich weist. Ich bitte um eure Erlaubnis, vor diesem Rat zu sprechen.«
    Fidelmas Miene hatte sich versteinert, und sie starrte vor sich hin. Das war nicht die Verhandlung, die sie erwartet hatte. Niemand hatte sie darauf vorbereitet, daß hier eine theologische Diskussion zu führen wäre, bei der sie die Aufgabe hätte zu bekehren. Sie hatte das Gefühl, man wolle sie zur Ablenkung in diese Debatte hineinmanövrieren. Doch aus welchem Grunde?
    Laisre bat Bruder Solin vorzutreten und erteilte ihm das Wort.
    Bruder Solin warf Fidelma einen triumphierenden Blick zu.
    »Was befürchtet ihr denn von der Religion Christi?« fragte er und schaute Murgal dabei an.
    »Einfach, daß sie die alte Religion zerstört.«
    »Und wäre das denn so schlecht?«
    Murgal lächelte bedrohlich.
    »Wir verehren die alten Götter und Göttinnen, die Ewigen. Euer Christus wurde hingerichtet und starb. War er denn ein mächtiger Krieger? Haben Tausende ihn verteidigt? Nein, er war ein niedriger Zimmermann, der, welch Gipfel der Ironie, an einem Baum starb!«
    Murgal schaute sich mit einem selbstzufriedenen Grinsen um und fügte hinzu: »Du siehst, ich habe mich ein wenig mit dieser Religion von Christus beschäftigt.«
    Bruder Solin lief rot an bei diesem Spott.
    »Es war so bestimmt, daß Christus, der Sohn Gottes, sterben mußte, um der Welt den Frieden zu bringen. Gott liebt diese Welt so sehr, hat man uns gelehrt, daß er seinen einzigen Sohn für sie in den Tod gab.«
    »Was für ein Gott!« höhnte Murgal. »Er mußte seinen eigenen Sohn umbringen, um seine Liebe zu zeigen! War er eifersüchtig auf seinen Sohn? Der Sohn eures Gottes ist ebenso armselig wie sein Vater!«
    Bruder Solin erstickte fast vor Zorn.
    »Wie kannst du es wagen …?«
    »Ein Wutausbruch ist kein Argument.« Murgal hatte sichtlich seinen Spaß. »Erzähl uns doch, was euer Gott gelehrt hat. Das würden wir gern hören. War er ein starker Gott? Hat er gelehrt, denen Widerstand zu

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