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Tod im Tal der Heiden

Tod im Tal der Heiden

Titel: Tod im Tal der Heiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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leisten, die andere versklaven wollen? Hat er gelehrt, sich auf sich selbst zu verlassen und das zu tun, was gut und gerecht ist? Hat er gelehrt, denen zu widerstehen, die unrecht tun? Nein, ich habe es mit eigenen Ohren gehört. Er hat Armut im Geiste gelehrt. So steht es in euren heiligen Schriften: ›Selig sind, die da geistlich arm sind; denn das Himmelreich ist ihr.‹ Der Himmel eures Gottes ist nicht die Andere Welt, in der Gerechtigkeit, Anständigkeit und männliches Selbstvertrauen ihren Lohn finden in der Halle der Helden, die bei den Ewigen sitzen.
    Tatsächlich hat euer Gott gelehrt, wenn jemand einen Menschen auf eine Wange schlägt, dann soll der ihm auch die andere Wange hinhalten, womit er zu weiterer Beleidigungund Unterdrückung einlädt und zu falschem Handeln verleitet. Die Brehons lehren doch wohl, daß diejenigen, die Unterdrückung herausfordern, sich an diesem Verbrechen mitschuldig machen? Wenn die Menschen geistlich arm sind, dann werden die Stolzen und Hochmütigen sie unterdrücken. Wenn die Menschen den richtigen Geist besitzen und entschlossen sind, Unrecht zu verhindern, dann nützt das allen Menschen. Bist du nicht auch der Meinung, Bruder Solin?«
    Bruder Solin kochte vor Wut. In seinem Zorn stand er kläglich und sprachlos vor der Versammlung. Fidelma hatte erfaßt, daß es eines schärferen Intellekts als Bruder Solins bedurfte, um sich mit dem glattzüngigen Murgal zu messen. Sie schüttelte leicht den Kopf und flüsterte Eadulf zu: »Ein Dreisatz von Éireann besagt, es gebe drei lächerliche Menschen auf der Welt: den Eifersüchtigen, den Geizhals und den Wütenden. Bruder Solin ist geradewegs in die Falle gegangen, die Murgal ihm gestellt hat.«
    Bruder Solin redete, ohne zu merken, welchen Eindruck er hinterließ.
    »Christus sagte: ›Selig seid ihr, die ihr hier weinet; denn ihr werdet lachen. Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer.‹«
    »Schöne Versprechungen, aber sie sollen erst in der Anderen Welt erfüllt werden«, spottete Murgal. »Für diese Welt ist es eine jämmerliche Lehre. Armut der Person resultiert aus der Armut des Geistes. Diese Religion wurde offensichtlich von einem Tyrannen erfunden, der die Armen weiterhin in Armut halten wollte, während er durch ihr Elend reich und fett wurde.«
    »Keineswegs, keineswegs …«, rief Bruder Solin und verlor vollends die Beherrschung.
    Fidelma stand abrupt auf.
    Sie sprach kein Wort, doch allein die Tatsache, daß sie sich erhoben hatte, und ihr Schweigen brachten alle nach und nach zum Verstummen, bis im Raum Stille eintrat. Sie wartete, bis sie so vollständig wurde, daß man auch das leiseste Flüstern hören konnte. »Ich bin falsch informiert worden«, begann sie ruhig. »Mir wurde gesagt, es gehe um eine Verhandlung über praktische Dinge, nicht um eine theologische Debatte. Suchtet ihr Vertreter, um mit ihnen über Theologie zu diskutieren, dann hättet ihr das dem Bischof von Imleach mitteilen sollen, der euch Gelehrte geschickt hätte, die es mit euren Gelehrten aufnehmen könnten. Ich bin nur eine einfache Dienerin des Gesetzes dieses Landes. Ich werde heute nachmittag die Rückreise nach Cashel antreten und die Botschaft mitnehmen, daß der Fürst von Gleann Geis sich außerstande sah, eine Entscheidung in der anstehenden Frage zu treffen. Cashel wird erst dann wieder jemanden nach Gleann Geis entsenden, wenn es sicher sein kann, daß eine Entscheidung gefällt wurde.«
    Als sie sich abwandte, erhob sich Eadulf unsicher. Er stöhnte innerlich auf bei dem bloßen Gedanken, in seinem Zustand auf die Reise zu gehen.
    »Gibst du dich geschlagen?« rief Murgal. »Gestehst du ein, daß Christen nicht logisch mit einem Druiden argumentieren können?«
    Fidelma blieb stehen und sah ihn an.
    »Ich nehme an, du kennst die Dreisätze von Éireann?«
    »Ich wäre ein schlechter Brehon, wenn ich sie nicht kennte«, erwiderte Murgal selbstzufrieden.
    »Drei Kerzen erhellen jede Dunkelheit: die Wahrheit, die Natur und das Wissen«, zitierte sie und wandte sich zur Tür.
    Diesmal blieb sie selbst dann nicht stehen, als sie Laisre dazu aufforderte.
    Mit verlegener Miene trat ihr der Krieger Rudgal in der Tür entgegen, die Hand leicht an den Schwertgriff gelegt. Entschuldigend murmelte er: »Mein Fürst verlangt, daß du bleibst, Schwester. Ihm muß man gehorchen.«
    Er fuhr zurück vor dem grünen Feuer, das in Fidelmas Augen glühte.
    »Ich

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