Tod im Tal der Heiden
aufhört.«
KAPITEL 9
Langsam ritten sie zurück zum
rath.
Nur wenige Leute waren dort zu sehen. Es war Mittagszeit, und die meisten saßen bei Tisch. Eadulf klagte immer noch über Kopfschmerzen, und Fidelma hatte schließlich Mitleid mit ihm und schlug vor, er solle gleich zum Gästehaus gehen und sie werde die Pferde in den Stall bringen. Er nahm den Vorschlag ohne Zögern an. Fidelma führte die beiden Pferde in den Stall und zu den hintersten Boxen, die als einzige leer waren. Von den beiden Stalljungen, die sich gewöhnlich um die Pferde kümmerten, war nichts zu sehen, aber sie brauchte nicht langedazu, die Pferde abzusatteln und ihnen Futter und Wasser zu geben.
Sie stand gerade in einer Box und beugte sich nieder, um die abgelegten Satteltaschen aufzunehmen, als sie hörte, wie jemand den Stall betrat. Sie wollte sich aufrichten, da vernahm sie Bruder Solins Stimme. Er schien sich zu rechtfertigen. Nach kurzem Zögern ließ sie sich instinktiv im Schutz der Box auf die Knie sinken.
Es waren zwei Stimmen. Das zischende Keuchen Bruder Solins war unverkennbar, doch die zweite Stimme war ihr unbekannt. Sie war jung und männlich und hatte ebenfalls einen nördlichen Akzent. Fidelma schob sich vorsichtig zum Eingang der Box und spähte kurz um die Ecke. Bruder Solin und ein junger Mann standen an der Stalltür. Sie zog sich wieder in die Deckung der Box zurück.
»Hier«, meinte Bruder Solin, »sind wir endlich unbeobachtet.«
»Es spielt keine Rolle, ob wir beobachtet werden oder nicht«, erwiderte die jüngere Stimme zornig.
»Im Gegenteil«, erklärte Bruder Solin verbindlich, »wenn jemand wüßte, daß du zum Spionieren hier bist, würden die Leute das nicht sehr freundlich aufnehmen. Sie würden vielleicht etwas dagegen tun – sagen wir, etwas Drastisches?«
»›Spionieren‹ ist ein hartes Wort, besonders wenn es von jemandem wie dir kommt«, höhnte der junge Mann. »Wie würdest du denn deinen eigenen Auftrag hier bezeichnen?«
»Bestreitest du mir das Recht, mich hier aufzuhalten?«
»Recht? Welches Recht? Ich bestreite jedenfalls deine Absichten.«
»Hör mal, mein junger Freund«, antwortete Bruder Solin ungerührt, »und hör mir gut zu. Ich rate dir, dich aus denAngelegenheiten von Armagh herauszuhalten. Glaubst du, du wärst unangreifbar wegen des Mannes, dem du dienst? Nun, es gibt stärkere Mächte als deinen Herrn, und sie werden sich keine Einmischung gefallen lassen.«
Der jüngere Mann holte zornig Luft.
»Komm mir nicht mit leeren Drohungen, du eingebildeter Kleriker, denn dein Kleid wird dich nicht vor dem Grimm dessen schützen, dem ich diene.«
Dann war es auf einmal still.
Vorsichtig schaute Fidelma über den Rand der Box und sah nur noch die stämmige Gestalt Bruder Solins an der Tür stehen und hinausstarren. Sein Gegner mußte wohl gegangen sein. Bruder Solin verharrte noch, anscheinend tief in Gedanken, dann zuckte er die Achseln und ging ebenfalls weg.
Fidelma verließ die Box und blieb unschlüssig stehen. Sie versuchte das, was sie gehört hatte, zu entschlüsseln, gab es aber seufzend auf. Sie nahm die Satteltaschen, schritt zur Tür und schaute hinaus, ob sie beobachtet würde. Sie sah noch, wie Bruder Solin in den Apothekerladen auf der anderen Seite des Hofes trat.
Sie eilte über den Hof zum Gästehaus.
Cruinn, die füllige Verwalterin, bereitete gerade das Mittagsmahl. Sie blickte mit einem breiten Lächeln auf, als Fidelma hereinkam.
»Dein Gefährte, der Ausländer, ist zu Bett gegangen«, verkündete sie vergnügt. »Aber das werden heute wohl viele Männer im
rath
machen. Bleibst du zum Essen?«
Fidelma bejahte und meinte, sie wolle vorher noch sehen, wie es Eadulf ginge. Sie wollte hinaufgehen, als die Dicke sich verlegen räusperte.
»Kann ich dich einen Moment sprechen, Lady, da wir gerade allein sind?«
Neugierig kam Fidelma zu ihr zurück.
»Sprich dich frei aus«, lud sie sie ein.
»Ich habe gehört, du bist eine
dálaigh
und mit unseren Gesetzen vertraut. Stimmt das?«
Fidelma nickte.
»Weißt du auch alles über die Ehegesetze?«
Diese Frage hatte Fidelma nicht erwartet und hob überrascht die Brauen.
»Ja, ich kenne den Text des
Cáin Lánamna.«
Sie lächelte die nervöse Frau ermutigend an. »Hast du vor, dich zu verheiraten, Cruinn? Dann wendest du dich am besten an Murgal. Er weiß sicher über eure heidnischen Bräuche Bescheid.«
Die Verwalterin schüttelte den Kopf und wischte sich die Hände an ihrer großen safrangelben
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