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Tod im Weinkontor

Tod im Weinkontor

Titel: Tod im Weinkontor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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ohne den
geringsten Schmuck sah sie sehr beeindruckend aus, wie Andreas
fand. Ihr schwarzes Haar wurde von der ebenfalls schwarzen Haube
kaum gebändigt. Sie schaute hoch in den wolkenverhangenen
Himmel, aus dem es zu regnen drohte. Ihr weißer Hals war
wie der eines Schwans. Andreas musste zugeben, dass sie noch
immer eine sehr schöne Frau war, auch wenn die Ereignisse
der letzten Zeit sie nicht unberührt gelassen hatten.
    »Was für eine furchtbare Tat«, meinte
Andreas, der das Gespräch unbedingt wieder auf Ludwigs Tod
lenken wollte, denn deshalb war er schließlich hier.
    Barbara sah ihn an. Tränen glitzerten in ihren dunklen
Augen. Sie schluckte und sagte dann: »Sie war
angemessen.«
    Ihre Worte wirkten auf Andreas wie ein Schlag mit einem nassen
Leinentuch. »Angemessen?«, fragte er
verblüfft.
    Barbara schaute sich kurz um. »Hier sind zu viele Leute.
Kommt mit ins Haus.« Sie trat auf die Glockengasse, nahm
das Hauptportal des Leyendecker-Hauses, gab in der Diele einem
Diener das Wachstäfelchen und den Griffel und geleitete
ihren Gast in das elegante Wohnzimmer im Erdgeschoss.
    Hier lagen keine Gewebe auf dem Boden, der noch nicht
ausgekehrt worden war; feiner, hellgelber Sand bedeckte in einer
dünnen Schicht die Dielen. Doch ansonsten glich diese gute
Stube der im Bonenberger Haus beinahe wie ein Ei dem anderen.
Stühle, ein Stollenschrank, Truhen. Zeichen des Reichtums
und der Macht.
    Barbara Leyendecker setzte sich in geziemender Entfernung von
Andreas auf einen der mit Kissen gepolsterten Dreifüße
und legte die Hände in den Schoß. Von Sankt Kolumba
dröhnte die vierte Stunde herüber und erinnerte Andreas
an die Seelenmesse, die er noch zu lesen hatte, sowie an den
Unterricht, den er dem Familiaris erteilen musste, der mit im
Pastorat wohnte und auf die Universität vorbereitet wurde.
Er war hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, endlich mehr
über den Tod seines Freundes zu erfahren, und dem, zu seinen
wichtigeren Verpflichtungen Gott gegenüber zurückkehren
zu können.
    »Ich begreife es nicht«, sagte Andreas in dem
Versuch, das Gespräch rasch auf den Punkt zu bringen.
»Warum hat sich Ludwig umgebracht?« Er wagte noch
nicht, Barbara von seinen Schlussfolgerungen zu berichten; erst
wollte er hören, was sie zu sagen hatte.
    »Weil er im Bund mit dem Teufel stand«, antwortete
Barbara mit einem Tonfall, der von großem Ekel zeugte.
»Bestimmt habt Ihr schon davon gehört.«
    »In der Tat«, gab Andreas zu. »Glaubt Ihr
daran?«
    »Woran? An den Teufel? Jeder gute Christenmensch muss an
ihn glauben«, meinte Barbara und schenkte ihm einen
glühenden Blick. »Ich glaube, dass Ludwig mit dem
Bösen im Bunde war. Ich habe es schon immer
geahnt.«
    »Warum?«, wollte Andreas wissen und zog erstaunt
eine Augenbraue hoch.
    »Er war so seltsam geworden. Und sein Erfolg war
geradezu ungeheuerlich.«
    »Könnte daran nicht auch die Verhansung Kölns
schuld gewesen sein?«, gab Andreas zu bedenken. »Was
dem einen das Geschäft zerstört, ist manchmal der Segen
des anderen.«
    »Dessen bedarf man nicht, wenn man einen Pakt mit dem
Verführer der Menschheit eingegangen ist«, erwiderte
Barbara und sah Andreas herausfordernd an.
    »Habt Ihr diesen Pakt mit eigenen Augen gesehen?«,
fragte der junge Kaplan.
    »Ja.«
    »Ist Euch nichts daran aufgefallen?«
    »Was sollte mir daran aufgefallen sein? Ich empfand
großen Abscheu vor ihm, denn schließlich kommt er aus
der Hölle.«
    »Seid Ihr des Lateinischen mächtig?« Andreas
beugte sich erwartungsvoll vor, während er auf die Antwort
wartete.
    »Ein wenig, denn ich bin im Beginenkonvent ›Zum
Holländer‹ in der Römergasse erzogen worden.
Schwester Mildredis hat mir nicht nur Nähen und Sticken
beigebracht.« Barbara warf den Kopf in den Nacken.
»Ich bin ihr unendlich dankbar, denn was sollte ich ohne
ihre Ausbildung nun tun?«
    Andreas machte sich eine geistige Notiz: Barbara Leyendecker
kann ein wenig Latein – vielleicht ausreichend, um einfache
Texte zu lesen, aber bestimmt nicht genug, um sie selbst
fehlerfrei zu verfassen. Zumindest schienen ihr die vielen Fehler
in dem angeblichen Teufelspakt nicht aufgefallen zu sein.
»Habt Ihr den ganzen Text des Paktes gelesen?«,
fragte er und bemühte sich, recht beiläufig zu
klingen.
    »Ja, und ich habe durchaus verstanden, was ich gelesen
habe«, gab sie mit einer gewissen Schärfe in der
Stimme zurück. »Ich habe genug

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