Tod in der Königsburg
aufgenommen.«
Fidelma kicherte leise über seine komische Leidensmiene, doch ihre Augen blieben ernst.
»Trotzdem ist es wichtig, daß du die politische Lage in diesem Königreich verstehst, Eadulf. Du erinnerst dich doch, daß wir im vorigen Winter ein Komplott der Uí Fidgente aufdeckten, die eine Rebellion anzetteln wollten, unddaß mein Bruder ihnen ein Heer entgegenführen und sie bei Cnoc Áine zur Schlacht stellen mußte? Das war vor knapp neun Monaten.«
»Daran erinnere ich mich natürlich. Wie sollte ich das vergessen? Die Verschwörer hatten mich damals gefangengenommen. Aber fiel nicht der Herrscher der Uí Fidgente in der Schlacht?«
»Ja. Jetzt ist sein Vetter Donennach der Fürst der Uí Fidgente, und eine seiner ersten Amtshandlungen bestand darin, Gesandte zu meinem Bruder zu schicken, um einen Vertrag auszuhandeln. Donennach kommt nach Cashel, um Frieden zu schließen. Es ist der erste Friede zwischen den Uí Fidgente und Cashel seit Jahrhunderten. Deshalb ist der heutige Tag so bedeutend.«
Sie waren vom Tor der Burg den steilen Pfad hinuntergegangen, der zum Fuß des Felsens von Cashel führte, und dem Weg um ihn herum bis zum Rand des Marktfleckens gefolgt. Die Stadt lag knapp eine Viertelmeile vom großen Felsen entfernt.
Die Einwohner der Stadt versammelten sich bereits, um den Einzug ihres Königs mit dem Fürsten der Uí Fidgente und seinem Gefolge anzuschauen. Die Reiterkolonne erreichte das Westtor der Stadt, als Fidelma und Eadulf sie durch das Osttor betraten und sich mit anderen zusammen an einer Seite des weiten Marktplatzes aufstellten.
Eine Gruppe von sieben Kriegern ritt an der Spitze des Zuges. Dann kam Colgús Bannerträger. Das flatternde blaue Seidentuch zeigte den goldenen Hirsch, das Königswappen der Eóghanacht von Cashel. Dahinter ritt in guter Haltung der König selbst, ein hochgewachsener Mann mit rötlich glänzendem Haar. Nicht zum erstenmal fiel Eadulf dieÄhnlichkeit der Gesichtszüge zwischen Colgú und seiner Schwester Fidelma auf.
Als nächster kam ein weiterer Bannerträger. Die über ihm flatternde weiße Seide zeigte in der Mitte einen roten Eber. Eadulf nahm an, dies sei das Wappen der Fürsten der Uí Fidgente. Hinter diesem Bannerträger ritt ein junger Mann mit vollem Gesicht und dunklem Haar, der jedoch auf seine Art ebenso gut aussah wie der rothaarige König von Muman. Trotz der behaupteten gemeinsamen Abstammung konnte Eadulf keine Spur von Verwandtschaft zwischen dem Fürsten der Uí Fidgente und dem König von Muman entdecken.
Den führenden Reitern folgten viele Krieger, von denen einige die Abzeichen des Ordens der Goldenen Kette trugen, der ausgewählten Leibwache der Eóghanacht-Könige. An ihrer Spitze ritt ein junger Mann, der nur wenig jünger schien als Colgú und ihm leicht ähnelte. Allerdings waren seine Züge etwas grober geschnitten, und sein Haar war so schwarz wie das des Fürsten der Uí Fidgente. Er saß lässig, aber stolz im Sattel. Auch seine Kleidung verriet Eitelkeit: Er trug einen langen Mantel aus blaugefärbter Wolle, der auf der Schulter von einer glitzernden Spange gehalten wurde. Sie war aus Silber und zeigte die Sonnenscheibe, von der fünf Strahlen ausgingen, deren Enden jeweils ein kleiner roter Granat zierte.
Das war Donndubháin, wie Eadulf wußte, der Tanist oder erwählte Nachfolger des Königs von Cashel, ein Vetter Colgús und Fidelmas.
Die Freude der Menschen beim Anblick des Reiterzuges war unverkennbar, sie jubelten und klatschten Beifall. Für die meisten bedeutete der gemeinsame Einritt des Königsvon Cashel und des Fürsten der Uí Fidgente das Ende von jahrhundertelangen Fehden und Bluttaten und den Beginn eines neuen Zeitalters des Friedens und des Wohlstands für alle Völker in Muman.
Colgú wirkte entspannt und dankte winkend dem Jubel, während Donennach steif und anscheinend nervös im Sattel saß. Seine dunklen Augen spähten von einer Seite zur anderen, als halte er Ausschau nach Anzeichen von Feindseligkeit. Nur gelegentlich huschte ein Lächeln über sein Gesicht, und er neigte kurz und knapp den Kopf zum Dank für den Applaus der begeisterten Menge.
Die Reiterschar überquerte den Marktplatz und näherte sich dem Pfad, der zu dem hohen Felsen mit dem Sitz der Könige von Cashel hinaufführte. Selbst Donennach von den Uí Fidgente schaute mit Bewunderung empor zu der Burg und dem Palast von Cashel.
Donndubháin hob den Arm, als wolle er dem Kriegertrupp signalisieren, auf den Weg zur
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