Tod in der Königsburg
Miene. Er schaute bewußt nur in das bleiche, schmerzverzerrte Gesicht Donennachs, der auf der Trage vor ihm lag.
»Mein Fürst, die Sache eilt.«
Donennach richtete sich auf und stützte sich auf einen Ellbogen.
»Was soll ich mir ansehen, Gionga?«
Der Krieger namens Gionga winkte einem seiner Männer, der inzwischen die beiden Leichen losgeschnitten hatte. Eine davon zog er jetzt hinüber zu der Trage.
»Das sind die beiden Hunde, die auf dich geschossen haben, mein Fürst. Schau dir diesen hier an.«
Er hielt den Kopf des Toten an den Haaren hoch.
Donennach beugte sich vor. Seine Mundwinkel verzogen sich. »Den kenne ich nicht«, brummte er.
»Brauchst du auch nicht, Fürst«, erwiderte Gionga. »Aber vielleicht erkennst du, was er am Hals trägt.«
Donennach sah genau hin und stieß einen lautlosen Pfiff aus.
»Was hat das zu bedeuten, Colgú?« fragte er und blickte den König von Muman an.
Colgú musterte die Leiche. Fidelma und Eadulf standen bei ihm. Keiner von ihnen kannte den Toten, doch es war klar, welchen Grund die Aufregung hatte.
Der Mann trug den Halsring des Ordens der Goldenen Kette, der Leibgarde der Könige von Cashel.
Mit vor Erregung rauher Stimme rief Donennach: »Das ist eine merkwürdige Gastfreundschaft, die du mir entgegenbringst, Colgú von Cashel. Deine Elitekrieger haben auf mich geschossen. Sie wollten mich töten!«
KAPITEL 4
Langes Schweigen trat ein, nachdem der Fürst der Uí Fidgente diese Anschuldigung erhoben hatte.
Es war Fidelma, die schließlich die bedrohliche Stille brach, indem sie mit dem Kopf auf ihren Bruder wies, der mühsam seine Schmerzen zu verbergen versuchte.
»Colgús Krieger haben nicht nur auf dich geschossen und dich zu töten versucht, Donennach, sondern sie versuchten auch, den König von Cashel niederzuschießen.«
Donennachs dunkle Augen sahen sie forschend an.
Es war sein Leibwächter Gionga, der seine stumme Frage aussprach.
»Wer bist du, Frau, daß du in Gegenwart von Fürsten zu sprechen wagst?« Sein Ton war immer noch arrogant.
Colgú antwortete mit ruhiger Stimme: »Das ist meine Schwester Fidelma, die spricht, und sie hat ein größeres Recht dazu als jeder andere hier, denn sie ist eine
dálaigh
bei Gericht und zugleich eine Nonne. Sie besitzt den Grad eines
anruth.
«
Giongas Augen weiteten sich sichtlich, denn er wußte, daß nur der Rang eines
ollamh,
der höchste Grad, den die weltlichen und kirchlichen Hochschulen Irlands zu vergeben hatten, höher war als der eines
anruth.
Donennach war offenbar nicht so beeindruckt. Seine Augen verengten sich leicht.
»Ach so? Du bist Fidelma von Cashel? Schwester Fidelma? Man kennt dich im Land der Uí Fidgente.«
Fidelma begegnete seinem forschenden Blick mit einem düsteren Lächeln.
»Ja, ich war schon dort – einmal. Ich wurde gerufen, um einen Giftmord zu untersuchen.«
Sie ließ sich nicht weiter darüber aus, denn sie wußte, daß Donennach die Einzelheiten der Geschichte bekannt waren.
»Meine Schwester hat recht«, schaltete sich Colgú ein und kam auf den Ausgangspunkt zurück. »Jeder Vorwurf, ich hätte bei dieser bösen Tat die Hand im Spiel gehabt, ist falsch!«
Eadulf beschloß, sich erneut einzumischen, denn er fand die Verwundungen beider Männer beunruhigend.
»Jetzt ist nicht die Zeit, darüber zu reden. Ihr beide müßt eure Wunden richtig versorgen lassen. Sie können sonst gefährlich werden. Verschieben wir die Diskussion auf eine passendere Zeit.«
Ein Schmerz durchzuckte Colgús Arm, und er biß sich auf die Lippen. »Einverstanden, Donennach?« fragte er.
»Einverstanden.«
»Ich nehme die Sache in die Hand, Bruder«, erklärte Fidelma, »während Eadulf sich um euch kümmert.«
Gionga trat mit verärgertem Gesicht vor, doch bevor er noch etwas sagen konnte, hob Donennach die Hand.
»Du bleibst bei Schwester Fidelma, Gionga«, wies er ihn leise an, »und hilfst ihr dabei.«
Das Wort »hilfst« schien er unnötig zu betonen. Gionga neigte den Kopf und trat zurück.
Die Träger hoben die Trage mit dem Fürsten der Uí Fidgente auf und folgten Colgú, der mit der Hilfe von Donndubháin den steilen Weg zum Königspalast in Angriff nahm. Eadulf blieb besorgt an seiner Seite.
Fidelma stand einen Moment mit sittsam gefalteten Händen da. In ihren hellen Augen funkelte ein Feuer, das allen, die sie kannten, verriet, daß sie in einer gefährlichen Stimmung war. Äußerlich war ihre Miene gelassen.
»Nun, Gionga?« fragte sie ruhig.
Gionga trat von
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