Tod in der Königsburg
heiligen Reliquien ihm dieses Kruzifix überlassen hat als Symbol dafür, daß dieses Attentat mit dem Segen des Comarb von Ailbe unternommen wurde. Ich werde beweisen, daß der Attentäter dieses Kruzifix während seiner verruchten Tat als Talisman bei sich trug. Diese heilige Reliquie konnte nur mit Zustimmung des Comarb von Ailbe aus der Abtei Imleach entfernt werden. Daraus geht hervor, daß sowohl der König als auch sein geistliches Oberhaupt in den Mordversuch an dem Fürsten der Uí Fidgente verwickelt sind.«
Diesmal ging ein Murmeln durch den Saal, in dem sich Zorn und Überraschung vermischten. Abt Ségdae holte hörbar Atem und wollte sich erheben. Colgú legte dem bejahrten Abt die Hand auf den Arm und warnte ihn mit einem Kopfschütteln, er möge das Verfahren nicht unterbrechen.
Brehon Rumann schlug mit seinem Hammer auf den Tisch und gebot Ruhe. »Fahre fort«, wies er Solam an.
Solam tat es mit einer erregten Geste. »Diesen Ausführungen habe ich nur noch wenig hinzuzufügen. Ich kann nur feststellen, daß Muman niemals ernsthaft den Frieden mit den Uí Fidgente suchte, sondern vorhatte, ihren Fürsten zu beseitigen, und dann vielleicht ein Heer ins Land der Dal gCais schicken wollte, um die Verwirrung zu nutzen, die daraus entstehen mußte. Damit würden sie die Herrschaft über die Uí Fidgente erlangen und den unberechtigten Anspruchdurchsetzen, den Muman seit Jahrhunderten erhoben hat, daß sie nämlich von Rechts wegen die Könige auch unseres Volkes wären.«
Abrupt setzte er sich.
Brehon Rumann wandte sich an Fidelma. »Bist du bereit, mit deinem Gegenplädoyer darauf zu erwidern, Schwester Fidelma?«
Fidelma erhob sich. »Ja. Weise Richter, ich habe die Absicht, in diesem Verfahren nicht nur die Beschuldigungen der Uí Fidgente zu widerlegen, sondern auch nachzuweisen, wo die Schuld wirklich liegt.«
»Bestreitest du die Tatsachen, die Solam uns unterbreitet hat?« fragte Rumann in unfreundlichem Ton. »Ziehst du seine Wahrhaftigkeit in Zweifel?«
»An dieser Stelle will ich damit sagen«, erwiderte Fidelma, »daß Solam euch nur eine Seite der Wahrheit mitgeteilt hat, aber nicht die ganze Wahrheit. Er hat euch nicht die Tatsache berichtet, daß damals, als der König von Muman und sein Gast, der Fürst der Uí Fidgente, auf den Marktplatz von Cashel ritten, der erste Pfeil der Attentäter auf den König von Muman abgeschossen wurde. Er hätte ihn ins Herz getroffen, wenn er sich nicht plötzlich vorgebeugt hätte, um mich, seine Schwester, zu begrüßen. Durch diese glückliche Bewegung traf ihn der Pfeil am Arm und verwundete ihn schwer. Warum hat Solam das nicht erwähnt?«
Mit gerötetem Gesicht und höhnischem Lächeln sprang Solam auf. »Ich vertrete hier den Fürsten der Uí Fidgente«, fauchte er auf seine aufgeregte Art. »Fidelma wird für ihren Bruder sprechen.«
»Hast du diese Tatsache gekannt und uns verschwiegen?« fragte Brehon Rumann mit sichtlichem Unwillen.
»Ich kannte die Tatsache und wußte auch, daß Fidelma davon reden würde. Ich bin nicht verpflichtet, ihre Argumente vorzubringen.«
Solams Reizbarkeit geriet ihm zum Nachteil, denn Brehon Rumann runzelte die Stirn. »Manchmal ist sparsamer Umgang mit der Wahrheit nicht besser als eine Lüge, Solam. Sei gewarnt. Ich dulde keine Halbwahrheiten.«
Solam neigte reuig den Kopf.
Fidelma überraschte alle, indem sie sagte: »Ich mache Solam keinen Vorwurf, weise Richter, weil er seine Wahrheit dadurch zu finden hofft, daß er alles wegläßt, was er meint, nicht äußern zu müssen. Ich wünschte, wir fänden die Wahrheit ebenso leicht, wie wir die Unwahrheit aufdecken können.
Tatsache ist jedoch, daß der König ebenfalls verwundet und als erster getroffen wurde, und das daraus entstehende Durcheinander war vielleicht der wahre Grund, weshalb der Attentäter nicht in der Lage war, den Fürsten der Uí Fidgente tödlich zu treffen. Oder wollte er es vielleicht gar nicht?«
»Das ist eine Unterstellung!« rief Solam und sprang auf. »Es ist eine Beleidigung und eine Beschuldigung der Uí Fidgente!«
»Es ist ebenso eine Unterstellung wie Solams Interpretation«, antwortete Fidelma gelassen. »Ferner ist es richtig, daß Gionga, der Hauptmann der Leibwache Donennachs, den Attentätern nachsetzte. Das tat auch der Tanist von Muman, Donndubháin. Beide waren am Tod der Attentäter beteiligt.
Ich behaupte, daß es keine Verschwörung des Königs von Muman gab, den Fürsten der Uí Fidgente zu ermorden, und das
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