Tod in der Königsburg
hat das Gesetz ebenso zu beachten wie der Geringste seiner Untertanen.«
Rumann hob die Hände, als wolle er seine Kollegen beruhigen. »Ich bin der Meinung, daß man dem König nicht das Gesetz auferlegen kann. Ich kann mich dabei auf die Sieben Bücher und die Drei Bücher der alten Gesetzessammlungen berufen, in denen es heißt, daß niemand Bürgschaft für einen König leisten kann, denn wenn ein König seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, kann der Bürge keine Entschädigung erlangen, weil die Ehre des Königs wichtiger ist als jeder Anspruch an ihn.«
»Willst du damit sagen, daß der Fürst der Uí Fidgente unrecht handelt, wenn er eine Klage gegen den König von Mumananstrengt?« erregte sich Fachtna. »Soll das heißen, daß gegen einen König nicht gesetzlich vorgegangen werden kann? Wenn das so ist, dann vergeuden wir unsere Zeit mit dieser Verhandlung. Nein, dieser Argumentation kann ich nicht zustimmen.«
Fidelma stand auf und räusperte sich.
»Du möchtest etwas dazu sagen, Fidelma von Cashel?« fragte Brehon Rumann, der sie mit Interesse betrachtete.
»Weise Richter . . .« – Fidelma verbeugte sich vor den Brehons – »Brehon Rumann hat natürlich darin recht, daß das Gesetz sagt, niemand sollte für einen König bürgen, doch andererseits verbietet es das auch nicht.«
Fachtna setzte ein breites Lächeln auf. »Dann ist also die Anwältin von Cashel meiner Meinung? Daß der König als Beklagter in diesem Fall gilt und vor den Richtern und nicht hinter ihnen zu sitzen hat?«
»Das sind gleich drei Fragen auf einmal, Fachtna«, erwiderte Fidelma ernst. »Wenn du Solams Protest meinst, dann lautet meine Antwort nein, ich bin nicht deiner Meinung. Infolgedessen ergibt sich deine letzte Frage auch nicht aus deiner ersten.«
Fachtna rätselte, worauf Fidelma wohl hinauswollte.
Mit einem seltsam zischenden Ausatmen zeigte Rumann seine Verärgerung darüber, daß er ihre Antwort nicht verstand. »Die Anwältin von Cashel sollte sich klar ausdrücken. Was will sie uns sagen?« murrte er.
»Darf ich die gelehrten Brehons«, fuhr Fidelma fort, »dar an erinnern, daß der Gesetzestext tatsächlich beschreibt, wie man die Ehre des Königs gegen seine Verantwortlichkeit vor dem Gesetz abwägen kann?«
Rumanns Augen verengten sich in seinem rundlichen Gesicht.»Erinnere uns«, sagte er knapp. In seinem Ton schien eine versteckte Drohung zu liegen.
»Die Stelle findet sich in den vier Abschnitten über Zwangsvollstreckung. Zu gesetzlichen Zwecken kann sich der König durch einen Ersatzmann vertreten lassen, einen
aithech fortha,
und über diesen Ersatzmann kann ein gesetzlicher Anspruch gegen den König erhoben werden, ohne daß der König die Schmach erdulden muß, von seinem Amt zurückzutreten oder sich einer Zwangsvollstreckung zu unterwerfen.« Fidelma lächelte die Richter fröhlich an. »Ich hätte gedacht, der gelehrte Solam würde, statt zu diesem Zeitpunkt einen Protest einzulegen, vor Beginn der Verhandlung im Auftrag des Klägers veranlassen, daß der König auf diese Weise vertreten wäre, daß also ein Ersatzmann benannt würde, der in diesem Stuhl hier« – sie wies auf den leeren Stuhl neben ihr –«sitzen und den König symbolisch repräsentieren würde.«
Fidelmas Worte lösten eine Welle der Belustigung im Saal aus.
Solam wurde rot vor Ärger. Er wollte sich erheben.
Brehon Rumann machte ihm ein Zeichen, er solle sitzen bleiben. Brehon Dathal war sichtlich vergnügt.
»Hat ein Mitglied des Gerichts etwas dagegen, daß ein Ersatzmann auf den Stuhl des Beklagten gesetzt wird?« fragte er. »Hat jemand etwas gegen einen Ersatzmann einzuwenden, der als körperlicher Vertreter des Königs vor uns sitzt?«
Brehon Rumann schnaubte verärgert. Es war klar, daß er sich an die Gesetzesstelle nicht erinnert hatte. Fidelma hatte zwar recht behalten, doch Eadulf merkte, daß sie sich damit beim vorsitzenden Richter nicht beliebt gemacht hatte.Daß Brehon Fachtna wütend war, konnte ihm jeder ansehen.
»Ich sehe keinen Anlaß, einfach jemanden auf den Stuhl zu setzen. Wir fahren fort in der Annahme, daß der leere Stuhl symbolisch das Königreich Muman repräsentiert.« Rumanns Stimme klang gereizt. »Gibt es also noch weitere Proteste oder Einsprüche oder können wir nun zum Thema der Verhandlung kommen?«
Solam räusperte sich und stand eilig auf.
»Ich bin ganz deiner Meinung, edler Brehon«, begann er mit einem gezwungenen Lächeln und bemühte sich, die Wogen zu glätten,
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