Tod in der Königsburg
stehendes Ziel.«
»Ich vermute, auch ein geübter Schütze hat mal einen schlechten Tag«, meinte Eadulf.
Colgú beugte sich zu Fidelma vor.
»Denkst du, daß die Uí Fidgente die Hand im Spiel hatten? Daß sie das einfädelten, um Cashel die Schuld daran zuzuschieben, daß der Krieg weiterginge?«
»Bevor ihr die Uí Fidgente verdächtigt«, wandte Eadulf ein, »denkt daran, daß es Gionga war, der die Attentäter niedermachte. Das hätte er kaum getan, wenn es Leute gewesen wären, die seinen eigenen Plänen dienten.«
»Ich meine, es gibt viele Dinge, die erst geklärt werden müssen, bevor wir zu einer Entscheidung kommen«, erwiderte Fidelma. »Wir haben festgestellt, daß der Begleiter des Bogenschützen ein ehemaliger Mönch war. Er trug früher die Tonsur des heiligen Petrus, ließ aber in den letzten Wochen das Haar wachsen. Die Tintenmale an seinen Fingern weisen darauf hin, daß er ein
scriptor
war. Und schließlich hatte er dies bei sich . . .«
Sie holte das kunstvolle silberne Kruzifix hervor und zeigte es ihrem Bruder.
Colgú nahm es und betrachtete es stirnrunzelnd.
»Das ist eine schöne Arbeit, Fidelma. Es ist sehr wertvoll. Ich glaube nicht, daß es in unserem Königreich angefertigt wurde. Die Verzierungen sind anders.« Er überlegte. »Ich könnte schwören, daß ich es schon einmal gesehen habe. Aber wo?«
Fidelma horchte auf. »Versuch dich zu erinnern, Bruder. Und denk mal darüber nach, weshalb ein früherer Mönch zum Attentäter werden und dabei ein so kostbares Stück bei sich führen sollte?«
Colgú sah seine Schwester nachdenklich an.
»Meinst du, daß es in dieser Angelegenheit verborgene Tiefen gibt?«
»Ja. Irgend etwas stimmt da nicht«, erwiderte sie. »Das, was wir bisher wissen, macht einfach keinen Sinn.«
Es wurde an die Tür geklopft, und auf Colgús Ruf hin wurde sie geöffnet.
Donndubháin trat ein und sprach, ohne die Erlaubnis Colgús abzuwarten. Das war sein Recht. Er sah nicht sehr glücklich aus.
»Der Fürst der Uí Fidgente verlangt dich zu sprechen. Sein Hauptmann Gionga hat ihm eingeredet, daß Cashel ihn zu ermorden beabsichtigte.«
Colgú reagierte mit einem ausdrucksvollen Fluch. »Kön nen wir ihn ein wenig hinhalten? Wir sind noch zu keinem Schluß gekommen in dieser Sache.«
Donndubháin schüttelte den Kopf. »Der Fürst erwartet dich bereits in der Großen Halle. Ich habe nicht mal gewagt, ihm sein Benehmen vorzuwerfen, denn er ist in äußerst schlechter Stimmung.«
Nach dem Protokoll hatte selbst ein Fürst zu warten, bis man ihn hineinbat, ehe er die Große Halle in Cashel betrat, in der der König offizielle Besucher und Gäste empfing. Gäste hatten sich in den Vorräumen aufzuhalten, wenn sie um eine Audienz beim König nachsuchten.
Der König erhob sich vorsichtig. Er verstand die Erregung, die seinen Gast das Protokoll vergessen ließ.
»Dann gehen wir lieber zu ihm und hören, was er von uns will«, meinte er resigniert. »Kommt mit, du auch, Eadulf. Ich brauche vielleicht deinen starken Arm.«
Als sie die Halle betraten, hatte sich der Fürst der Uí Fidgente bereits niedergelassen. Sein Gesicht war schweißbedeckt, und er wechselte unruhig die Haltung. Auch wenn es nur eine Fleischwunde war, sie bereitete ihm sichtlich Schmerzen. Hinter ihm stand Gionga mit finsterer Miene. Sonst befand sich niemand in der Halle, außer Capa von der Leibwache des Königs, der hinter dem Thron Aufstellung genommen hatte.
Donennach wollte sich erheben, doch Colgú, der es mit dem Protokoll nicht übermäßig genau nahm, winkte ihn zurück in seinen Sessel, ging zu seinem Amtssessel und setzte sich vorsichtig. Fidelma ließ sich links von ihm nieder, Donndubháin zu seiner Rechten. Eadulf gesellte sich zu Capa.
»Nun, Donennach, womit kann ich dir dienen?«
»Ich kam hierher als dein Gast, Colgú«, begann der Fürst. »Ich kam her in dem Wunsch, daß wir Uí Fidgente zu einem dauerhaften Frieden mit den Eóghanacht von Cashel gelangen würden.«
Er hielt inne. Colgú wartete höflich. Dieser Feststellung war nichts hinzuzufügen.
»Aus diesem Attentat auf mich . . .« Donennach zögerte, »auf uns beide«, verbesserte er sich, »ergeben sich bestimmte Fragen.«
»Du darfst versichert sein, daß wir alle dringend die Antworten auf diese Fragen suchen«, warf Fidelma leise ein.
»Davon gehe ich auch aus«, fauchte Donennach. »Aber von Gionga höre ich Dinge, die mich beunruhigen. Er erklärt mir, daß die Attentäter, die er erschlagen
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