Tod in der Königsburg
Überzeugung, und wandte sich rasch den Kleidungsstücken zu.
»Grober Stoff. Nichts deutet auf die Herkunft hin. Sie könnten überall hergestellt worden sein. Zwei Lederbeutel. Ein paar Münzen darin, doch von geringem Wert. Die Attentäter waren anscheind arm. Und . . .«
Sie hielt inne, als ihre Finger in dem Beutel, der laut Bruder Conchobar dem älteren, fülligen Mann gehörte, einen Gegenstand erfaßten. Langsam holte sie ihn hervor.
Es war ein Kruzifix, etwa acht Zentimeter lang an einer langen Kette, beides aus funkelndem Silber. Die vier Arme des Kreuzes waren mit je einem Edelstein besetzt, ein größerer Stein zierte die Mitte. Es waren Smaragde. Das Kreuz war keine irische Arbeit, das sah man sofort, denn es war einfacher, weniger kunstvoll ziseliert als die Erzeugnisse irischer Goldschmiede.
Eadulf schaute ihr über die Schulter.
»So ein Kreuz trägt kein gewöhnliches Mitglied einer religiösen Ordensgemeinschaft«, bemerkte er.
»Auch kein Priester. Es ist bestimmt ein Bischofskreuz«, erwiderte Fidelma ehrfürchtig. »Es könnte sogar noch wertvoller sein als ein übliches Bischofskreuz.«
KAPITEL 5
Colgú ruhte in einem geschnitzten Holzsessel mit hoher Lehne und streckte seine langen Beine dem Feuer im großen Kamin entgegen. Sein rechter Arm war mit weißem Leinen verbunden, doch sah Colgú viel wohler aus als vorhin.
»Was macht deine Wunde, Bruder?« fragte Fidelma zurBegrüßung, als sie mit Bruder Eadulf sein Privatzimmer betrat.
»Sie schmerzt gar nicht mehr, dank der Heilkunst unseres angelsächsischen Freundes«, antwortete Colgú lächelnd. Er wirkte noch etwas blaß. Er winkte ihnen, auf den Stühlen ihm gegenüber Platz zu nehmen. »Was hört man von Donennachs Verwundung?«
Die Frage galt Eadulf.
»Im wesentlichen eine Fleischwunde«, erwiderte er. »Der Pfeil drang in den Oberschenkel ein, zerriß aber keine Muskeln. Ein paar Tage wird er Schmerzen haben, aber weiter nichts.«
»Jedenfalls wird die Wunde keinen Makel hinterlassen«, kicherte Colgú vergnügt.
»Das stimmt«, bestätigte Eadulf leicht verwundert. »War um ist das so wichtig?«
»Du bist die Rechtsgelehrte in der Familie, Fidelma«, schmunzelte Colgú. »Erklär du es unserem Freund.«
Fidelma wandte sich Eadulf zu.
»Nach unserem Gesetz muß der König einen makellosen Körper besitzen, Eadulf. Er darf von keiner Behinderung oder Entstellung betroffen sein.«
»Wird ein König tatsächlich seines Amtes enthoben, wenn er als König eine entstellende Verletzung erleidet?« fragte Eadulf verblüfft.
»Ich kenne nur den einen Fall des Königs von Ulaidh, Congal Cáech, der eine Zeitlang auch als Großkönig herrschte. Durch den Stich einer Biene wurde er auf einem Auge blind und mußte deshalb die Herrschaft in Tara abgeben«, berichtete Fidelma.
»In seiner eigenen Provinz konnte er aber König bleiben«,wandte Colgú ein, »und er herrschte in Ulaidh, bis er in einer Schlacht fiel.«
»Wann war das?« erkundigte sich Eadulf.
»Er fiel bei Magh Rath in dem Jahr, als meine Schwester geboren wurde«, antwortete Colgú lächelnd. »Aber was hast du herausgefunden, Fidelma? Wer ist verantwortlich für diesen Anschlag auf Donennach und mich?«
Fidelmas Miene wurde ernst, und sie schwieg eine Weile, die Hände im Schoß.
»Das sieht nicht gut aus«, begann sie schließlich. »Es handelt sich um versuchten Mord. Nach dem Gesetz ist es das schwere Verbrechen
duinetháide,
auf dem eine doppelt so hohe Strafe steht wie gewöhnlich.«
»Doppelt so hoch wie gewöhnlich?« fragte Eadulf verständnislos.
»Eine ungesetzliche Tötung wird, wie du weißt, mit dem Verlust der Rechte und der Zahlung einer Entschädigung in festgesetzter Höhe an die Sippe des Getöteten bestraft.
Duinetháide,
was wörtlich Personendiebstahl heißt, wie zum Beispiel die Ermordung eines Fürsten, gilt als ein schwereres Verbrechen.«
Colgú beugte sich vor. »Wir kennen die Art des Verbrechens, Fidelma, aber warum meinst du, daß es nicht gut aussieht? Die Attentäter sind tot – erschlagen von Gionga von den Uí Fidgente. Man muß doch nur feststellen, wer sie sind und ob andere an dem Verbrechen beteiligt waren.«
Fidelma seufzte schwer und schüttelte den Kopf. »Wie du weißt, trug einer der Erschlagenen das Zeichen des Ordens der Goldenen Kette, das Kreuz des Adelsordens der Könige von Cashel.«
Colgú hob ungeduldig die Hand. »Gewiß, aber hat manherausgefunden, wer er ist? Ich kenne ihn nicht, und wie ich höre, kennt
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