Tod in der Königsburg
hat, Männer aus Cnoc Áine sind, dem Land, in dem dein Vetter Finguine herrscht. Deshalb sind es Männer, für die du die Verantwortung trägst, Colgú von Cashel. Ich sah mit eigenen Augen an der Leiche des einen Attentäters das Kreuz deiner Elitetruppe.«
»Du kennst sicher das Sprichwort, Donennach,
fronti nulla fides
?« fragte ihn Fidelma ruhig.
Donennach schaute sie finster an. »Was meinst du damit?« knurrte er.
»Daß man sich auf den Anschein nicht verlassen darf. Jemandemeine goldene Kette mit einem Kreuz daran umzuhängen ist ebenso leicht, wie ihm einen Mantel um die Schultern zu werfen. Der Mantel oder das Kreuz verraten dir noch nicht, wer derjenige wirklich ist, sondern nur, für wen er gehalten werden möchte«, erwiderte Fidelma gelassen.
Donennach kniff die Augen zusammen. »Vielleicht überläßt du es lieber deinem Bruder, dem König, sich zu verteidigen?«
»Verteidigung setzt Anklage voraus«, tadelte ihn Colgú milde. »Wir sollten uns nicht gegenseitig anklagen, sondern uns bemühen, die Wahrheit zu ergründen.«
Donennach machte eine gleichgültige Handbewegung. »Du gibst also zu, daß du mir eine Erklärung schuldig bist?«
»Wir geben zu«, erwiderte Colgú vorsichtig, »daß einer der beiden Männer, die Gionga tötete, das Kreuz des Ordens von Cashel trug. Das bedeutet jedoch nicht, daß er in meinem Dienst stand. Wie meine Schwester bereits sagte, ist es leicht, einem Mann etwas anzuhängen, um andere zu täuschen.«
Donennach wirkte plötzlich verlegen, er sah Gionga an.
»Woher weiß ich, daß dies nicht ein Versuch Cashels ist, die Uí Fidgente zu vernichten?« fragte er.
Das ließ Donndubháin im Zorn hochfahren. Er sprang auf, die Hand an der Hüfte, wo sonst die Schwertscheide hing. Aber es gab eine Vorschrift, daß niemand die Große Halle bewaffnet betreten durfte.
»Das ist eine Beleidigung Cashels!« schrie er. »Das muß der Uí Fidgente zurücknehmen!«
Gionga hatte sich vor seinen Fürsten gestellt, auch seine Hand am leeren Schwertgurt.
Mit einer Handbewegung hielt Colgú seinen Tanist zurück.
»Beruhige dich, Donndubháin«, befahl er. »Donennach, schicke deinen Mann zurück. Niemand tastet dich an, solange du in Cashel bist, das schwöre ich beim heiligen Kreuz.«
Donndubháin sank auf seinen Stuhl zurück, und auf eine Handbewegung Donennachs hin stellte sich Gionga wieder hinter ihn.
Ein eisiges Schweigen trat ein.
Colgú hatte den Blick fest auf das Gesicht des Fürsten der Uí Fidgente gerichtet. »Du sagst, du weißt nicht, ob das, was geschehen ist, nicht ein Versuch Cashels war, dich umzubringen? Kann ich denn sicher sein, daß es nicht eine Verschwörung einiger Uí Fidgente gegen mein Leben war?« fragte er ruhig.
»Eine Verschwörung von mir? Hier in Cashel? Ich wurde doch von dem Pfeil des Attentäters beinahe getötet.« Donennach klang zunehmend gereizt.
»Anstatt uns gegenseitig zu beschuldigen, sollten wir uns gemeinsam bemühen, festzustellen, wer die Schuldigen waren«, wiederholte Colgú und unterdrückte mühsam den Ärger über seinen Gast.
Donennach antwortete mit einem spöttischen Lachen.
Fidelma erhob sich plötzlich und stellte sich zwischen die beiden, jedem in symbolischer Haltung eine Handfläche zukehrend.
Beide verstummten, denn auf diese Art konnte ein
dálaigh
selbst Königen Schweigen gebieten.
»Es gibt hier einen Streitfall«, sagte sie ruhig. »Doch beide Streitenden besitzen nicht genügend Beweise, um ihre Argumentelogisch und überzeugend zu begründen. Wir brauchen ein Schiedsgericht. Wir müssen das Geheimnis dessen, was hier geschehen ist, aufdecken und feststellen, wer dafür verantwortlich ist. Stimmt ihr dem zu?«
Sie schaute Donennach an.
Mit zusammengepreßten Lippen erwiderte der Fürst ihren Blick. Dann zuckte er die Achseln. »Ich will weiter nichts, als daß die Tatsachen untersucht werden.«
Fidelma sah nun ihren Bruder fragend an.
»Ich bin für ein Schiedsgericht. Wie soll das vor sich gehen?«
»Das
Bretha Crólige
genannte Gesetz legt die Bedingungen fest«, antwortete Fidelma. »Es sind drei Richter erforderlich, einer aus Cashel, einer von den Uí Fidgente und einer, der nicht aus diesem Königreich kommt. Ich würde einen Richter aus Laigin vorschlagen, denn das ist weit genug entfernt, so daß er nicht befangen wäre. Die Richter sollen laut Gesetz in neun Tagen zusammentreten. Dann werden ihnen die Tatsachen vorgelegt, und wir alle haben uns nach ihrem Spruch zu
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