Tod in der Königsburg
am besten das Protokoll aufsetzen, und ich und Donennach unterschreiben es. Dann müssen wir Boten zu Rumann nach Fearna schicken und ebenso zu Solam von den Uí Fidgente.«
Als Donndubháin gegangen war, um diesen Auftrag auszuführen, sagte Colgú besorgt zu Fidelma: »Das alles gefällt mir trotzdem nicht, Fidelma. Die Beweislast liegt immer noch bei uns, wir müssen die Anschuldigungen der Uí Fidgente entkräften.«
Fidelma konnte ihn nicht trösten. »Dann, Bruder, muß ich als deine
dálaigh
bald etwas finden, womit wir die Anklage abweisen können.«
»Aber die Tatsachen liegen uns alle vor . . . Es sei denn, dufindest einen Zauberer, der die Attentäter wieder lebendig macht.«
Eadulf, der an diesen Humor nicht gewöhnt war, bekreuzigte sich rasch. Weder Colgú noch Fidelma achteten darauf.
»Nein, Bruder. Ich fange da an, wo unser einziger wirklicher Anhaltspunkt ist.«
Ihr Bruder runzelte die Stirn. »Und wo ist das?«
»Im Lande unseres Vetters Finguine von Cnoc Áine, wo sonst? Vielleicht kann ich herausbekommen, wer die Pfeile hergestellt hat. Daraus kann ich dann womöglich ermitteln, wer der Bogenschütze war.«
»Dir bleiben nur neun Tage.«
»Das weiß ich«, meinte Fidelma.
Plötzlich erhellte sich Colgús Miene. »Du könntest Abt Ségdae von Imleach aufsuchen, er ist ein Kenner sakraler Kunst. Er kann dir vielleicht etwas über das Kruzifix sagen. Ich bin sicher, daß ich es kenne, aber ich weiß nicht, wo ich es schon mal gesehen habe.«
Daran hatte Fidelma auch schon gedacht, sagte das aber nicht laut, sondern lächelte und nickte nur.
»Allerdings kann ich zwar einen der Pfeile mitnehmen«, antwortete sie, »aber nicht das Kruzifix, das muß als Beweisstück für Donennachs
dálaigh
hierbleiben. Nähme ich es mit, würde man mich beschuldigen, Beweismaterial unterschlagen zu haben. Ich will mir vom alten Conchobar, der auch ein hervorragender Zeichner ist, eine Skizze davon machen lassen.«
»Sehr gut. Vielleicht gibt es in all diesem Durcheinander doch noch einen Hoffnungsschimmer«, meinte Colgú. »Wann willst du nach Imleach aufbrechen?«
»Wenn Conchobar es schafft, kann ich mich in einer Stunde auf den Weg machen.«
Eadulf hüstelte diskret.
Fidelma verbarg ihr Lächeln. »Ich hoffe natürlich, daß Bruder Eadulf es möglich machen kann, mich nach Imleach zu begleiten.«
Colgú wandte sich an Eadulf. »Würdest du dich überreden lassen . . .?« Die Frage blieb unvollendet im Raum stehen.
»Ich werde mein Bestes tun, um Fidelma alle Unterstützung zu geben, die in meiner Macht steht«, versicherte Eadulf feierlich.
»Dann ist das geklärt.« Colgú lächelte seiner Schwester zu. »Meine besten Pferde stehen euch zur Verfügung, damit ihr schnell vorankommt.«
»Wie weit ist es bis Imleach?« fragte Eadulf. Er befürchtete, sich auf eine lange Reise eingelassen zu haben.
»Ungefähr einundzwanzig Meilen«, beruhigte ihn Fidelma, »aber der Weg verläuft gerade. Wir können noch vor Abend dort sein.«
»Je eher also Bruder Conchobar eine Zeichnung von dem Kruzifix machen kann, desto früher könnt ihr aufbrechen.« Colgú reichte seiner Schwester die gesunde Hand. »Ich brauche dir nicht zu sagen, daß du auf dich aufpassen sollst, Fidelma«, sagte er ernst. »Wer den Tod von Königen nicht scheut, nimmt auch keine Rücksicht auf die Schwester eines Königs. Die Zeiten sind gefährlich.«
Fidelma erwiderte tröstend den Händedruck ihres Bruders.
»Ich passe schon auf, Bruder. Aber deinen Rat mußt du auch selbst befolgen. Was einmal mißlang, kann erneut versuchtwerden. Solange wir nicht wissen, wer hinter dem Anschlag steckt, achte sehr darauf, mit wem du dich umgibst. Ich spüre, daß auch hier Gefahr lauert, Bruder, hier in den Gängen unseres Palastes von Cashel.«
KAPITEL 6
Fidelma begegnete ihrem Vetter Donndubháin auf dem Wege zu den Ställen, als sie die Pferde für den Ritt nach Imleach besorgen wollte. Normalerweise reisten Mönche oder Nonnen unterhalb des Ranges eines Bischofs oder Abts nicht zu Pferde, doch Fidelma besaß diesen Rang nicht nur als Schwester des Königs, sondern auch als
dálaigh.
Der Thronfolger von Muman hielt verschiedene Dokumente in der Hand.
Lächelnd wies er sie seiner Kusine vor. »Das Protokoll ist aufgesetzt, wie Colgú es angeordnet hat«, erklärte er. »Ich halte das allerdings für Papierverschwendung.«
Papier, eine fernöstliche Erfindung und erst ein paar Jahrhunderte alt, war noch selten und so teuer, daß nur
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