Tod in der Königsburg
Bruder Tomar hat mir alles erzählt. Daß die arme Cred erschlagen und Bruder Daig getötet wurde. Ihr beide habt euer Leben gewagt, um mich zu retten.«
»Was ist mit deiner Wunde, Bruder, heilt sie?« fragte Fidelma mit einer abwehrenden Handbewegung. Obwohl der Verwalter sich bemühte, freundlich zu sein, mochte sie ihn nicht. Seine Augen blickten kalt, und Fidelma spürte etwas Unbarmherziges in ihnen.
»Gott sei Dank«, erwiderte Bruder Madagan. »Zum Glück traf der Krieger meinen Schädel nur mit der flachen Klinge. Eine Weile dröhnte mir der Kopf wie ein Schmiedehammer auf dem Amboß. Ich habe eine Beule von der Größe eines
camán
-Balls.«
Ein
camán
-Ball,
liathróid
genannt, hatte einen Durchmesser von etwa zehn Zentimetern und wurde aus einem leichten, elastischen Material wie Wollgarn gemacht, das gewickelt und anschließend mit Leder überzogen wurde. Damit spielte man Treibball.
»Wir dachten schon, du wärst tot«, meinte Eadulf.
»Die Gottlosen siegen nicht so leicht«, erklärte Bruder Madagan salbungsvoll. Doch in seiner Stimme lag kalter Haß.
»Sie haben aber viel Tod und Verderben gebracht«, ergänzte Fidelma.
Madagans Blick war eisig.
»Das habe ich schon von Schwester Scothnat gehört. Ach, ich hätte nicht versuchen sollen, den Angreifer mit dem Hinweis auf das Kirchenasyl aufzuhalten. Er wußte offenbar gar nicht, was das ist. Er verstand nur die Sprache des Schwerts.«
»Du kamst also wieder zu Bewußtsein, als wir dich durch das Tor hereinzogen?« fragte Fidelma.
»Ja. Allerdings ist meine Erinnerung an diese Momente wirr; ich glaube, ich war mehr bewußtlos als bei Bewußtsein.Ich besinne mich darauf, wie dankbar ich war, als das Tor der Abtei zuschlug. Dann weiß ich nicht mehr viel, bis ich Jubelrufe vernahm. Schwester Scothnat meint, das war, als dein Vetter, der Fürst von Cnoc Áine, ankam und die Angreifer vertrieb.«
Fidelma schaute nachdenklich drein.
»Erinnerst du dich daran, wie du auf dein Zimmer gebracht wurdest?« fragte sie.
Madagan nickte leicht. Dann zuckte er zusammen, denn durch die Bewegung war der Schmerz in seinem angeschlagenen Schädel augenblicklich stärker geworden.
»Kannst du dich an etwas davor erinnern?«
Der Verwalter überlegte einen Moment. »An was zum Beispiel?«
»Du sagst, du weißt noch, wie du auf den Hof gebracht wurdest?«
»Ja. Ich hab gehört, wie die Brüder den armen Bruder Daig beklagten. Er war ja erst siebzehn Jahre alt.«
»In der Nähe lag auch der gefangene Angreifer gefesselt.«
In Bruder Madagans Augen funkelte es einen Augenblick.
»Schwester Scothnat hat mir berichtet, daß er gefangen, aber nicht getötet wurde. Hätte ich zu der Zeit gewußt, was ich jetzt weiß, ich glaube, ich wäre aufgestanden und hätte ihn eigenhändig umgebracht.« Fidelma spürte die Leidenschaft in seinem Ton. Er zögerte und wurde ruhiger. »Ver urteilt ihr mich wegen solcher Gedanken? Ein Glaubensbruder sollte solche natürlichen Gefühle wie Haß und Zorn nicht äußern? Aber Daig war so ein sanftes Wesen. Er war zu keiner Gewalt fähig, und doch hat ihn diese Bestie erschlagen. Für die Seele dieses Mörders bete ich nicht, Schwester Fidelma.«
Ein kurzes Schweigen trat ein.
»Das verlange ich auch nicht von dir«, antwortete Fidelma ernst. »Worum ich dich bitte, ist nur, dir diese Augenblicke noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, Bruder Madagan. Erinnerst du dich, wie du auf dein Zimmer gebracht wurdest?«
Bruder Madagan rieb sich das Kinn.
»Schwach. Der Apotheker kam und untersuchte uns alle, glaube ich. Er beugte sich über mich. Ich war immer noch nicht ganz bei mir. Er sah, daß ich einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte, aber keine offene Wunde hatte, und gab zwei jungen Brüdern den Auftrag, mir auf mein Zimmer zu helfen und meinen Kopf zu waschen und zu verbinden.«
»Der Apotheker?« Eadulf beugte sich interessiert vor.
»Bruder Bardán. Einen anderen Apotheker haben wir hier nicht.«
»Was geschah dann?«
»Ich wurde in meine Zelle getragen, wie er angeordnet hatte.«
»Hatte er die anderen vor dir untersucht? Oder fing er mit dir an?« fragte Fidelma.
»Soweit ich mich erinnere – ich war ja nur halb bei Bewußtsein –, untersuchte er zuerst Bruder Daig. Er war tief erschüttert, als er feststellte, daß der junge Mann tot war. Sie standen sich sehr nahe. Erst als Bruder Tomar darauf beharrte, er müsse sich um die Lebenden kümmern, kam er zu mir. Während er mich untersuchte, trugen zwei Brüder die
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