Tod in Seide
Wrenley. Überall, wo wir hingingen, war Deni zuvor schon mit ihm gewesen. Als Sie Marco Varelli erwähnten, musste ich daran denken, wie kindisch ich in der Beziehung war. Ich bin dem Mann schon öfter vorgestellt worden, aber das letzte Mal, als wir mit Biscotti und einer Flasche Wein in sein Studio kamen, umarmte er mich und nannte mich ›Franco‹. Anstatt ihn zu korrigieren, machte ich Deni, kaum dass wir zur Tür draußen waren, Vorwürfe und fragte sie, was, zum Teufel, sie mit Frank bei ihm gemacht hatte.«
»Was hat sie Ihnen geantwortet?«
»Ich bin mir nicht sicher, dass sie mir geantwortet hat, Mr. Chapman. Die meisten unserer Auseinandersetzungen endeten damit, dass wir nach Hause fuhren und uns liebten. Ich wusste, dass sie und Wrenley zusammen auf Auktionen gewesen waren, also leuchtete es ein, dass sie mit ihm bei Varelli war, um etwas restaurieren oder reinigen zu lassen. Mir gefiel nur einfach nicht, dass er bereits überall gewesen zu sein schien, wo ich mit ihr hinkam. Aber ich habe, glaube ich, Ihre Frage noch nicht beantwortet, Miss Cooper? Ja, ich war mir sicher, dass ich den Rest meines Lebens mit Deni verbringen würde. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie glücklich mich das machte.«
»Warum sind Sie an jenem Tag zu Varelli gegangen?«
»Ganz einfach – weil mich Deni darum bat. Sie sagte mir nicht, worum es ging, aber er schien sich wegen irgendetwas ganz fürchterlich über sie aufgeregt zu haben. Also wollte sie ihm ein Geschenk für seine Frau bringen und die Friedenspfeife mit ihm rauchen. Ich nehme an, ich sollte so eine Art Vermittlerrolle spielen. Sie wusste, dass er sich gern mit mir über meine Arbeit unterhielt – und dass ich mich nicht zu verstecken brauchte, egal ob wir über Architektur oder Kunst, Leonardo da Vinci oder Thomas Jefferson redeten.«
Chapman war im Moment jedenfalls nicht an diesen Themen interessiert. »Welches Geschenk hatte Deni für Mrs. Varelli mitgebracht?«
Wieder zögerte Mattox, bevor er den Kopf hob und Chapman ansah. »Es war eine Kette, Detective, eine Bernsteinkette. Aber ich nehme an, das wissen Sie schon. Sie haben wahrscheinlich schon die kleine Figur gefunden, die Deni zurückgelassen hatte, und Mrs. Varelli hat Ihnen die Geschichte erzählt.«
Mike und ich erwiderten darauf nichts.
»Das Friedensangebot scheint nicht gut angekommen zu sein?«
»Varelli war wütend.« Mattox schien die Wahrheit zu sagen, in der Überzeugung, dass Varelli seiner Frau von dem Treffen erzählt hatte. Ich vermutete, dass er sich nicht einmal daran erinnerte, dass der ruhige junge Lehrling Don Cannon mit im Raum war, als Deni die Kette herzeigte. »Er nahm an, dass der Bernstein aus Lowells Geheimversteck an Nazischätzen kam. Der Alte wollte die Kette nicht einmal anfassen.«
»Hatte er nicht Recht? Kommt der Bernstein nicht daher?«
»Wohl kaum, Mr. Chapman. Die baltische Küste wird seit Jahren nach dem Bernsteinzimmer abgesucht. Lowell tut das schon seit einem halben Jahrhundert, wenn Sie sich das vorstellen können. Wir alle, die wir nach dem Zimmer suchen, sind mit kleineren oder größeren Bernsteinbrocken zurückgekommen – die Gegend ist voll davon. Es gibt dort Orte entlang der Küste, da können sie den Bernstein klumpenweise vom Strand aufklauben. Aber niemand weiß, ob das herrliche Zimmer während des Krieges zerstört wurde oder in einem der Steinbrüche begraben liegt, die Schatzsucher dauernd angraben.«
»Und was ist mit den Gerüchten, dass Lowell Caxton die Hälfte der Überreste aus Europa herausgeschmuggelt und das Palastzimmer in einem Versteck in Pennsylvania wieder aufgebaut hat?«
»Und deshalb habe ich mich an Mrs. Caxton rangemacht? Das habe ich auch schon gehört, Mr. Chapman. Wenn Sie gesehen hätten, wie Deni über diese Geschichten lachen konnte – und den ganzen Unsinn, dass sie und Lowell dieses Mini-Bernsteinzimmer für ihre Liebesspielchen benutzten –, dann hätten Sie die Frau gekannt, die ich anbetete. Sie mochte es, diese Geschichten noch anzuheizen, wenn sie hörte, dass sie in Umlauf waren. Je verwegener und bizarrer, desto besser. Sie liebte es zu schockieren, Detective, und wenn sie dabei im Mittelpunkt stand, liebte sie es umso mehr.«
»Waren das die einzigen Juwelen von Lowell, von denen sich Deni trennen wollte?«, fragte ich.
»Von Lowell?«, entgegnete Mattox überrascht. »Ich glaube nicht, dass sie irgendetwas hergab, was sie von ihm bekommen hatte. Seine Geschenke waren ziemlich
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