Tod in Seide
damit ich es wieder mit etwas Handfestem zu tun habe, einem Taschendiebstahl zum Beispiel.«
Mercer verzog das Gesicht, als er versuchte, sich im Bett aufzurichten. Ich ging an das Bett, um ihm die Kissen in seinem Rücken und unter seinem Kopf zurechtzulegen. Ich versuchte, ihn an einem seiner kräftigen Arme hochzuziehen, aber es gelang mir nicht. Mike ging auf die andere Seite des Bettes und zusammen schafften wir es, Mercer in eine bequemere Position zu bringen.
»Pass auf die Schläuche auf«, sagte ich zu Mike und hob die Infusionsschläuche an, die sich unter dem Laken verfangen hatten.
»Oder Sie verhängen sich noch an diesen Schnüren, Mr. Wallace. Noch ein Wort für mein Wörterbuch. Das muss ich mir unter ›V‹ notieren. ›Versticken‹ und ›verhängen‹ sind zwei der am häufigst auftretenden Todesursachen bei Tätern.«
»Verschonen Sie mich bitte, Mr. Chapman! Ich soll hier absolut ruhig liegen bleiben und nicht aufstehen und dir wehtun.«
Wir erzählten Mercer die nächste halbe Stunde, was wir von Don Cannon und Preston Mattox erfahren hatten.
»Ist euch in der ganzen Sache irgendjemand sympathisch?«, fragte Mercer.
Mike zuckte mit den Achseln. »Nichts und niemand ist so, wie du es dir vorstellst. Ich dachte immer, die internationale Kunstwelt wäre etwas für die Eleganten und die Elite. Gesetzt, stilvoll, würdevoll, zivilisiert. Ich sag’s dir, in der Branche gibt es mehr Gauner als auf der ganzen Welt Hannibal Lecters.«
»Bei all den Fälschungen und Betrügereien, Diebstählen und falschen Zuschreibungen über Jahrhunderte hinweg ist es mir ein Rätsel, wie man überhaupt den Wert eines Gemäldes bestimmen kann, dem man dann auch noch vertrauen kann.« Es war eigenartig, dass sich für so viele der Leute, mit denen wir es bisher zu tun gehabt hatten, ihre Leidenschaft zur Obsession auswuchs und ihr Leben genauso unwirklich wurde wie ihre Kunst.
Mike griff nach der Fernbedienung und stellte den Ton wieder an. »Aufgepasst, das Jeopardy-Finale ist Sport. So mag ich das. Ich setze fünfzig Dollar. Bist du dabei, Mercer?« Mike reckte den Daumen nach oben, und Mercer blinzelte zurück. »Lass dein Geld sehen, Coop.«
Ich öffnete meine Tasche und kramte in ihr herum. Obwohl ich erst letzte Nacht eine neue Handtasche aus meiner Wohnung geholt hatte, hatte ich sie schon wieder mit mehr Sachen voll gestopft, als jeder normale Mensch mit sich rumschleppen würde. Geldbeutel, Scheckheft, Kreditkarten, Visitenkarten und Notizzettel lagen auf dem Boden der tiefen Tasche. Ich legte Wohnungsschlüssel, Autoschlüssel, Büroschlüssel und Jakes Wohnungsschlüssel auf Mercers Ablage, Lippenstiftetui und Rouge, Taschentuch, Kugelschreiber, Haarbürste, Post-it-Zettelchen und meine Dienstmarke folgten.
»Wie, zum Teufel, kannst du da drin jemals etwas finden? Das ist wirklich eines der großen Geheimnisse des Lebens. Also, die Antwort lautet: Der erste Baseballspieler der Major League, der in einer Saison auf allen neun Positionen gespielt hat. Du hast sechzig Sekunden, Blondie. Mercer und ich haben das Ding im Sack. Was, zum Teufel, ist das ?«
Als ich meine Geldbörse herauszog, kam auch ein kleiner Plastikbeutel zum Vorschein, der sich im Verschluss verfangen hatte. Darin waren ein altmodischer Rasierer und ein Satz doppelschneidiger Platinklingen, eine Zahnbürste und eine Tube Zahnpasta.
»Ich habe Mercer ein kleines Reiseset mitgebracht. Jake hat Dutzende von diesen praktischen Dingern; wenn er verreisen muss, schnappt er sich einfach eine. Ich dachte mir, du könntest es brauchen, solange du hier bist.«
Mercer deutete auf seine Nachttischschublade und sagte, dass ihm sein Vater alles gebracht hätte, was er brauchte, also legte ich das Set wieder in die Tasche.
»Schluss jetzt mit der Clara-Barton-Vorstellung. Entweder du sagst uns jetzt einen Namen, oder du steckst das Geld gleich in meine Tasche.«
Ich hatte keine Ahnung, dass irgendjemand diese Leistung je vollbracht hatte. Ich nahm einen Fünfzig-Dollar-Schein, gab ihn Mike und sagte: »Wer war Whitey Ford?« Wenn es kein Yankee gewesen war, dann war es, was mich anging, nicht passiert.
Trebek tröstete gerade die drei Kandidaten, von denen keiner die richtige Antwort gegeben hatte. Bevor er sie verriet, verkündete Mike: »Oakland. Wer ist Bert Campaneris?«
Aus dem Fernseher tönte die gleiche Frage.
»Ich glaub’s nicht, dass du das weißt.«
Noch bevor ich den Satz beendet hatte, hatte er das Geld eingesteckt. »Es
Weitere Kostenlose Bücher