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Tod in Seide

Tod in Seide

Titel: Tod in Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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andeutet, dass dort ein Gewaltverbrechen passieren könnte – sie könnten ihr Viertel ja glatt mit Harlem verwechseln.«
    7
    »Hier ist noch ein Degas«, sagte Caxton zu mir und blieb vor einem Gemälde stehen. »Vielleicht erinnern Sie sich noch aus ihrer Studienzeit, dass man nach den napoleonischen Kriegen in bestimmten Kreisen davon ausging, dass der erstgeborene Sohn Rechtsanwalt werden würde. Edgar fügte sich gehorsam dem Wunsch seines Vaters und schrieb sich in der Faculté de Droit ein. Zum Glück für den Rest der Welt – wenn auch nicht für seine Eltern – brach er das Studium ab und entschied sich für eine kreativere Tätigkeit.« Caxton ging weiter. »Cezanne verbrachte fast drei Jahre als Jurastudent in Aix und starb beinahe vor Langeweile. Und Matisse schlug sich eine Zeit lang als Sekretär in einer Anwaltskanzlei mit Schriftstücken und Akten herum. Als er einmal wegen einer Blinddarmentzündung zu Hause bleiben musste, schenkte ihm seine Mutter ein Malset. Zehn Jahre später revolutionierte er die Kunstgeschichte, indem er den Fauvismus kreierte – kräftige Farben und verzerrte Formen. Stellen Sie sich bloß mal vor, alle diese Genies wären als Juristen versumpft! Sie malen nicht zufällig, Miss Cooper?«
    Während er uns diese Anekdoten aus der Kunstgeschichte erzählte, gelang es Lowell Caxton gleichzeitig, seine Verachtung für die Juristerei zum Ausdruck zu bringen. Ich hatte verstanden.
    Bisher konnte es der Flur, der mit impressionistischen Werken bestückt war, mit den besten Museen aufnehmen. Caxton öffnete die letzte Tür, die zu Denis Schlafzimmer führte. Der Kontrast hätte nicht größer sein können.
    »Ein bisschen narzisstisch, meinen Sie nicht auch?«, fragte er ein wenig spöttisch.
    Das Zimmer glich einer Gedenkstätte für seine frühere Bewohnerin. Fast jedes Bild war ein Porträt von Denise. »Natürlich Geschenke der Künstler. Aus Dankbarkeit, dass sie ihre Talente vergoldet hat, zumindest in einigen Fällen. Der Warhol ist die größte Ironie, da er, ohne es zu wissen, derjenige gewesen war, dem sie ihre Odyssee zu verdanken hatte.«
    Über dem Kopfende des riesigen Bettes, das mit exquisiter antiker Bettwäsche überzogen und mit unzähligen Sofakissen übersät war, hingen vierfarbige Warhol-Porträts von der jungen Denise Caxton. Ich gab zu, dass die jugendliche Braut mit ihrem schwanenartigen Hals und ihrem Schönheitsköniginnenlächeln durchaus einige Porträts verdient hatte, aber diese Anhäufung hier wirkte fast unheimlich.
    Mike, Mercer und ich wanderten in dem Zimmer umher und besahen uns die Signaturen und die verschiedenen Stilrichtungen. Einige der Künstler kannte ich – darunter Richard Sussman, Emilio Gomes und Aneas McKiever –, doch machte uns Caxton auf andere aufmerksam, von denen ich noch nie gehört hatte. Es gab bekleidete und mit Juwelen geschmückte Denise Caxtons, aber auch erotische Akte sowie Bilder, auf denen nur ihr Torso, und andere, auf denen nur ihr Kopf abgebildet waren.
    »Wie ist denn das hier reingerutscht?«, fragte Chapman. Er deutete auf ein gelbes, ungefähr einen Meter auf einen Meter großes Bild, in dessen rechter oberer Ecke sich ein kleines rosafarbenes Rechteck befand.
    Caxton lachte. »Das ist Denise, Detective. Laut Alain Levinsky. Sogar sie konnte darüber lachen. Es gelang ihr, ungefähr ein Dutzend von Levinskys ›Porträts‹ zu verkaufen. An Bardot, Trump, Ted Turner – ich habe vergessen, an wen noch. Einige Rechtecke, einige Quadrate. Et voilà , fertig ist das Porträt.«
    »Wenn Sie mich fragen, mir kommt das vor wie ›Des Kaisers neue Kleider‹«, warf Chapman ein.
    »Sie sagen es«, antwortete Caxton. »Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Denise machte sich über meinen Geschmack lustig – zu gegenständlich, zu altmodisch, meinte sie. Ich wünschte, P. T. Barnum hätte lang genug gelebt, um das mitzuerleben. Heutzutage kommen jede Minute zwei oder drei Dumme auf die Welt, wenn sie mich fragen. Er wäre ein gefundener Partner für Deni gewesen.«
    Mercer ließ seinen Blick über die Einrichtung – Nachttischchen, Frisiertisch, Kommode – gleiten auf der Suche nach irgendwelchen Notizen, Unterlagen oder Zetteln, auf denen Namen oder Telefonnummern standen. Aber alles war sauber aufgeräumt und an seinem Platz. Entweder war Mrs. Caxton extrem ordentlich gewesen, oder Valerie hatte vor unserem Eintreffen alle Zettel und Notizblöcke entfernt.
    »Würden Sie oder die Haushälterin uns sagen können, ob

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