Tod in Seide
nicht jeden Winkel durchstöbert haben. Miss Cooper wird einen Durchsuchungsbefehl aufsetzen, der sich gewaschen hat und der mir vor Gericht den Rücken decken wird, und ich erwarte von Ihnen in dieser Angelegenheit hundertprozentige Kooperation.«
Daughtry stand auf. »Aber, Detective, es kommen laufend Kunstsendungen …«
»Dann halt die nächsten Tage nicht, Mr. Daughtry. Wenn ich mich recht an die Zeitungsberichte erinnere, sind Sie bei Ihren kleinen S/M-Spielchen gerne Top. Nun, mir würde nichts mehr Spaß machen, als Sie zum Bottom zu machen. Ich kenne da einen 2,40 Meter großen, dreihundert Pfund schweren Vergewaltiger, der auf Sie in einer überfüllten Zelle in Upstate New York wartet, wenn ich Sie dorthin kriege. Also machen Sie keine Fehler, oder Sie wandern als ›tight end‹ ins Gefängnis rein und kommen als ›wide receiver‹ wieder raus.«
Ich musste mir auf die Lippen beißen, um nicht zu lachen, und drehte mich zu Mercer um. »Ich muss los.«
»Mr. Daughtry«, Mercer stand auf und seine imposante Gestalt überragte uns alle, »wann haben Sie Omar Sheffield zum letzten Mal gesehen?«
Daughtry blickte zur Decke. »Das muss auch letzten Mittwoch gewesen sein, am Nachmittag.«
»Wer hat ihn eingestellt, und was hat er für Sie getan?«
»Deni kümmerte sich um die Einstellungen – und die Kündigungen. Omar ist eine Art Mädchen für alles – transportiert die Bilder und Objekte, hängt sie auf. Zusammen mit ein paar Freunden hat er auch die Galerie gestrichen. Fragen Sie ihn selbst. Er wird innerhalb der nächsten Stunde hier sein.«
»Darauf würde ich mich nicht verlassen, Bryan«, sagte Mike. »Omar geht’s heute früh nicht so gut.«
Mercer fuhr fort: »Wussten Sie, dass Omar vorbestraft war? Dass er auf Bewährung draußen war?«
Daughtry zögerte. Ich spürte, dass er anfing, seine Antworten abzuwägen. »Ich bin mir nicht sicher. Kann sein, dass ich etwas gehört habe, aber ich habe nicht weiter darauf geachtet.«
»Nicht weiter darauf geachtet?«, fragte Chapman ungläubig. »Was ist das hier, ein Sammellager für Haftentlassene? Sie wissen schon, dass es Auflagen gibt, mit wem Sie ins Geschäft kommen dürfen, oder? Was, wenn ich Ihnen sage, dass Sie sich einen neuen Prügelknaben – ups, verdammt, rutscht mir schon wieder diese Dominascheiße raus. Omar Sheffield ist das jüngste Opfer der Teilhaberschaft Caxton-Daughtry. Er ist genauso tot wie Deni. Was sagen Sie dazu ?«
Daughtry holte tief Luft, und seine Hände begannen, heftig zu zittern. »Ehrlich gesagt halte ich das für gar keine schlechte Sache, Mr. Chapman. Möchten Sie wissen, warum Deni Omar angeheuert hat?«
»Lassen Sie mich raten. Ein direkter Draht zur Kokainquelle, richtig?«
»Nun, das ergab sich nur nebenbei. Genau gesagt hatte Deni einen Spezialauftrag für Omar.« Daughtry war nun offensichtlich gewillt, das Vertrauen seiner Freundin und Partnerin zu missbrauchen, damit Mike Chapman ihn in Ruhe ließ. »Sie hat ihn lediglich aus einem einzigen Grund beschäftigt. Und da sie jetzt tot ist, nehme ich an, dass ich niemandem schade, wenn ich es Ihnen sage. Omar Sheffield war nur deswegen angestellt: Er sollte Lowell Caxton umbringen.«
11
Wir rutschten in eine Sitzgruppe im Empire Diner, dem schnittigen, chromverzierten Art-Deco-Lokal am nordöstlichen Eck der Kreuzung Tenth Avenue und Twentysecond Street, um uns bei einer Tasse Kaffee über unser weiteres Vorgehen zu beraten.
»Für mich noch ein Omelett mit Pilzen und Käse«, bat Chapman die Bedienung.
»Dein wievieltes Frühstück ist das heute?«, fragte ich.
»Ich versuche mich halt schon im Voraus zu stärken, wenn ich weiß, dass ich mit dir unterwegs bin. Und dazu bitte eine Portion knusprigen Speck und etwas Wurst, okay?«
Mercer war unterdessen damit beschäftigt, Strichmännchen auf seine Serviette zu kritzeln und sie mit Pfeilen zu verbinden. »Jemand hat Denise Caxton umgebracht. Ich dachte, Omar Sheffield sei es gewesen. Jemand bringt Sheffield um – ich glaub’ nicht, dass er sechsundvierzig Jahre sicher durchs Leben kommt und dann plötzlich unter einen Güterwaggon gerät, aber das werden wir in ein, zwei Tagen genauer wissen. Denise hatte Sheffield angeheuert, um ihren Mann umzubringen – also ist Omar vielleicht der, der’s vermasselt und dem Lowell den Streifschuss zu verdanken hat. Deni scheint steinreich zu sein, aber lässt keine Gelegenheit aus, noch mehr Geld zu scheffeln. Und ihr Geschäftspartner ist ein
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