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Tod in Seide

Tod in Seide

Titel: Tod in Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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verlassen, und ich wusste, dass sie fest genug war, um mich durch die Höhen und Tiefen meines Arbeitslebens zu begleiten. »Darf ich Sie bitten, mir von Deni zu erzählen? Sagen Sie mir einfach, was Sie wissen, aber auch was Sie vermuten, was in letzter Zeit los war.«
    »Gewiss. Möchten Sie etwas trinken?«
    »Nein, danke.« Ich sah ihr zu, wie sie an einem Glas Weißwein nippte.
    »Ganz am Anfang war es für Deni wie ein Märchen. Lowell konnte außerordentlich charmant sein, und Denise war wie ein herrliches Juwel, das er sich in die Mitte seiner Krone setzen wollte. Seine Abendgesellschaften waren legendär – haben Sie schon von ihnen gehört?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Zugegeben, sie waren nicht seine Idee. Er hatte sie von Gertrude Stein abgekupfert. Im Wohnzimmer – das haben Sie vielleicht gesehen – hingen Gemälde von den alten Meistern und von einigen der bedeutendsten Künstler, die je gelebt haben. Als Gäste lud er einige der reichsten Sammler und dazu die Künstler, die gerade die jeweiligen Stars der Kunstszene waren. Dann platzierte er die Künstler gegenüber von deren eigenen Werken. Brillant, nicht wahr? Diese oft mürrischen und verdrossenen Einzelgänger konnten gar nicht anders als lächeln, wenn sie ihren eigenen Bildern gegenübersaßen und wussten, dass ihnen praktisch umgehend ein Verkauf sicher war. Stellen Sie sich das nur mal vor: Ellsworth Kelly, Keith Haring, David Hockney – alle an einem Tisch versammelt, ihre Werke außenrum, und ab und zu debattierten sie auch schon mal heftig über ihre Arbeiten. Deni liebte jene Zeit.«
    »Wie lange ging das so?«
    »Eigentlich ziemlich lange. Lowell war nicht nur von Denis Jugend und Lebendigkeit angetan – er schien wirklich alles an ihr zu lieben, nicht zuletzt die Wissbegier, mit der sie alles über seine Leidenschaft, die Kunst, lernen wollte. Ihr Eifer war unermüdlich, und obwohl ihr Auge nicht geschult war, besaß sie einen manchmal schier unglaublichen Instinkt. Lowell nannte sie ›meine angehende Alchimistin‹. Zuerst lockte er sie mit wirklich guten Gemälden, die er in den Schlössern von Bordeaux oder den Palästen der ehemals Reichen in Venedig fand. Sie hatte ein Gespür dafür, wenn sich unter dem Staub und der Farbe etwas verbarg, und sie konnte Lowell davon überzeugen, das Wagnis auf sich zu nehmen. Meistens lag sie richtig. Auf diese Weise kamen sie zu einem Canaletto und zwei fantastischen Delacroix. In gewissem Sinne könnte man sagen, dass sie sie gestohlen haben. Sie bezahlten praktisch nichts dafür und verkauften sie für ein Vermögen an Leute aus Caxtons Stall – Lowells ergebene Jünger. Er war weniger begeistert, als sie dieses Talent auf die zeitgenössische Kunst anwandte. Er fand, dass sie ihre Zeit vergeudete.«
    »Henne oder Ei, Miss Seven, was kam zuerst? Wissen Sie, wann sich die ersten Probleme in die Ehe einschlichen oder bemerkbar machten?«
    »Das ist zu dezent ausgedrückt. Ich würde sagen, sie endete mit einem großen Knall. Es war vor einem Jahr, genauer gesagt im Juni vergangenen Jahres. Lowell war nach Bath geflogen zu einer Auktion des Besitzes von Gwendolyn, Lady Wenbotham. Diese 94-jährige alte Dame besaß eine fabelhafte Porträtsammlung – viele Porträts zweitrangiger Mitglieder des Königshauses und bedeutender Militärpersönlichkeiten. Lowell und Deni kriegten sich in die Haare, da sie keine Zeit hatte, ihn zu begleiten. Ihm lag nicht nur an ihrer Einschätzung, er wollte sie auch dabei haben, um sie bei all den gesellschaftlichen Anlässen vorzeigen zu können – Abendgesellschaften, Bälle, Ascot und Wimbledon, falls es sich terminlich ausgehen würde. Normalerweise liebte sie das.«
    »Warum nicht dieses Mal?«
    »Ich weiß es wirklich nicht genau.« Miss Seven hielt inne, so als würde sie überlegen, ob sie mir ihre Vermutungen mitteilen sollte. »Sie hielt sich damals auch vor mir bedeckt.«
    »Ein anderer Mann?«
    »Nein, bis zu dem Zeitpunkt war sie Lowell treu gewesen. Also flog er nach England und ging allein zum Tennisturnier und zu den Pferderennen. Deni war in jenen Wochen ziemlich distanziert. Schließlich rief sie an und sagte, dass sie Lowell in Bath überraschen wolle, falls ich mitkommen würde. Wir packten also unsere Koffer, und los ging’s. Ich hatte einen Fahrer bestellt, der uns am Tag der Auktion von Heathrow abholte und uns direkt zum Royal Crescent brachte. Kennen Sie das?«
    »Ja.« Ich war in dem bezaubernden alten Hotel abgestiegen, als eines

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