Tod in St. Pauli: Krimi Klassiker - Band 1 (German Edition)
ab.
»Kein Wunder, bei drei Toten!« sagte Paul.
»Sie haben uns alle hier durch die Mangel gedreht ...« Franz ließ Paul zuerst in die Küche gehen. Sie waren allein. Auf den Seitentischen häuften sich Berge von schmutzigem Geschirr, Teller und Gläser, Töpfe, in denen noch Essensreste standen. Auf dem Feuer stand ein kleiner Wasserkessel. Franz wand sich geschickt zwischen den engstehenden Tischen hindurch und nahm ihn herunter. »Willst du auch einen Kaffee?«
»Nein, danke. Dafür wird mir kaum Zeit bleiben.«
»Du mußt dich verstecken«, sagte Franz, »zumindestens bis ...«
Paul unterbrach ihn. »Nein!«
Franz sah ihn an. Sein Gesicht war ungewöhnlich blaß und wirkte dadurch noch größer und runder. Paul stellte überrascht fest, daß seine Augenbrauen schneeweiß waren.
»Damit ist es jetzt zu Ende; ich hätte eben früher auf dich hören sollen.« Er grinste schwach.
Aber Franz hatte sich schon wieder abgewandt. »Was hast du vor?« fragte er leise.
»Ich stelle mich der Polizei, was denn sonst?« Paul lachte. Er hätte gern einen Schluck Kaffee gehabt.
»Aber ...« Franz zog ein Taschentuch hervor und schneuzte sich geräuschvoll.
Paul lehnte sich an einen Geschirrschrank. »Irgendwann muß man schließlich erwachsen werden, oder? Hat bei mir sowieso zu lang gedauert.«
Franz schien nach Worten zu suchen, dann fiel ihm etwas ein: »Wenn du ein paar Tage wartest, kann ich dir vielleicht noch einen Schiffsplatz besorgen.«
»Wohin? Ins Zuchthaus?« Pauls Stimme wurde laut, er hustete und sagte ruhiger: »Weißt du, Franz – Fred, Walter oder auch dem dicken Harald konnte ich es kaum übelnehmen. Aber Susann – das hat mich schon getroffen.«
»Paul, ich hab's dir immer gesagt. Ich habe dich vor diesem Weib gewarnt!« Franz sah an Paul vorbei.
Paul nickte. »Natürlich, das hast du. Du kanntest sie wohl ziemlich gut?«
»Aber nein, ich habe doch immer nur ...«
Paul hob die Hand und unterbrach ihn. Vorsichtig bewegte er die Finger. »Reden wir nicht mehr drüber. Ich bin aus einem anderen Grund hier. Fred und Walter haben gerade versucht, mich zu erwischen. Und das Komische ist, sie kennen meine neue Adresse. Das hat mich stutzig gemacht. Nur du und Kulmhof habt sie gekannt.«
Franz starrte ihn an. »Du meinst, dieser Bewährungshelfer hat mit ihnen ...«
»Nein«, sagte Paul, »das meine ich nicht. Sie wissen es von dir.«
»Paul!« Franz sank gegen einen Tisch und setzte sich halb auf die Kante.
»Ich war die ganze Zeit über blind, völlig blind«, sagte Paul nachdenklich. »Bei Susann und bei dir ... Sie ist übrigens tot, aber das weißt du ja schon, natürlich ... Du warst doch mein Freund. Sonst wäre es mir vielleicht schon gestern aufgefallen, daß du sofort an mich dachtest, als du von dem Jungen am Elbufer hörtest, der ein kariertes Hemd und Jeans anhatte. Dabei war das Hemd doch ganz neu. Nur Susann hatte es gesehen. Hat sie dich angerufen? Hast du sie rumgekriegt, oder war es Fred? Geld oder Charme? Und wart ihr auch die anonymen Anrufer, ja? Habt ihr der Polizei als aufmerksame Zeugen geholfen?«
»Paul, du bist verrückt! Du kannst doch nicht im Ernst annehmen, daß ich ...« Franz wischte sich die Schweißperlen von der Stirn.
»Ach, Franz, hör schon auf! Du hast einfach zu viele Fehler gemacht. Schon die Sache mit meinem alten Zimmer ... Martens hat mitgespielt, schön, aber als er das Messer in meinem Schrank versteckte, da stellte er sich sehr ungeschickt an. Du hast gesagt, Mord liegt dir nicht. Du hattest verdammt recht. Wärst du nur bei deinen Schiebereien geblieben! Hättest du dafür gesorgt, daß deine Leute sich zurückhalten ... Die Sache mit Bertie war eine Dummheit.«
»Es war ein Unfall«, flüsterte Franz kaum hörbar.
»Ein Unfall!«
»Du hast es doch selber erraten. Er sollte eine Lektion bekommen und wehrte sich mit einem Messer. Harald hat rot gesehen, und ...«
»So, so, ein Unfall. Und der VW war wohl zu klein, um die Leiche wegzuschaffen, und da hast du es mit deinem Kastenwagen gemacht, während die anderen auf mich warteten, wie? Ich kam her, und du warst nicht da, aber das fiel mir nicht auf. Auch als ich dich mit deinem Lieferwagen auf der Straße sah, dachte ich nur daran, daß du mein einziger Freund warst ... Und Harald und Susann? Auch Unfälle? Hat Fred sie auf eigene Rechnung inszeniert, oder hatte er deine Befehle? Fred ist nicht schlau genug, um so einen Plan auszudenken. Aber du – der neue Boss ... Ich versteh's nur
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