Tod in Wolfsburg (German Edition)
identifizieren, Betty ist an der
fortgesetzten Quälerei zerbrochen; sie hat in der letzten Nacht Suizid begangen
und einen Abschiedsbrief hinterlassen. Bleibt noch Karen – die war auch eine
Nummer zu groß für Sie. Darum musste sie sterben. Durch Ihre Hand.«
»Wer sagt das?«
»Die vorliegenden Beweise.«
»Ach?«
»Karen wurde vergewaltigt – von Ihnen – in einem Fahrzeug. Diesen
Schluss lassen die Videoaufnahmen zu, und die kriminaltechnische Untersuchung
wird das noch im Einzelnen belegen. Später haben Sie das Mädchen über Vorsfelde
an den Kanal gebracht und die letzten Meter bis zu den Gleisen getragen – ein VW -Transporter wurde in der Nacht dort
gesehen, als Sie an der Moorkämpeschule vorbeifuhren.«
»Mag sein, aber Sie irren sich trotzdem: Ich war es nicht. Warum
hätte ich das tun sollen?«
»Ganz einfach – Karen hat sich nicht einschüchtern lassen, trotz
übelster Prügel und Bedrohung, trotz all der Pillen und des Alkohols, der ihr
verabreicht wurde. Das war Ihnen klar, und spätestens als Rabea die
Gesprächsaufzeichnung auf dem Handy entdeckt hatte, konnten Sie kein Risiko
mehr eingehen. Sie wussten, dass Karen nicht nachgeben würde, niemals – egal,
welche Videos von ihr wo auftauchen und wie oft Rabea und Philippa sie noch
unter Druck setzen würden. Sie war aufrecht und stark, und sie würde sich nicht
beirren lassen. Im Grunde war sie Rabea ähnlich – einer Rabea, wie sie hätte
werden können, wenn sie einen anderen Weg gewählt hätte.«
Er sah sie erstaunt an, und seine Augen verdunkelten sich um eine
Nuance.
»Also – wie haben Sie es angestellt? Und wer hat Ihnen geholfen?«
Er lächelte plötzlich. »Hören Sie – Sie wissen genau, dass ich mir
für die fragliche Zeit mühelos ein Alibi verschaffen kann. Den Mord hängen Sie
mir jedenfalls nicht an.«
»Ein Alibi? Von wem? Tom Siender zum Beispiel?«
»Klar, ist eine Möglichkeit – müsste ich mal in meinen
Terminkalender gucken, das liegt alles schließlich schon ein paar Monate
zurück.«
Johanna nickte. »Tun Sie das. Allerdings können wir Tom persönlich
nicht mehr dazu befragen. Er ist tot.«
Lappa umfasste die Tischkante. »Was?«
»Er lag tot ausgerechnet in dem Transporter, in dem Sie sonst Ihre
miesen Spiele getrieben haben. Die Polizei hat ihn heute Morgen gefunden.
Darüber hinaus befanden sich noch Waffen in dem Wagen, Spuren von Kokain … na
ja – das ist sicherlich nichts Neues für Sie. Wie dem auch sei – wer könnte
Ihnen denn noch ein Alibi verschaffen?« Johanna zog ein Gesicht, als würde sie
tatsächlich überlegen. »Kaunta, Ihr Chef? Ehrlich gesagt, der dürfte jetzt und
für die nächsten Jahre mit seinen eigenen Geschichten genug zu tun haben. Er
ist ebenfalls festgenommen, zusammen mit einigen anderen, die Sie sicherlich
auch gut kennen – Kollegen von Ihnen. Bei der Durchsuchung der Läden haben wir
schon in sehr kurzer Zeit jede Menge Interessantes entdeckt, und wir sind noch
lange nicht fertig. Wie Sie sehen – das Spiel ist aus, endgültig.«
Seine Unterlippe zitterte. Was für ein hübscher Junge, dachte
Johanna. Ein Vergewaltiger und Mörder, Drogendealer und Schläger, dennoch ist
er mir sympathischer als Philippa. Sie war verblüfft über ihren Gedanken.
»Es war ein Unfall«, flüsterte er plötzlich kaum hörbar.
Johanna beugte sich vor und hielt seinen Blick fest.
»Sie haben recht – Karen war irgendwie aufrecht und stark und hat
sich gewehrt wie eine Wilde … Aber … ich konnte nicht zurück.« Er schluckte.
»Wir waren in dem Auto, in dem Transporter …«
»Dort haben Sie sie vergewaltigt?«
Lappa nickte. »Ja, später haben wir sie dann in die Allerwiesen
gebracht. Es sollte aussehen, als wäre sie völlig zugedröhnt gewesen und hätte
dort Sex mit dem falschen Typen gehabt. Mit einem brutalen Typen …«
»Und dann?«
»Als ich zu Hause war, hab ich festgestellt, dass ich mein Handy
verloren hatte. Im Auto war es nicht, also musste ich zurück, verstehen Sie? Es
wäre fatal gewesen …«
»Und? Haben Sie es gefunden?«
Er nickte. »Ja, es lag tatsächlich in der Nähe der Stelle, wo wir
Karen zurückgelassen hatten. Ich war total erleichtert und dachte mir, dass ich
mal nach dem Mädchen gucken sollte. Wir hatten ihr ganz schön zugesetzt, und
irgendwie … Aber sie war nicht mehr da.«
»Was?« Johanna richtete sich auf.
»Ich hab noch eine Weile gesucht und bin dann zurück zum Wagen. Ich
dachte, dass sie ganz schön was einstecken kann,
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