Tod in Wolfsburg (German Edition)
Waffen
sichergestellt worden.
»Außerdem scheint er ein einträgliches Spielgeschäft aufgebaut zu
haben«, berichtete der Kommissar Johanna, nachdem sie ihn kurz über die
Geschehnisse in Braunschweig in Kenntnis gesetzt hatte. »In seinem Safe haben
wir ein Heftchen gefunden mit zahlreichen Kürzeln und Summen – es ist
anzunehmen, dass sich einige Spieler bei ihm verschuldet haben, zum Teil mit
absurden Summen.« Er schüttelte den Kopf. »Möchten Sie einen Kaffee?«
Johanna nickte. Das dürfte so ungefähr der dreihundertste an diesem
Tag sein, aber ihr Körper war Kummer gewöhnt. »Wie äußert er sich denn zu Tom
Sienders Tod und dem abgestellten Transporter?«
Reinders lächelte süffisant, während er Kaffee in zwei große Tassen
goss und Johanna eine reichte. »Ist ihm ein Rätsel, was da passiert sein
könnte. Und natürlich weiß er auch nichts über Drogen in dem Wagen.«
»Aber es dürfte ihm doch klar sein, dass die Spurenanalyse
genauestens nachweisen kann, dass …«
Reinders winkte ab. »Natürlich ist ihm das klar, und angesichts der
Mengen, die wir in seinen Läden gefunden haben, spielt ein Pfund mehr oder
weniger eigentlich auch keine Rolle mehr. Aber warum sollte er irgendwas
zugeben oder uns die Arbeit erleichtern? Er meinte jedenfalls, dass Siender
sich den Wagen ohne sein Wissen ausgeliehen hätte und er nicht wüsste, zu
welchem Zweck. Außerdem gäbe es keine geschäftlichen Feindschaften, geschweige
denn irgendwelche Bandenkriege, in die er verwickelt sei. Wahrscheinlich habe
Siender persönlich etwas laufen gehabt. Wie dem auch sei.«
»Und was sagt er zu den Waffen?«
»Nichts.«
»Okay.« Johanna trank einen Schluck Kaffee. Ihr Blick schweifte über
Reinders Schreibtisch und blieb an einem blauen Lederheft hängen. »Ist das
Kauntas Heft?«
Der Kommissar nahm es hoch. »Ja – möchten Sie einen Blick
hineinwerfen?«
»Gerne.« Johanna stellte ihre Tasse ab und fing an zu blättern.
Listen, Kürzel, Summen. Mit etwas Phantasie und Ermittlungserfahrung
konnte man sich zusammenreimen, dass in einer Spalte die betreffende Person mit
dem geschuldeten Gesamtbetrag vermerkt war, in einer weiteren folgten
offensichtlich geleistete Rückzahlungsraten, dem sich eine Vermerkspalte mit
verschiedenfarbigen Ausrufe-und Fragezeichen sowie weiteren Kürzeln anschloss.
Johanna mutmaßte, dass Kaunta sich darin Anmerkungen zur Zahlungsmoral seiner
Schuldner machte. Das Verzeichnis war durchaus beeindruckend, denn die
aufgeführten Zahlen umfassten ein Gesamtbudget von gut zwei Millionen Euro. Es
gab mehrere Leute, die Kaunta fünfzig-, hunderttausend oder gar hundertfünfzigtausend
Euro schuldeten. Der Zinssatz, den Kaunta für seine Dienste zugrunde legte, war
wohlweislich nicht aufgeführt.
»Was ist eigentlich mit Schuldscheinen? Lagen die auch im Safe?«,
fragte Johanna.
»Ja, ein ganzer Stapel – alles fein säuberlich abgeheftet. Ich bin
noch nicht dazu gekommen, den durchzusehen. Wollen Sie da auch einen Blick
drauf werfen?«
Johanna stand auf. »Ich glaube nicht.« Sie lächelte. »Ihr Job. Ich
kümmere mich jetzt um Rico Lappa. Und dann ist hoffentlich Feierabend.«
Er war ein gut aussehender Typ – sportlich-athletisch gebaut,
dunkelblond, braune Augen, Grübchen im Kinn. Sicherlich kam er gut bei den
Frauen an. Im Moment machte er alles andere als einen zufriedenen Eindruck. Die
überraschende Festnahme, über deren Hintergründe er nicht im Bilde war, hatte
ihn sichtlich erschüttert. Er blickte starr vor sich hin. Johanna legte ihre
Unterlagen auf den Tisch und setzte sich ihm gegenüber.
»Wo fangen wir an, Herr Lappa?«, fragte sie.
Er warf ihr einen kurzen Blick zu und schwieg. Johanna nahm die
Fotos von Betty und Karen aus ihrem Ordner und breitete sie vor ihm aus. »Zwei
Ihrer Opfer. Beide sind übrigens tot. Andere wurden nur verprügelt und von Ihnen vergewaltigt. Es gibt
Filmmaterial, Videoaufnahmen, DNA -Spuren,
Zeuginnen.«
»Ja?«
»Ja. Sandra März haben Sie ja gerade wiedergesehen – sie wird
natürlich noch eine umfangreiche Aussage machen. Ach, übrigens: Philippa,
Rabea, Nelli und Lola befinden sich bereits in Untersuchungshaft und haben
detailliert ausgesagt.«
Er zuckte zusammen.
»Wir sind bestens im Bilde über Ihre geschäftlichen Verbindungen,
den Drogenhandel und über Ihre gemeinsamen grausamen Attacken gegen zahlreiche
Mädchen. Bei drei Mädchen haben Sie sich völlig verschätzt: Sandra war eine
Nummer zu groß für Sie und konnte Sie
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