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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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beschmutzte Kleidung gesehen. Meine Augen hatten ihren wenig anmutigen Körper nackt aus einem sehr schönen Wasserlauf kommen und sich nach Handtüchern bücken sehen, so daß ihre Brüste wie bleiche, wassergefüllte Euter hin und her schwangen. Die sarkastischen Pfiffe meiner Mitzecher verfolgen mich noch heute. So sahen sie diese Frau. Wenn sie nicht abstoßend war, dann traurig. Und ich wußte, daß keines von beidem stimmte.
    Aber ich war es gewesen, ich allein, der durch das Medium, das angeblich nicht lügen kann, den definitiven Beweis geliefert hatte, daß sie genau das war: entweder abstoßend oder traurig – und oft auch beides. Einen Beweis, der nun von etwa sechzig Millionen Menschen gesehen worden war und als gültig anerkannt wurde.
    Ich liebte sie. Wenn das das richtige Wort war. Und es gab kein anderes.
    Es gibt Augenblicke, wo der Ekel vor dem Ich ein Luxus ist, wo man sich darin wälzen und sich herrlich befleckt vorkommen kann. Dann gibt es Momente, wo dieses Gefühl eine Herausforderung darstellt. Auf der Promenade am alten Pier blieb ich stehen. Ich konnte nun zu ihr gehen, ihr meine Schuld hinauskotzen und mich besser fühlen und dann in der Nacht verschwinden. Aber sie wollte meine Schuldgefühle nicht. Oder ich konnte mich einfach in die Nacht verdrücken und meine Schuldgefühle für mich behalten und darum beten, daß sie starb, ehe Vincent andere Männer auf sie ansetzte. Aber sie würde nicht sterben, nicht in den wenigen Stunden, die ich herausholen konnte.
    Ich ging auf den Pier. Meer und Himmel waren absolut schwarz, und als die Straßenlampen hinter mir zurückblieben, schaltete ich meine Taschenlampe ein. Der Pier bestand aus dicken Planken, die wie das Deck einer alten Barke mit Teer verschmiert waren. Ich ging bis zu dem fensterlosen Tanzpavillon am Ende des Piers. Hier gab es ein hohes Schutzgeländer und Warnschilder. Ich stieg auf das Geländer und setzte mich rittlings darauf. Ich hörte das Meer tief unten und das Knirschen des halb zerstörten Tanzsalons hinter mir. Ich richtete die Taschenlampe in die Tiefe, doch das Meer war zu weit entfernt, der Lichtstrahl erstarb in der Leere. In meinem ganzen Leben war mir noch nie der Gedanke an Selbstmord gekommen, und ich dachte auch jetzt nicht daran – ich kam überhaupt nicht auf die Idee.
    Vielmehr saß ich auf dem Geländer, überlegte mir meine Möglichkeiten und kam auf einen neuen Ausweg. Ich war, das muß ich betonen, absolut nüchtern. Ich reagierte nicht in Panik oder Hysterie. Vermutlich möchte ich das klarstellen, weil ich in mancher Hinsicht stolz bin auf den abscheulichen, selbstzerstörerischen Schritt, den ich tat, und keine Entschuldigung gelten lassen möchte. Ich nahm meine Taschenlampe und warf sie mit aller Kraft auf das Meer hinaus, sah zu, wie sie in großem Bogen hinabzuckte und dann verschwand. Ich sah ihr nach, damit später nicht etwa gemunkelt würde, ich hätte die Lampe vielleicht versehentlich fallen gelassen. Wenn ich Vincent schon ins Gesicht spucken wollte, dann richtig.
    Anschließend nahm ich die Tonausrüstung ab und warf sie ebenfalls fort. Der graue, verhangene Tag war klaglos zu einer sternlosen, absolut schwarzen Nacht geworden. Ich blieb sitzen und starrte aufs Meer hinaus, starrte in die undurchdringliche Schwärze. Bald begann der Schmerz. Als ich nicht mehr schauen konnte, schloß ich die Augen. Ich bin nicht sehr gut im Umgang mit dem Schmerz. Ich konnte nur weitermachen.
    Man sagte mir später, ich hätte Laute ausgestoßen, und diese Laute hätten die Menschen vom Strand heraufgelockt, um mir zu helfen. Doch ich erinnere mich nicht daran. Ich weiß nur noch, daß der Schmerz aufgehört hatte, als sie mich erreichten. Ich hatte zurückgekauft, was ich verkauft hatte. Ich war frei.



DIENSTAG

    Roddie machte mal wieder eine tolle Sendung. Darin irrte sich Vincent nie. Die Episoden hatten alles: guten Aufbau, eine starke Handlungslinie, Pathos, Leiden, Spannung, Humor, verrückte Typen, sogar einige herrliche, naturverbundene Nacktszenen. Die Anrufe setzten noch während der Sendung ein. Die Zuschauer wurden von der Public-Relations-Abteilung abgewehrt. Ganz natürlich, daß er das Lob seiner Kollegen am höchsten bewertete. Unweigerlich arteten verschiedene beiläufig ausgesprochene Einladungen zu einer Showparty im Empfangssalon aus. Schade, daß Roddie nicht dabeisein konnte. Es herrschte die Meinung vor, daß die Sendung einen Preis bekommen würde. Zum Beweis waren auch mehrere

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