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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Zeit hatte man mich schon vom Pier geholt: Katherine und Tommy und zwei oder drei andere. Sie hielten mich für betrunken, und ich raubte ihnen diese Illusion nicht. Nicht, daß sie leicht von der Wahrheit zu überzeugen gewesen wären – ich meine, wer erblindet schon ohne erkennbaren Grund mitten in der Nacht am Ende eines alten Piers? Also ließ ich mich hinabführen und pries mich glücklich, einer sofortigen Entdeckung entgangen zu sein. Aber ich hatte die Rechnung ohne Mrs. Baker gemacht.
    Sie warf uns hinaus.
    Genaugenommen, ließ sie uns nicht einmal mehr hinein. Ihr Augenblick des Triumphs war gekommen, das hörte man ihr an. Sie ging uns am Rand der Buhnen entgegen und betete uns ihr ureigenstes Gesetz vor. Sie müsse an andere Gäste denken, sagte sie. Trunkenheit sei nicht gestattet. Die Randler seien doch alle gleich, kaum reiche man ihnen den kleinen Finger, nähmen sie schon die ganze Hand.
    Ein verwirrtes Durcheinander prallte gegen meine Brust. Ich ließ das meiste fallen, stellte jedoch fest, daß es sich um unsere Besitztümer handelte. Ich spürte den Reißverschluß an Katherines Schlafsack und öffnete ihn, und gemeinsam stopften wir die meisten Sachen hinein. Ich und meine Freundin, bemerkte Mrs.
    Baker hinter uns, könnten unsere Orgie woanders feiern.
    Als Katherine davonhumpelte, folgte ich ihr dichtauf. Sie setzte sich bald, und ich hockte mich neben sie. Sie zitterte. Es war ihr privates Zittern, un-aufgezeichnet, ungesendet, unbelacht. Wir waren frei.
    »Sie sind zurückgekommen«, sagte sie. »Ich hatte gedacht, daß Sie vielleicht fortbleiben.«
    »Natürlich bin ich zurückgekommen.«
    »Aber Sie haben sich zuerst betrunken… Ich kenne mich nicht aus mit Männern, die sich betrinken. Haben Sie sich aufgeregt? Sie klangen so.«
    Ich legte ihr einen Arm um die Schulter. Von all den Gedanken in meinem Kopf konnte ich ihr keinen einzigen offenbaren. Nicht einmal den, daß ich sie liebte. Wenn das das richtige Wort war. Und es gab kein anderes. »Ich kümmere mich um Sie«, sagte ich und vergaß tatsächlich, daß ich das gar nicht mehr konnte.
    Während wir dort saßen, erschien mir die Zukunft völlig überflüssig. Zum Glück gab es jemanden, der weniger romantisch veranlagt war. Schritte näherten sich über die Kiesel. Jemand räusperte sich. »Orgie oder nicht – Sie werden hier bis morgen früh erfrieren.«
    Es war Tommy. Ich stand auf und war mir meiner Blindheit plötzlich unangenehm bewußt. Ich hatte keine Ahnung, wo er war, wie weit entfernt und in welcher Richtung. »Ja. Also, Tommy, ich wollte eigentlich zum…«
    »Ich will sagen, ich habe da noch meinen alten Laster. Der ist ein bißchen vollgestopft, aber wenigstens geschlossen. Vergesse nie ein Gesicht oder einen Gefallen. Die Polizei vertreibt Leute, die hier zwischen den Buhnen liegen.«
    Er hatte recht – sein Wagen war wirklich etwas voll. Das Fahrzeug war groß, doch voller Zauberutensilien und Puppen und Bühnenrequisiten und verschiedener Bündel, die ich nicht zu identifizieren vermochte. Trotzdem brachte er uns irgendwie unter… Und erst in diesem Augenblick, erst als wir hineinstiegen und es uns bequem zu machen versuchten, begann ich zu lauschen. Horchte auf Vincents Hubschrauber und hoffte, Katherine würde schlafen, wenn er eintraf.
    »Ist das nicht ein Hubschrauber?« fragte sie jetzt und richtete sich hellwach auf.
    »Vielleicht«, sagte ich.
    »Ich hätte nicht gedacht, daß die im Dunkeln fliegen.«
    »Normalerweise nicht.«
    Der Lärm wurde lauter. Plötzlich hielt Katherine den Atem an. Ich tastete nach ihr, fand das Bein einer Puppe, dann den Stoff ihres Schlafsacks. »Was ist?« fragte ich.
    »Das Licht sticht mir in die Augen.«
    Ich hätte wissen müssen, daß Vincent den Kamerahelikopter mitbringen würde, Halogenflutlichter und Aufnahmestab und so weiter. Ich hatte ihm schon oft gesagt, er beleuchte seine Nachtaufnahmen zu sehr. Jetzt war der Strand bestimmt niedergedrückt von soviel Licht.
    Der Augenblick schien mir so günstig wie jeder andere. »Ich sehe kein Licht«, sagte ich.
    »Sei kein Dummkopf. Natürlich siehst du Licht.«
    Ich ging nicht weiter auf das Thema ein. Es gab bestimmt noch andere Augenblicke, die ebenso geeignet waren, oder noch geeigneter. Der Motorenlärm veränderte sich, ein Sturm umtoste den Wagen, als der Hubschrauber auf der Stelle schwebte und dann landete. Schließlich wurde der Motor abgestellt und wirbelte langsam aus. Stolpernde Schritte eilten über den

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