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Tod sei Dank: Roman (German Edition)

Tod sei Dank: Roman (German Edition)

Titel: Tod sei Dank: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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druckfrischen Zehnpfundschein in die Hand.
    Sie steckte das Geld ein. »Sie ist nicht hier. Ist vor einem Jahr abgehauen. Die Drecksschlampe. Hat unseren Stoff geklaut. Soweit ich weiß, ist sie mit einer Freundin nach Indien gegangen. Wenn du sie findest, sag ihr, dass wir ihren Abgang hier nicht vergessen haben.«
    »Wo genau in Indien?«
    Die Frau hatte keine Ahnung.
    »Welche Freundin?«
    »Mehr weiß ich nicht«, sagte sie und kratzte sich so heftig am Arm, dass sich sogar Wills Arm wund anfühlte.
    Ehe er sich auf den Heimweg machte, besuchte Will jemanden, dem er schon vor dreizehn Jahren einen Besuch hätte abstatten sollen.
    Meredith war Pflegemutter, besser gesagt: der letzte Mensch, der versucht hatte, Cynthia zu erziehen. Sie war als Fünfzehnjährige zu ihr gekommen. Cynthia liebte Meredith und sagte, dass sie die einzige Erwachsene sei, die sie als Kind jemals wirklich verstanden habe. Will hatte Meredith und ihren damaligen Ehemann Brett seit seiner Hochzeit nicht mehr gesehen. Die beiden waren die ganze Strecke nach Glasgow gefahren, um teilnehmen zu können. Die Hochzeit! Cynthia hatte gesagt, sie wolle etwas Unkonventionelles. Nur nichts Abgehobenes! Schließlich hatte sie sich für die Universitätskapelle und ein altes Hotel in Dunbartonshire entschieden. Konservativer hätte es nicht sein können. Sie hatte sogar Weiß getragen und Merediths Mann gebeten, sie zum Traualtar zu geleiten.
    »Brett ist vor einem Jahr gestorben«, sagte Meredith traurig. »Er hatte sich am Finger infiziert. Die Infektion hat schließlich zu einer Blutvergiftung geführt und seine Organe zerstört.«
    Seit der Hochzeit hatte sich Meredith von einer mittelalten, moppeligen Frau in eine alte, fette Frau verwandelt. Als sie eine Postkarte von ihrem mit Magneten übersäten Kühlschrank löste, sah Will, dass sie ein doppeltes Doppelkinn hatte.
    »Merry«, stand darauf, »du MUSST hierherkommen. Alles ist so unheimlich bunt!«
    Das Bild auf der Vorderseite zeigte einen wunderschönen Strand mit Cafés, die Lassi verkauften. »Chapora, Goa«, stand darauf. Die Karte war elf Monate alt.
    Wegen eines Unfalls in der Nähe von Penrith und Straßenarbeiten bei Dumfries brauchte Will acht Stunden für die Rückfahrt. Im Haus war alles still – er nahm an, dass die beiden Mädchen im Bett lagen und schliefen. Cynthias letzter bekannter Aufenthaltsort war also Indien. Will ging in sein Büro, kramte seinen Notizblock hervor und schrieb: »Indien – hinfahren und selbst versuchen, sie zu finden?«
    Während er rasch Pro und Kontra notierte, wurde ihm klar, dass eine Reise nach Indien nicht infrage käme: Er konnte die Mädchen nicht allein ihrer Dialyse überlassen.
    Als Nächstes googelte er ihren Namen. Er versuchte es mit ihrem Mädchennamen MacDonald, mit ihrem Ehenamen Marion und mit Heaths Nachnamen Jones. Viele, viele Webseiten später merkte er, dass seine Suchkriterien nicht präzise genug waren und es bei ihrem unsteten Lebenswandel und ihrer Drogensucht wenig wahrscheinlich war, dass sie eine eigene Website eingerichtet hatte.
    Er versuchte es bei Facebook. Die Porträtfotos der Cynthias mit den passenden Nachnamen wiesen keinerlei Ähnlichkeit auf. Er fing an, den Cynthias, die keine Fotos eingestellt hatten, Nachrichten zu schicken, aber sein Mut sank, als er merkte, dass er Tausende solcher Nachrichten würde verschicken müssen.
    Er versuchte es bei Twitter, aber das brachte ihn auch nicht weiter.
    Er sah in den Online-Datenbanken vermisster Personen nach und brauchte danach erst einmal einen Drink.
    Er rief die britische Botschaft in Delhi an. Es klingelte stundenlang, und als endlich jemand abhob, wurde er mit einem gemurmelten »Keiner da« abgespeist, ehe der Mensch am anderen Ende der Leitung auflegte.
    Er wusste nun, dass er Hilfe benötigte, und so googelte er nach Privatdetektiven in seiner Gegend. Schließlich fiel ihm eine Agentur namens Jäger und Sammler ins Auge. Will schickte ihnen die Eckdaten per E-Mail. Er wollte der Agentur drei Wochen Zeit geben, um Cynthia zu finden. Wenn das fehlschlug, musste er vielleicht eine weitere Überschrift auf die dritte Seite seines Notizblocks schreiben.

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Kapitel zwölf
    Was mir am Kranksein am meisten auffiel, war, dass ich mich über absolut alles aufregte. Klar, ich bin immer schon übellaunig gewesen, aber nachdem ich mit der Dialyse angefangen hatte, war Übellaunigkeit nicht mehr das passende Wort für meine Reaktionen darauf, dass kein heißes

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