Tod sei Dank: Roman (German Edition)
nicht.
Der Junge drückte einen Knopf und wartete auf den Aufzug. Sie gingen hinein.
»Lebst du schon lange hier?«, fragte Preston, während der Aufzug im Schneckentempo aufwärts ruckelte.
»Yep«, sagte der Junge.
»Schön zu sehen, dass die Gegend hier auf Vordermann gebracht wird«, sagte Preston, womit ihm der Gesprächsstoff vollends ausging. Er starrte mehrere Minuten lang schweigend die Aufzugsknöpfe an, bis der Aufzug schließlich im sechzehnten Stock knirschend zum Stehen kam. Preston überlegte, ob diese Aufzüge vielleicht auf ein besonders langsames Tempo eingestellt wurden, damit die Arbeitslosen ihre Zeit besser herumbrachten oder damit sie weniger Zeit auf der Straße herumlungerten.
Die Wohnung des jungen Mannes lag auf der linken Seite. Sie bot eine tolle Aussicht und war überraschend komfortabel eingerichtet. Er ist arm, dachte Preston, aber sein Fernseher ist riesig. Vielleicht hat er ihn gestohlen. Vielleicht hat ihn aber auch das Dealen reich gemacht.
»Hier«, sagte der junge Typ, als er mit zwei Beuteln in Kondomgröße aus dem Schlafzimmer kam. »Das ist reiner, ungeschnittener Stoff, was besseres gibt es nicht. Sei also vorsichtig. Hundertfünfzig.«
»Prima«, sagte Preston, der nicht wusste, dass der Straßenpreis für diese Beutel bei zwanzig Pfund lag. Seine Ahnungslosigkeit brachte die Augen des anderen zum Funkeln. Das Funkeln verzehnfachte sich noch, als Preston seine Brieftasche hervorholte, hundertfünfzig Pfund abzählte und sie ihm gab. Weitere fünfhundert Pfund und mehrere Kreditkarten waren ebenfalls in der Brieftasche sichtbar.
Von da an ging alles sehr schnell.
Junger Typ befiehlt Preston, ihm die Brieftasche zu geben.
Preston erkundigt sich nach Grund.
Junger Typ sagt Her damit.
Preston sagt Nein.
Junger Typ zieht Messer aus hinterer Hosentasche und richtet es auf Prestons Hals.
Preston versucht, wegzulaufen.
Junger Typ packt Preston am Arm, ehe der es bis zur Tür geschafft hat, und verdreht ihm selbigen.
Preston sagt Aua!
Junger Typ drückt Messerklinge gegen Prestons Kehle.
Preston fühlt, wie Messerspitze sich in seine Haut bohrt, dreht sich unter Aufbietung all seiner Kraft um, tritt jungem Typen in die Eier und packt Messer.
Junger Typ geht mit bösartigem Knurren auf Preston los, Hände zum Würgegriff gekrallt.
Preston bemerkt, dass das Messer zur Hälfte in der Brust des jungen Typen steckt.
Preston sagt Entschuldigung. O Gott, Entschuldigung, das wollte ich nicht.
Junger Typ stürzt zu Boden.
Preston hält Messer nicht mehr in der Hand. Messer ragt jungem Typen aus der Brust. Der liegt auf den Bodendielen und ringt nach Luft.
Dann nicht mehr.
Danach prüft Preston, ob junger Typ atmet, sagt Scheiße und läuft sechzehn Stockwerke die Treppe hinab.
Mit zwei Beuteln Heroin in seiner kleinen, frischgebackenen Mörderhand.
Vielleicht ist er gar nicht tot, dachte Preston, den Kopf gesenkt.
Oder vielleicht ist er tot.
Wenn er tot ist, dachte er, würden sie niemals ein siebzehn Jahre altes Wunderkind aus dem schicken West End verdächtigen. Zumal nichts gegen ihn vorlag. Vielleicht ein paar Bilder der Überwachungskamera, die seine Baseballmütze zeigten. Außerdem, so sagte er sich, war dies eine typische Zufallstat im Bandenmilieu, kein geplanter Mord, und da passte er einfach nicht ins Schema. Er ging geradewegs zur nächsten großen Straße, warf seine Baseballmütze unterwegs in einen Abfalleimer und winkte ein Taxi heran.
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Kapitel einundzwanzig
Ich rannte hinaus und wählte die Nummer vom Vorgarten aus.
»Guten Tag, hier Jäger und Sammler. Im Moment können wir Ihren Anruf leider nicht entgegennehmen. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Signalton …«
»Hier ist Georgie Marion«, sagte ich. »Rufen Sie mich so bald wie möglich unter dieser Nummer an.«
Während der langen Wartezeit trank ich, und am nächsten Nachmittag wachte ich auf dem Rücksitz eines Autos auf. Irgendein Typ saß halbnackt auf dem Vordersitz. Wer war das? Er war alt, mindestens fünfundzwanzig. Als ich nach meinem Oberteil suchte, klingelte das Handy meines Vaters. Ich zerrte es aus der Tasche meiner Jeans.
»Mr Marion?« Es war wieder diese Stimme.
»Hier spricht seine Tochter«, sagte ich.
»Georgie oder Kay?«
»Georgie. Wo sind Sie? Ist Sie bei Ihnen?«
»Ja, ist sie, aber … die Sache ist kompliziert.«
»Ich weiß, dass es kompliziert ist. Sagen Sie mir, wo Sie sind.«
»Im Marriot, in der Innenstadt. Zimmer
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