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Tod sei Dank: Roman (German Edition)

Tod sei Dank: Roman (German Edition)

Titel: Tod sei Dank: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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Mund.
    »Wirst du jetzt die Wahrheit sagen, du perverser Scheißkerl?«
    Preston konnte nicht sprechen. Der Föhn steckte in seinem Mund. Er kämpfte. Warum half ihm niemand? Warum blieb der Wärter so lange weg?
    Heath stellte den Föhn auf die höchste Stufe.
    Prestons Beine zuckten, als ihm die heiße Luft in Mund und Lungen blies. Tränen strömten aus seinen Augen.
    Heath zog den Föhn heraus. Preston schnappte nach Luft. Seine Zunge und sein Rachen hatten schlimme Verbrennungen erlitten.
    »Wie sieht es jetzt aus? Fällt dir irgendwas ein?«
    »Sie hat mich darum gebeten. Ich wollte es nicht! Es hat mir nicht gefallen! Ich schwöre es. Ich bin kein Lügner.«
    »Nein, und ich leide an geringem Selbstwertgefühl. Wie wir alle hier.« Mehrere verängstigt dreinblickende Friseurlehrlinge lachten.
    Wieder steckte Heath den Föhn in Prestons Mund. Diesmal schob er ihn noch weiter hinein. Er drückte Preston ein Knie in den Brustkasten, hielt dessen Nase mit den Fingern zu und schaltete erneut die hohe Stufe ein.
    Prestons Beine zuckten eine Weile, dann hörten sie auf, sich zu bewegen. Sein Gesicht – und der breite kahle Streifen auf seinem Kopf – verfärbte sich erst rot, dann grau, dann blau. Die Männer im Raum sahen erschrocken zu. War er tot? Sollten sie eingreifen? Wenn sie es taten, würden sie dann auch sterben?
    »Was macht die Blutung?«, fragte der zurückkehrende Beamte. Heath zog den Föhn gerade noch rechtzeitig aus Prestons Mund. Preston sackte zu Boden.
    »Was ist denn mit dem los?«, fragte der Wärter und sah zu, wie Preston sich nach Luft schnappend auf dem Boden krümmte und die Hand vor seinen verbrannten Mund hielt.
    »Die kleine Schwuchtel kann kein Blut sehn.«
    Preston wand sich stöhnend auf dem Boden.
    »Steh auf, du Schwachmat«, sagte der Wärter, ehe er sich um den Schnitt in Heaths Finger kümmerte.

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    Kapitel vierundvierzig
    Will brauchte nicht lange, um Kay zu finden. Sie befand sich in dem dritten Krankenhaus, das er anrief. Als er ankam, lag sie über mehrere Stühle in der Notfallaufnahme ausgestreckt und schlief. Die Knöchel der Hand, mit der sie ihr Handy umklammerte, waren weiß vor Anstrengung. War das wirklich Kay? Wo war ihr Gesicht geblieben? Das mit Ausdruck und Farbe? Und wo ihr Körper? Früher war ihr Körper stark und kräftig gewesen, jetzt war er nichts als eine Hülle.
    »Kay, Schätzchen?«, fragte Will und berührte ihre knochige Schulter. »Alles in Ordnung mit dir?«
    Sie öffnete die Augen. »Papa?«
    »Alles in Ordnung mit dir, Liebes?«
    Kurzes Zögern. »Nein. Nein, wirklich nicht.«
    Er hielt sie im Arm, während sie weinte. Die starke, positiv denkende Ich-weine-fast-nie-Kay schluchzte an Papas Schulter.
    »Weißt du, wo deine Schwester ist?«, fragte Will.
    »Nein. Letzte Nacht war unsere Mutter da, und kurz danach ist Georgie weggelaufen. Sie ist nicht mehr zurückgekommen.«
    »Komm, wir gehen sie suchen, Schatz.«
    Als sie zu Hause ankamen, waren sowohl Will als auch Kay wegen Georgie in Panik. Aber es bestand kein Grund zur Sorge: Sie war da, lag auf dem Sofa und starrte Löcher in die Luft.
    Sie sagte kein Wort, als Will sie zur Dialyse ins Krankenhaus fuhr, und starrte komatös vor sich hin, während die Maschine sich an ihr zu schaffen machte. Will saß seinen beiden Töchtern auf einem Stuhl gegenüber und sah zu, wie das Blut durch die Schläuche floss und zurück in ihre Arme, die an dem pochenden Punkt des Eintritts klumpig wirkten. Beide waren dünn und trotzdem aufgedunsen. Und gelb. Und sie sahen so unglücklich aus, dass er sich auf der Stelle erschossen hätte, wenn die Pistole nicht unter P in seinem Aktenschrank im Büro gelegen hätte.
    Die Dialysestation war zu ihrer zweiten Heimat geworden, und Will hasste sie von ganzem Herzen. Er hasste es, seine Mädels an der Maschine hängen zu sehen. Sie konnten es kaum erwarten, wieder herauszukommen, doch jede Sitzung zog sich vier Stunden lang hin. Er hasste es, die anderen kommen und gehen zu sehen. Er hasste es, mit ansehen zu müssen, wie sich die Mädchen mit Menschen anfreundeten, deren einzige verbindende Merkmale Krankheit, Depression und das Wissen um die Parallelwelt der Dialysestation war. Er hasste es, mit ansehen zu müssen, wie sie auf diejenigen neidisch waren, die den entscheidenden Anruf bekamen, und wie sie diejenigen bedauerten, die ihn niemals bekommen würden, und er hasste es, dass sie inzwischen anscheinend beide ihren Lebenswillen verloren hatten. Das

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