Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
Vom Netzwerk:
Hyperaktivität nicht alle fertig macht.«
    Und woher ich das denn überhaupt wisse.
    Ich verschwieg die Kamera und durfte feststellen, dass meine Familie einem ausgeprägten Nachtleben frönte. Nacheinander und einzeln kamen sie immer wieder mal zum Käfig, um Dinge zu tun. Und alles, während ich schlief!
    Ich sah meinen Vater, der eine Packung Vitaminpillen aus seinem Morgenmantel zog und Ratte Norbert damit verwöhnte. Meine Mutter zog zwar keine Tabletten aus der Tasche, dafür versuchte sie, die armen Nager zu hypnotisieren. Deutlich zeigte die Videoaufzeichnung, wie sie Norbert mit strafenden Blicken bedachte und der ach, so armen Nadja Mut zusprach; und, wie sie Norbert einen Teebeutel mit Baldrian vor das Näschen warf.
    Als mein Vater anderntags versuchte, meine Mutter in der Küche zu umarmen, wehrte sie ihn ab. Er schien Böses zu ahnen, denn am gleichen Abend stocherte er sehr lange in seinem Essen herum. Nicht aus Langeweile oder Appetitlosigkeit, nein, er suchte nach etwas. Vielleicht nach einer Tablette oder einem Pülverchen.
    Langsam begann mein Experiment aus dem Ruder zu laufen. Meine Schwester warf mir jetzt vor, der Käfig sei unhygienisch, nicht genügend frisches Wasser stünde zur Verfügung und ich würde einen Pascha heranzüchten und dass ich schon wüsste, wen sie meinte.
    Natürlich war Ratte Niclas gemeint. Dabei bekam er gar keine Sonderrationen. Eines Nachts hantierte meine Schwester mit zwei blanken Kabelenden herum und war drauf und dran, das Gitter unter Strom zu setzen. Aber sie ließ schließlich von dem Vorhaben ab, wohl, weil sie um das Leben ihrer geliebten Nina fürchtete.
    Gütiger Himmel, das war doch ein friedlicher Rattenkäfig und nicht Guantanamo!
    Meine Schwester beschuldigte mich schließlich, abscheuliche Tierversuche zu unternehmen.
    »Folter ist das«, sagte sie. »Seelische Folter.«
    Dabei bekamen sie doch alles, was sie wollten, und fühlten sich in ihrer Ranch aus Sand, Stroh und Geäst sauwohl.
    »Das müsste verboten werden«, sagte meine Schwester. »Stell dir vor, du wirst jeden Tag beobachtet. Davon wird man verrückt.«
    Seltsamerweise ging sie immer seltener zu ihrer Freundin, blieb stattdessen in Reichweite des Käfigs.
    Bald machten Verschwörungstheorien die Runde und Intrigen wurden gesponnen. Das führte schließlich dazu, dass meine Eltern nicht mehr miteinander sprachen, sondern sich nur noch Zettel zuschoben.
    Meine Mutter erzählte Ratte Nadja ihre Leidensgeschichte und über den Käfig gebeugt, sagte mein Vater eines Nachts: »Na Norbert, du weißt gar nicht, wie gut du das hast.«
    Als es wieder mal hieß, ich würde die Tiere aufeinander hetzen, verkündete meine Schwester am Abendbrottisch, die Zustände in unserem Haus seien unhaltbar und sie deshalb müsse sie nun ausziehen.
    »Aber du bist noch nicht mal 18!«, sagte meine Mutter.
    »Und die Ratte nehme ich mit«, antwortete sie. Selbstverständlich meinte sie Nina.
    Mein Vater verbrachte immer mehr Zeit im Bastelkeller, mit dem Ergebnis, dass meine Mutter mit Scheidung drohte.
    Ich machte mir ernsthafte Sorgen um die armen Tiere. Es schien, als wäre jedes Familienmitglied fest entschlossen, ihren jeweiligen Liebling mit allen Mitteln zu verteidigen.
    Bevor Gift verstreut wurde oder seltsame »Unfälle« im Käfig passierten, zog ich die Notbremse.
    Ich packte Norbert, Nadja, Nina und Niclas in eine große Schachtel und brachte sie zu einem Gully. Ich hebelte den Deckel hoch und es hieß: ab in die Freiheit. Sollten sie sich ein muckliges Zuhause schaffen.
    Kurz bevor sie sich aufmachten, um ihr neues Leben zu beginnen, lugten sie alle vier noch einmal über den Deckelrand. Das jagte mir die Tränen in die Augen, aber was sollte ich machen?
    Wie durch Zauberhand vereinigt, stand meine Familie am nächsten Morgen um mein Bett herum.
    »Wo sind die Ratten?«, sagte mein Vater. Und das mit einem Gesichtsausruck, den ich bei ihm noch nie gesehen hatte. Auch die Augen meiner Schwester blitzten gefährlich.
    Ich beteuerte, dass sie eine neue Existenz in der Kanalisation begonnen hätten. Sprach von idealen Lebensverhältnissen, so ganz ohne lebensgefährliche Autos.
    Allein, meine Familie glaubte mir nicht. Ich würde die Tiere in Geiselhaft halten, warf meine Mutter mir vor, mein Vater drohte mit ernsthaftesten Konsequenzen und meine Schwester hätte mich erwürgt, wenn nur ihre Kraft dafür ausgereicht hätte.
     
    Tja, seitdem sitze ich hier im Käfig in Erzwingungshaft und bis jetzt ist

Weitere Kostenlose Bücher