Tod to go (Crime Shorties)
behalten.
*
Chillen mit Sophie.
»Klar«, sagt sie, als ich mal vorsichtig wegen Sex nachfrage. »Warum nicht?«
Das haut mich um.
Nein, ich hätte das nicht tun sollen. Man fragt nicht nach Sex! Man berührt sich, küsst sich, gleitet mit der Hand unter den Pullover … das muss alles seinen normalen Verlauf nehmen. Dafür gibt es internationale Regeln.
»Aber nicht aus Mitleid«, sage ich.
»Nicht aus Mitleid«, sagt sie. Sieht mich an, lächelt und sagt: »Aus Spaß!«
»Du bist noch nicht mal fünfzehn«, sage ich.
»Ich hab es schon gemacht.«
Nein, das kommt im Himmel sicher nicht gut an. Verführung Minderjähriger! Die tackern mir da oben gleich eine Leuchtreklame an die Stirn. Und ich kann meine Ewigkeit mit Selbstgesprächen absitzen.
Sophie richtet sich auf meinem Sofa auf.
»Also, da war zunächst …«
Ich muss weiter. Die Zeit … Scheiße, meine Zeit verrinnt.
Reeperbahn. Ich gehe in den »Goldenen Handschuh«. Da sitzen immer Frauen herum, von denen du besser die Finger lässt.
Sind schon ein bisschen älter, auf Drogen und haben mir oft genug zugezwinkert. Als ich noch jenseits der Glasscheibe und in Sicherheit war.
»Sorgen, mein Kleiner?«, fragt eine rothaarige Frau am Tresen.
»Wenn das alles wäre«, sage ich.
Sie legt mir den Arm um den Hals und drückt meinen Kopf leicht nach unten. Ich starre in ihr Dekolleté und spüre die Lust. Sind ganz straff ihre Brüste. Die Brustwarzen drücken sich wie Mensch-ärgere-dich-nicht-Hütchen durch die Bluse und sie knabbert an meinem Ohrläppchen.
»Ich bin die Nicole.«
»Wirst nicht lange was von mir haben«, sage ich, und sie sagt: »Wir müssen ja nicht gleich heiraten.«
Ich erzähle ihr von meiner Krankheit, von den kleinen Urkrebsen und den strahlenden Partikeln in meinem Körper.
Sie inhaliert zischend den Rauch ihrer Zigarette und greift mir in den Schritt.
»Ist wohl so eine Art Atomrakete, was? Ansteckend?«
»Auf keinen Fall«, sage ich. Aber ganz sicher bin ich mir natürlich nicht. Könnte ja sein, dass sich ein paar dieser versifften Urtierchen mit meinem Samen rüber schießen lassen. Sind am Ende noch vergnügungssüchtig.
»Noch was«, sagt Nicole. »Also ich bin schon ansteckend, das musst du wissen.«
»Nicht weiter schlimm«, sage ich.
»Aids«, sagt sie.
Scheiße, das geht nicht. Wenn die Pathologen meinen Körper aufschnippeln und schon ein paar radioaktiv verseuchte Urtierchen-Leichen finden, wie sollen sie sich einen Reim auf die Aids-Viren machen? Ich meine, das kann ich meiner Familie nicht antun.
Nicole nimmt meine Hände und legt sie auf ihre Brüste. Ich spüre ihre harten Nippel.
»Ich habe Angst«, sagt sie.
*
Dann treffe ich Aisha. Sitzt am Tresen, sieht mein Gesicht und sagt: »Scheiße.«
Dabei hab ich noch kein Wort gesagt.
»Scheiße, ich habe zwei Brüder und einen Vater«, sagt sie.
»Sag nicht immer >Scheiße<», sage ich.
»Die sind dabei, mich an einen Bauern zu verschachern«, sagt sie. »Natürlich jungfräulich.«
»Ist das wichtig?«, sage ich und verkneife es mir, auf die Uhr zu sehen. Es geht mir nicht gut. Schwindel, Schweißausbrüche. Auch meine Beine wippen ständig.
»Und ohne Jungfräulichkeit?«, sage ich so ganz nebenbei und merke: Das ist die Idee!
»Einmal mit jemandem in die Kiste und Bauer ade«, sagt Aisha. »Ohne Jungfernhäutchen bin ich frei.«
Nein, das kann ich nun wirklich nicht abschlagen. Ich habe den ersten Sex meines Lebens und befreie ganz nebenbei eine scharfe türkische Braut aus den Fängen ihrer etwas rückständigen Familie.
»Geht nicht«, sagt sie. »Meine Brüder … die schlagen dich tot. Müssen sie. Wegen der Familienehre und so. Ich komme aus so einer Ultra-Familie.«
»Man muss es ihnen nicht unbedingt auf die Nase binden.«
»Aber dann bringt es nichts, dann halten sie mich weiter für eine gut verschacherbare Jungfrau ... warum lächelst du?«
Ich erzähle ihr, dass es mir vollkommen egal ist, ob sie mich totschlagen wollen, weil ich dann schon längst tot bin. Ein Todgeweihter, der keine Angst vor Brüdern und Vätern hat. Ich hab nur keine Lust, da oben im Himmel als Jungfrau aufzulaufen.
Wir sind gleich los zur Gartenlaube meiner Eltern. Den Schlüssel hab ich seit Tagen immer bei mir.
Aisha ist unglaublich zärtlich und geschickt. Und ich bin aufgeregt und auch wieder ganz ruhig und dann verlässt mich die Angst und meine Fingerspitzen erkunden jedes Härchen an ihrem Körper und umkreisen ihre
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