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Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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dreht zwei Zigaretten und bietet mir eine an.
    »Indianertabak«, sagt er und wir rauchen schweigend.
    Ich inhaliere tief … nichts passiert. Ich puste Kringel in die Luft … auch nichts. Haiti-Kalle sitzt einfach nur da und … raucht andächtig.
    Als ich meine Kippe ausgedrückt habe, zieht er einen Pinsel aus der Tasche, fegt die Asche zu einem Häufchen zusammen, zieht mit einem lauten Röhren Spucke in den Mund und lässt sie dann den Aschenbecher tropfen. Zum Schluss spuckt er viermal kurz in alle Himmelsrichtungen. Er erklärt mir, dass er mit diesem Ritual »die Mächte« beschwört. Nun ja.
    »Ah«, sagt Haiti-Kalle plötzlich und reißt die Augen auf. Jetzt muss etwas in ihn gefahren sein. Ich hoffe inständig, dass er sich nicht im nächsten Moment mit Schaum vor dem Mund auf dem Boden krümmt.
    »Erstes Moment important«, sagt er. »Du sehen zwei Berge. Mountain high.«
    Ich sehe eigentlich nur Zigarettenasche und die Spucke, die kleine Blasen wirft.
    »Krack, krack«, sagt er. »Zwei Blasen absolut gleich. Du finden Zwillingsfrau.«
    Plötzlich reißt er die Augen so weit auf, dass das Weiß sogar im Schummerlicht seiner Küche deutlich zu sehen ist.
    »Blasen laufen auseinander, du mussen werden active, dann Himmel sag OK. Du sehen das hier?«
    Er deutet auf die Spur, die seine Spucke durch die Asche gezogen hat.
    »Du fischen Frau mit Schnur. Verstehst, du mussen fangen Zwillingsfrau.«
    »Fangen?«
    Er rührt mit seinem dicken Zeigfinger in der Aschesuppe und sagt: »Du dich bewegen, du tanzen. Wie Blasen hier.«
    »Und was soll das bedeuten?«
    »Keine Ahnung«, sagt Haiti-Kalle. »Botschaft nur für dich, my friend. Tanzen und Fangen.«
    Hundert Euro verlangt er, und als ich zusammenzucke, sagt er, dass »Geiz machen bose Karma«. Außerdem müsse er sich den teuren Indianertabak schicken lassen. Dabei hat die Kippe geschmeckt, als würde ich das Taschentuch eines Klempners rauchen. Wahrscheinlich hat er die Zigaretten aus aufgelesenen Kippen gedreht.
    Tanzen und Fangen. Also habe ich meine Angel ausgelegt. Ich habe die Horoskop-Seite für ein Wochenblatt übernommen. Die suchen immer Leute mit einer Botschaft, die sowas umsonst machen. Und eine Zeitung ohne Horoskope ist wie Fußball ohne Ball. Die Leute lieben Horoskope. Die Angebote der Supermärkte und die Gesichter aus den Fußball-, Kegel- und Heimtierzüchtervereinen wechseln, aber die Tierkreiszeichen? Bleiben. Das sind Fundamente des Lebens. Mit treuen Lesern.
    Ich gebe zu, das Meiste habe ich Woche für Woche abgeschrieben, aber über die Voraussagen zum Sternzeichen Zwilling habe ich Zuckerwasser gegossen. Ich bin sicher, ich habe alle Zwillingsgeborenen, die dieses Blättchen in den Händen gehalten haben, in einen Horoskoprausch taumeln lassen.
    Ja, ich habe ihnen Erfolge und Gewinne prophezeit, ihre robuste Gesundheit hochleben lassen, ihre Energie beschworen, ihr Jahrzehnt ausgerufen. Und dann die Liebe! Ich habe sie aufgefordert ihre Männer oder Frauen zu verlassen, das Neue zu suchen.
    Dann, nach zehn Ausgaben, habe ich begonnen, SIE in mein Netz zu treiben. Ganz gezielt habe ich die mir noch Unbekannte aufgefordert, sich zu öffnen. Auf Signale zu achten, mal wieder tanzen zu gehen.
    Als ich die Ankündigung der Mambo-Party las, baute ich meine Falle auf.
     
    Manchmal, wenn ich heute inmitten meiner Kisten sitze, fällt mir wieder ein, wie ich mich vorbereitet habe. Schließlich war ich auf der Suche nach der Frau meines Lebens.
    Mir fallen die Stylingtipps ein, die ich aufgesogen habe. Ich denke an die Suche nach dem richtigen Jackett, das Einüben der Tanzschritte unter professioneller Anleitung.
    Oh ja, ich wollte sie vom ersten Moment an verzaubern. Ich hatte sie vorbereitet, sie empfänglich gemacht in meinem Horoskop. Woche für Woche: Ein Partner würde auf sie warten und in einem »fantasievollen« Kostüm in ihr Leben treten. Aus dem Nichts. Ein Mensch, der an einen Edelstein erinnern würde. Das mit dem Edelstein war wichtig, schließlich hatte ich mir einen auffälligen Anstecker mit einem imitierten Swarowski-Stein zugelegt. SIE musste mich einfach erkennen!
     
     In ihrem Horoskop forderte ich die Frau auf, zum Tanzen zu gehen. Ich durfte nichts dem Zufall überlassen, schrieb: »Tanze den Mambo des Lebens.« Überall in der Stadt hingen ja schon die Plakate. Ja, alle infrage kommenden Zwillingsfrauen, die, Junkies gleich, meine Horoskope lasen, würde es nicht zu Hause halten. Und ich, ich würde da sein.

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