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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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nicht, aber ich
sage Ihnen gleich: Wenn’s jemand täte, der selbst keinen hat, ich könnte es ihm
nicht verdenken. Haben Sie überhaupt eine Ahnung, wie viele Menschen es gibt,
die sich kein Auto leisten können? Wenn sie eins brauchen, klauen sie sich
eins, was bleibt ihnen denn anderes übrig? – Idiot!« Er hupte, als ein
Radfahrer knapp vor uns die Straße überquerte. »Also, wenn Sie’s wissen wollen:
die Basis, das ist mein Revier. Ich arbeite sozusagen undercover, da kann man
eine Menge lernen.«
    »Die Basis?«
    »Nicht das, wovon Politiker wie mein geschätzter Herr Bruder
schwafeln. Ich gehe nach ganz unten und lebe wie die Leute dort. Rede wie sie
und teile mit ihnen das wenige, das sie zum Essen haben.«
    »Und fahren Autos wie sie«, spottete ich.
    »Den Schlitten habe ich mir nicht ausgesucht, sondern von meinem
Bruder zum Geburtstag bekommen.« Zum Zeichen seiner Geringschätzung boxte
Noteboom gegen das Lenkrad. »Tja, das ist die Art Geschenk, die ihm Spaß macht:
scheiß Spießerkarren, die einen überall ins falsche Licht rücken. Außerdem
schaden sie dem Weltklima.«
    Wir erreichten den Bremer Platz. »Sie können mich hier absetzen«,
sagte ich.
    Er kurvte in eine Parklücke. »Einen Rat will ich Ihnen noch mit auf
den Weg geben, Kollege. Deshalb habe ich mich Ihnen doch überhaupt
aufgedrängt.«
    »Wieso nennen Sie mich Kollege?«
    »Ich weiß ja nicht, für welchen Job Sie sich bei der Tiedemann
vorgestellt haben. Aber lassen Sie das besser sein. Sie und ihr Club der guten
Menschen. Die ziehen Sie eiskalt über den Tisch. Sie schuften sich tot, und die
zahlen Ihnen einen Hungerlohn.«
    »Was für ein Club?«
    Noteboom sah mich schräg an. »Sie haben sich gar nicht vorgestellt?«
    »Das schon«, sagte ich und stieg aus. »Aber nicht für einen Job im
Garten, sondern als Privatdetektiv. Schönen Dank noch fürs Mitnehmen.«

5
    Noch während ich die Treppe zu meiner Wohnung
hinaufstapfte, zählte ich die Scheine in Frau Tiedemanns Briefumschlag nach.
Ein wahrhaft reichlicher Vorschuss. Ich nahm mir vor, meine Tarife rückwirkend
zu erhöhen, um nicht in die Verlegenheit zu geraten, ihr am Ende noch etwas
zurückzahlen zu müssen. Lange würde ich nämlich nicht brauchen, um diesen Fall
zu lösen. Schließlich verfügte ich schon jetzt über die wahrscheinlich entscheidende
Information. Der ominöse Geist hatte zwei Leute aufs Korn genommen: Noteboom,
den populistischen Spitzenkandidaten der Mittelstandspartei, und Franz
Schubert, einen schleimigen Weihnachtsgeschäftemacher mit Goldkettchen um den
Hals. Wenn ich die Verbindung zwischen diesen beiden geknackt hatte, kannte ich
auch den Kartenschreiber.
    An meinen Schreibtisch zurückgekehrt, schaltete ich den PC ein und sah ich mir im Internet die Website von
Schuberts Unternehmen an: www.worldofchristmas.de. Die Firma behauptete,
europaweit der größte Vertreiber von Weihnachtsartikeln zu sein. Mit einem
Klick konnte man sich in den Shop begeben und Christbaumkugeln im
Sonderangebot, Weihnachtspapier und echte Weihnachtspyramiden aus dem
Riesengebirge erwerben. Eine weitere Sparte nannte sich Service und umfasste einige Dienstleistungen wie Geschenkeberatung, Crashkurse
im Baumschmücken und dem Inszenieren von Krippenspielen.
    Zwischendurch klingelte das Telefon. Es war Gorbitsch.
    »Ich bräuchte mein Fahrrad zurück. Das hatte ich dir doch mal
ausgeliehen.«
    »Bedauere. Ich hab dein Rad nicht, Jan.«
    »Wo soll es denn sein?«
    »Ehrlich gesagt weiß ich das nicht.«
    »So eine Scheiße! Ich hab schon den ganzen verdammten Keller
umgekrempelt.« Alles Buddhahafte war von Gorbitsch abgefallen. Seine Nerven
schienen blank zu liegen. Er war wieder der Gorbitsch, den ich kannte.
    »Reg dich ab. Du brauchst nicht weiter zu krempeln.«
    »Was soll das heißen?«
    »Die Sache ist die: Heute Morgen hatte ich das Fahrrad noch. Wollte
es dir auch bestimmt irgendwann zurückgeben. Nur, dann wurde es mir geklaut.«
    Das musste er erst verdauen. »Es wurde dir geklaut?«
    »Genau das. Während einer Ermittlung. Wenn du’s genau wissen willst:
vor dem Grundstück Hermine Tiedemanns. Zufälle gibt’s, was?«
    »Das ist ein Scherz, Ole, stimmt’s? Für deine Verhältnisse gar kein
schlechter.«
    »Wann habe ich jemals einen Scherz gemacht?«
    Ich hörte ihn fluchen. Dann kicherte er. »Weißt du noch, Ole,
damals, als Düsseldorf den Streifenwagen zu Hause geparkt hatte und er ihm
direkt vor der Tür geklaut wurde?«
    »Ja, weiß ich.«
    »Wir

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