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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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meinen, jetzt gleich?«
    »Rede ich etwa Chinesisch? Natürlich jetzt gleich. Drei
Weihnachtsmänner haben abgesagt. Sie haben angeblich Grippe. Na ja, von mir
aus. Die brauchen gar nicht mehr anzutreten.«
    »Wie rücksichtsvoll«, lobte ich. »Dann zahlen Sie also Krankengeld?«
    »He!«, regte sich Mönninghoff auf. »Was bist du für ein Clown?
Krankfeiern ist nicht, so einfach ist das.« Sein rechter Zeigefinger trommelte
auf den Deckel seiner Armbanduhr. »Es ist jetzt Viertel vor. Um Punkt
siebzehnhundert erwarte ich dich in der Garderobe zur Einsatzbesprechung.«
    »Siebzehnhundert? Sind wir da nicht über dreihundert Jahre zu
spät?«, wunderte ich mich, aber er hatte sich schon auf den Weg gemacht.
    »Also, dann muss ich wohl los«, meinte ich zu Elaine. »Sie haben es
ja gehört.«
    »Hüten Sie sich vor Mönninghoff«, sagte sie. »Vor dem hat sogar der
Chef Muffen.«
    »Muffen?« Ich blieb stehen. »Aus welchem Grund?«
    »Der Kerl ist ein übler Intrigant. Wer gern glaubt, dass der Mensch
in der Evolution weit über der Küchenschabe steht, sollte Mönninghoff besser
nicht kennenlernen.«

7
    Ich folgte der Schabe quer durch den Weihnachtssupermarkt,
ohne den Abstand zwischen uns zu verkürzen, denn ich verspürte keine Lust, mit
dem Kerl zu plaudern. Ein Mann, vor dem Franz Schubert Muffen hatte –
eigentlich suchte ich doch genau so jemanden. Leider aber sprachen zwei
entscheidende Punkte gegen Mönninghoff: Erstens gab es keine offensichtliche
Verbindung zu Noteboom, und zweitens hatte dieser schwitzende Kerl, der seine
schlechte Laune offenbar durch die Schweißdrüsen absonderte, gerade mal so viel
Grips, um eine Weihnachtskarte zu erhalten, aber nie und nimmer, um eine zu
schreiben.
    Dachte ich jedenfalls – bis ich eines Besseren belehrt wurde. Es war
in der Abteilung für Weihnachtskochbücher. Mönninghoff stoppte an einem
Drehständer für Postkarten. Ohne zu suchen, griff er sich zwei Karten, winkte
der Mitarbeiterin an der Kasse damit zu und machte sich davon. Ich hatte mir
die Fächer gemerkt und erkannte die Motive sofort wieder: die Heiligen Drei
Könige auf dem Weg zur Krippe und der große Weihnachtsbaum vor St. Lamberti.
Also doch, dachte ich.
    Mönninghoff verschwand durch die Tür mit der Aufschrift »Personal«.
Ich folgte ihm. Es war acht vor fünf, also immer noch Zeit genug bis
siebzehnhundert.
    In der Garderobe hatten sich schon einige Weihnachtsmänner zur
Einsatzbesprechung versammelt. Mönninghoff brummte irgendetwas Unfreundliches und
verzog sich dann in den Raucherraum, eine zurzeit unbemannte Besenkammer, bis
zum Rand voll mit Qualm. Durch das Schlüsselloch beobachtete ich, wie der
ungeliebte Personalchef am Tisch Platz nahm, nicht ohne sich vorher
vergewissert zu haben, dass er allein war. Er zog die Postkarten hervor und
kritzelte eilig einen Text auf die Rückseite. Danach adressierte und frankierte
er sie und steckte alles in seine Jackentasche.
    Ich hatte diesen Mann unterschätzt. Im Weihnachtskartenschreiben
schien er nicht schlecht zu sein. Was man von seinen Fähigkeiten als
Personalchef allerdings nicht behaupten konnte. Und Einsatzbesprechungen waren
schon mal überhaupt nicht sein Fall.
    »Los, alle Mann umziehen!«, kommandierte er. »In zwanzig Minuten
startet der Einsatz in Nienberge. Der Kunde feiert in der Turnhalle der
Grundschule. Und dass mir bloß keiner seinen Sack irgendwo rumstehen lässt.«
    Der Kunde war die Kripo Münster. Eingehüllt vom sehr sparsamen
Charme der Turnhalle, hockten die Mitarbeiter auf Bierzelt-Sitzgarnituren. Auf
den Tischen lag nadelndes Tannengrün, und von der Decke baumelten ein paar
triste Lichterketten aus dem Ein-Euro-Shop. Wir, die Weihnachtsmänner, hatten
Bier und Sekt zu reichen, die Portionierung des Kartoffelsalates und die
Verteilung der Brühwürstchen zu organisieren und später das Wichteln zu
managen, das als Höhepunkt des Abends geplant war. Alle Kollegen drückten sich
vor diesem Job, angeblich weil es letztes Jahr beim Auspacken der Geschenke
Tätlichkeiten gegeben hatte. Also bekam ich ihn.
    Draußen schneite es, das Polizeiorchester spielte bekannte Melodien
aus »Derrick«, »Tatort« und »Ein Fall für zwei«, und der Polizeipräsident hielt
eine kurze, nicht besonders zündende Rede, während der auffällig viele Kollegen
die Toilette aufsuchten. Erst nach der vierten Runde Bier kam so etwas wie
Stimmung auf. Der Lärmpegel stieg, die Combo musste lauter spielen. An einem
der entlegeneren

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