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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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haben uns vor Lachen fast in die Hosen gemacht: ein Bulle, der
sich das Polizeiauto klauen lässt! So dämlich kann ja wohl nur die Kripo sein.«
    »Genau, das haben wir.«
    »Tja, aber jetzt weiß ich einen, der ist noch dämlicher.«
    Ich legte auf.
    Auf der Website klickte ich noch eine Sparte mit der Überschrift Jobs an.
    Wir suchen ab sofort dringend Mitarbeiter
(männlich) für Weihnachtsevents. Vergütung: auf 400-Euro-Basis. Berufserfahrung
dringend erforderlich. Führerschein und Reisebereitschaft werden vorausgesetzt.
Vorteilhaftes Aussehen, Kenntnisse der deutschen Sprache und seriöses Auftreten
sind Bedingung .
    So kam mir die Idee, wie ich den Fall angehen würde. Wie Notebooms
schräger Bruder gesagt hatte: In der Undercoverarbeit konnte man eine Menge
lernen.

6
    Das Auenviertel war kein Stadtteil, sondern eine Welt für
sich. Manche munkelten, dass die Stadtplaner sich beim Bau der Anlage von der
Abgeschiedenheit der Lepra-Ghettos des achtzehnten und frühen neunzehnten
Jahrhunderts hatten inspirieren lassen, andere bestritten rundweg, dass sich
hier irgendjemand von irgendetwas hatte inspirieren lassen. Ursprünglich als
reines Gewerbegebiet geplant, hatte man eines Tages den Stimmen derjenigen
nachgegeben, die anführten, ein sozialer Brennpunkt am westlichen Stadtrand
könne die urbane Gefühligkeit bereichern und mithelfen, Münster vom ungeliebten
Image der braven Provinzstadt zu befreien. Also hatte man reihenweise Häuser
aus dem Boden gestampft und Wohneinheiten auf Grundstücken errichtet, die man
in anderen Stadtteilen als zu klein empfand, um ein Fahrrad darauf abzustellen.
Das Gewerbegebiet entstand natürlich auch und wurde zum Herzen des
Auenviertels. In einer Kaserne gleich nebenan lagerten ehemalige
Besatzungstruppen des Vereinigten Königreichs. Früher einmal als Schutzmacht
gegen die Russen dort stationiert, galten die Briten jetzt als Garanten für die
Existenz des Auenviertels, denn nur ihre militärische Präsenz vermochte zu
verhindern, dass die dort gerade erst Angesiedelten von heute auf morgen ihre
Sachen packten und woanders hinzogen, wo die Welt weniger trist aussah.
    Europas größter Anbieter von Weihnachtsartikeln jeder Art hatte sich
in einem äußerlich unauffälligen Betonquader eingerichtet, in dem man auf den
ersten Blick eher ein Jeans-Outlet oder eine Waschstraße vermutet hätte. Nur
der Eingangsbereich kündete von den Schätzen, die er verbarg: Der Kunde betrat
das Haus durch einen Hain aus künstlichen Christbäumen, die in allen
erdenklichen Sorten lieferbar waren: Tannen, Kiefern, Birken und Trauerweiden,
auch ein Mammutbaum mit integrierter Lichterkette blinkte festlich in allen
Farben. Im Haus konnte man alles bekommen: spezielle Abendkleidung für
Weihnachtsessen, essbare Weihnachtsunterwäsche und Weihnachtsbadezimmerbedarf.
Ein Tisch lockte sogar mit Weihnachtsosterhasen.
    Ich schob mich durch das Gedrängel und meldete mich an einer der
Kassen, von der falschen Seite, wodurch ich argwöhnische Blicke der Wartenden
auf mich zog. »Ich hatte angerufen«, wandte ich mich an die Kassiererin. »Wegen
der Stellenanzeige.«
    »Du kommst wegen des Minijobs?« Die Frau nickte. »Geh mal zu Herrn
Mönninghoff, bei dem kannst du die Aufnahmeprüfung machen. Du musst durch die
Abteilung für Weihnachtsautoreifen. Am Ende ist eine Tür, da steht ›Personal‹
drauf.«
    Eine Aufnahmeprüfung?
    Herr Mönninghoff war ein stark transpirierendes Schwergewicht, das
seine Umgebung für seine schlechte Laune büßen ließ. Er duzte mich ebenfalls,
schätzte mit einem mürrischen Blick meine Maße und überreichte mir ein rotes
Kostüm, eine Mütze mit weißem Bommel und einen Rauschebart aus Kunststoff.
»Also gut, zieh das an, und dann werden wir sehen, was du so draufhast.«
    »Sie meinen die Aufnahmeprüfung?«
    Er musterte mich missgelaunt. »Versuch bloß nicht, komisch zu sein,
du Schlaumeier. Das hat mir heute noch gefehlt.«
    Bis zu diesem Moment hatte ich mir unter Weihnachtsmännern
rotbemützte und -wangige Kerle vorgestellt, die in Fußgängerzonen und
Kaufhauseingängen herumstanden, mit Glocken läuteten und Ho,
ho, ho! riefen. Diese Fehlinformation hätte mich beinahe durch die
Aufnahmeprüfung rasseln lassen. Der Event-Weihnachtsmann hatte ein völlig
anderes Berufsbild: Seine Aufgabe war es, den jeweiligen Kunden bei Laune zu
halten, ihm Häppchen und Getränke zu servieren, bei Bedarf Gedichte aufzusagen
oder ein Lied anzustimmen, ferner nötigenfalls

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