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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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musste, wenn ich ihn
überzeugen wollte. Aber er setzte sich wieder hin.
    »Erzähl mir von den Stellschrauben«, bat ich.
    »Im Hinblick auf deinen tollen Nachbarn, den Hauptkommissar. Es ist
ganz einfach, Ole: Jeder hat Leichen im Keller, das ist sozusagen ein
moralisches Grundgesetz. Und wenn dir einer erzählt, er hätte keine, dann lohnt
es sich erst recht, seinem Gewölbe einen Besuch abzustatten.«
    »Wo wir schon bei Nachbarn sind, da fällt mir noch etwas ein: War
die Klamm zufällig Karnevalistin?«
    »Soviel ich weiß, hat sie nur telefoniert. Und Humor hatte sie schon
gar nicht. Stattdessen geierte sie ohne jeden ersichtlichen Anlass los wie ein
Huhn. Es war unerträglich.«
    »Die geborene Karnevalistin also«, nickte ich. »Und Strumpf auch.
Ich habe ein Foto mit den beiden. Vielleicht kommen wir da auf eine andere
Spur.«
    »Ich kenne die Aufnahme.« Gorbitsch schüttelte den Kopf. »Das ist
kein Karneval. Das ist Revolution.«
    »Wie bitte?«
    »Strumpf und Klamm. Beide waren Sandinisten.«
    »Sandinisten? Die gibt’s doch nur in Mittelamerika.«
    »Denkst du vielleicht. Im Teutoburger Wald gab es auch eine Gruppe,
die sich so genannt hat.«
    Ich kicherte amüsiert. »Du verarschst mich doch, oder?«
    Gorbitsch blieb ernst. »Das waren die siebziger Jahre. Die
Solidarität mit den Unterdrückten kannte keine Grenzen. Natürlich denkt man
heutzutage nicht mehr so gern an diese Zeit zurück.«
    Ich nickte. »Und wenn man es in der Politik noch zu etwas bringen
will, vergräbt man sie irgendwo, wo niemand sie finden kann.«
    »Wo hast du das Foto?«
    »Düsseldorf hat es mir abgenommen. Wahrscheinlich dreht er mir einen
Strick daraus, weil ich bei der Klamm eingestiegen bin und es aus einem
Bilderrahmen geklaut habe.«
    Mein Expartner lächelte geheimnisvoll. »Wird er schon nicht, keine
Sorge.«
    »Er wird nicht? Was meinst du damit?«
    Aber er sollte recht behalten.
    Noch bevor es Mittagessen gab, erschien Hauptkommissar Düsseldorf
auf der Bildfläche und forderte mich auf, mir meine persönlichen Habseligkeiten
abzuholen.
    »Ich darf also gehen?«, wunderte ich mich. »Der Mord ist aufgeklärt?«
    Er nickte und kratzte sich am Kopf. »Bis jetzt noch nicht so ganz,
was Ihre zweite Frage angeht.«
    »Aber warum lassen Sie mich dann laufen?«
    »Unserer Einschätzung nach besteht keine Verdunkelungsgefahr«,
erklärte der Hauptkommissar. »Außerdem reicht das belastende Material nicht zur
Anklageerhebung aus.«
    »Aber das war gestern Nacht doch auch schon so.«
    Ich ließ mir meine Jacke zurückgeben, und Düsseldorf bugsierte mich
in einen Besprechungsraum. Tische standen in U-Formation um ein Flipchart
herum. Die Heizung bollerte, und es roch muffig.
    »Hören Sie, was diese Ermittlung angeht, stehen wir ziemlich unter
Druck.« Er kratzte sich schon wieder am Kopf, eine Geste der Verlegenheit, fast
schuldbewusst. »Öffentlichkeit und Politik erwarten von uns gleichermaßen, dass
wir unseren Job erledigen. Und ich habe Ihnen schon mehr als einmal gesagt, wie
dankbar ich Ihnen wäre, wenn Sie als privater Ermittler ein wenig diskreter
vorgehen würden.«
    »Sie meinen, gewisse Herrschaften üben Druck auf Sie aus, dass ich
mich heraushalte?«
    »Das haben Sie gesagt.«
    »Aber wenn es so wäre«, sagte ich, »würde ich gern wissen, welche
Herrschaften. Immerhin wollte mir gestern jemand diesen Mord anhängen.«
    Energisches, geradezu hektisches Kopfkratzen. »Glauben Sie mir, wir
wissen, was wir zu tun haben. Halten Sie sich einfach zu unserer Verfügung und
stehen Sie der Ermittlung nicht im Wege.«
    »Würde ich ja gern«, sagte ich. »Aber meine Klientin hat mich
ausdrücklich darum gebeten, jeden Stein umzudrehen. Sie traut der Kripo nicht.«
    »Sie traut ihr nicht?«
    »Ihrer Ansicht nach ist sie der Arm des organisierten Sozialneids,
der gut verdienende Liberale wie sie unter Generalverdacht stellt.« Ich tastete
in der Innentasche meiner Jacke und zog ein Foto heraus. »Wie geht’s eigentlich
Ihrem Schwiegervater, dem Literaturprofessor?«, erkundigte ich mich leutselig.
    »Gut.« Er wurde misstrauisch. »Wie kommen Sie jetzt auf den?«
    »Da Sie ja für ihn schon das Buch der Bolzenius als
Weihnachtsgeschenk haben, hätte ich eins für Ihre Schwiegermutter.« Ich reichte
ihm den Schnappschuss: Das war er, Düsseldorf, reichlich beschickert, und auf
seinem Schoß rekelte sich eine nackte Schönheit.
    Der Kommissar warf einen Blick darauf und erbleichte.
    »Und wenn nicht, behalten Sie es«,

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