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Tod von Sweet Mister

Tod von Sweet Mister

Titel: Tod von Sweet Mister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Woodrell
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sie schluckte sie immer sofort wieder herunter.
    »Mom, wissen wir, wo der Weg hinführt?«
    »Eigentlich nicht. Bleib ganz nah.«
    Der Pfad bog um die Ecke und tauchte ab in die klammen Wälder. Hier roch es wie im schimmligen Keller eines unsichtbaren Hauses. Die Bäume wuchsen höher und standen näher am Weg. Ich überlegte, ob es hier Hinterhalte geben könnte, dieser feuchte Abschnitt war dafür bestens geeignet.
    »Lass mich nach vorn – ich hab ein Messer.«
    »In Ordnung. Geh nur nicht zu schnell.«
    Nirgendwo gab es ein Licht, das uns in dieser sumpfigen Senke geholfen hätte. Es war vollkommen finster, aber ich bildete mir ein, ich könnte die Umrisse der Klinge sehen, die sich in den Raum vor uns bohrte und den Weg frei machte. Ich hätte damit auf alles Mögliche stoßen können. Glenda hielt sich dicht bei mir, hatte einen Finger in eine Gürtelschlaufe meiner Jeans gehakt. Ein Stück weiter war der Sumpfgeruch ganz faulig, so umfassend und süß war er. Der Weg fühlte sich unter meinen Füßen nun weicher an, matschiger, und die Äste der Bäume ragten herunter und bildeten eine niedrige Decke.
    Glenda zog an meiner Gürtelschlaufe.
    »Stampf mal ab und zu mit dem Fuß auf.«
    »Wozu?«
    »Damit die Schlangen uns hören.«
    Schritt, Schritt, Stampf.
    Schritt, Schritt, Stampf.
    Der Weg ließ den Sumpf hinter sich und wurde wieder erdiger. Der Wald roch sehr frisch. Wir gingen im gleichen Entengang weiter und weiter, ihre Finger bei mir eingehakt, die Klinge in meiner Hand; wir tasteten uns den Weg entlang wie Blinde, die eine unbekannte Straße überquerten.
    Ich hörte Pfoten patschen und etwas klappern, aber die Hunde waren nicht zu sehen, bis sie nur einen Sprung von uns entfernt stehenblieben und knurrten. In einem Haus etwas ab von der Straße konnte ich ein Licht brennen sehen. Die Hunde bellten wütend. Ihr Atem strich mir über die Knöchel.
    Glenda drückte sich fest an meinen Rücken.
    Die Hunde setzten zum Angriff an.
    Ich war gewillt zuzustechen, aber es waren zwei.
    »Warum rufen die nicht ihre gottverdammten Köter zurück?« sagte ich.
    »Die Leute auf dem Land wollen es wohl so.«
    »Einen erledige ich auf jeden Fall.«
    Wir gingen rückwärts, Glenda klammerte sich an mich, die Schuhe in ihren Händen schlugen mir gegen den Rücken. Wir schlichen ganz langsam zurück, und die Hunde folgten uns hungrig, hungrig, hungrig, sie wollten uns fressen, jedenfalls klang es so. Im Farmhaus rührte sich niemand. Ich hielt das Messer mit der Spitze nach unten, bereit zuzustechen, und ich dachte an große weiße Zähne, die mir mit Genuss Fleisch herausrissen.
    »Nicht treten – die kriegen deinen Fuß.«
    Die Hunde waren nie deutlich zu sehen. Aber dem Lärm, dem Scharren der Krallen und dem Schnaufen nach zu urteilen, waren sie ziemlich groß. Wir tropften den Pfad entlang, so wie Pisse das Bein hinuntertropft, wenn man einen Schlag in den Magen gekriegt hat. Glenda drückte sich fest an mich. Ich war bereit zu spüren, wie sich die schmale helle Klinge in etwas bohrte, das atmete und uns bedrohte. Ich wollte fühlen, wie sie in das Herz von etwas Lebendem schnitt.
    »Sie bleiben stehen, Schätzchen. Sie hauen ab.«
    »Muss wohl das Ende ihres Gebietes sein.«
    »Ich höre niemanden rufen.«
    »Lass uns schneller gehen.«
    Wir gingen schneller weiter, setzten unsere Schritte blind, taten aber so, als könnten wir sehen.
    An der Tankstelle linste Glenda durchs Fenster der Hintertür und sagte dann: »Wir brauchen ein Telefon, Shug.«
    »Wen willst du denn anrufen?«
    »Du weißt schon, wen.«
    »Meinst du, er kommt?«
    Sie wies auf die alte Tür der baufälligen Tankstelle.
    »Telefon.«
    Ich klaute uns auch eine Schachtel Zigaretten, und wir hockten uns in den schwärzesten Schatten draußen und warteten. Die Zigaretten waren die falsche Sorte, aber in dieser Situation schon okay.
    »Shug, findest du nicht, dass er irgendwie süß ist?«
    Mein gestreiftes Hemd rutschte ihr von den weißen, weißen Schultern, und sie zog es immer wieder hoch. Der Schatten, in dem wir saßen, lag an der Westwand der Tankstelle. Diese Sorte Zigaretten schmeckte mir tatsächlich besser als die, an die sie mich gewöhnt hatte, aber das behielt ich für mich.
    »Nein.«
    »Er ist nicht süß?«
    »Das würde ich ganz sicher nicht behaupten.«
    »Auf seine eigene Art, meine ich.«
    »Nein.«
    »Aber er sieht doch ziemlich vornehm aus. Oder?«
    »Das Beste an ihm ist sein Auto.«
    »Ich finde ihn auf seine eigene Art

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