Tod von Sweet Mister
neuen Platte, Wumm, weil kaum eine sauber an der nächsten lag. Manche Nähte waren aufgeplatzt, und zwischen den Platten wuchs alles Mögliche.
»Red«, sagte Glenda, »wir sind fürchterlich hungrig.«
»Du kriegst schon noch was.«
»Wir waren schon hungrig, als wir losgefahren sind.«
»Denk nur an die Ribs bei Bud’s und an das kühle Bier.«
»Aber … ich erinnere mich gar nicht daran, dass dies die Straße zum See ist.«
»Ich muss erst noch einen Kumpel besuchen.«
»O nein. Nein.«
»Du solltest erst jammern, wenn’s wehtut.«
An einer Kreuzung war eine Tankstelle, die dort gebaut worden war, als dies noch die Hauptstraße war. Auf dem Schild war ein verblichenes Pferd mit Flügeln abgebildet. Das Schild war verrostet, das Holz des Gebäudes verwittert, die Farbe abgeblättert. Das Haus war an einer Seite schief, das Dach machte ein Hohlkreuz. Draußen standen zwei weißliche Zapfsäulen, auf einer Bank neben der Tür saß ein alter Mann.
Der alte Mann winkte, und wir winkten zurück.
»Da ist es«, sagte Red. Damit meinte er eine Lehmstraße, eher ein Trampelpfad, gleich hinter der Tankstelle. »Hier biegen wir ab.«
Die Straße war nur ein schmaler Erdstreifen, der uns an Farmhäusern vorbei und um ein paar scharfe Ecken herum hinunter in eine Senke klammen Waldes führte, dann wieder hinauf zu einem geraden Abschnitt, vorbei an Feldern voller Unkraut, die im Sonnenuntergang ganz golden waren. Jenseits der Felder stand das Haus.
»Wo sind wir?« fragte Glenda. »Wo sind wir hier gelandet?«
»Bei einem Freund.«
»Welchem Freund?«
»Kennst du nicht, Kleines. Musst du auch nicht kennen.«
Das Haus stand an dem Weg, lag aber tiefer. Die Straße war auf Höhe der Verandalampe. Das Haus war schmutzig weiß und hatte mehrere Stockwerke. Oben lagen Dachfenster wie zusammengedrückte Augen, die argwöhnisch alles genau beobachteten. Das Dach war an drei, vier Stellen aufgewinkelt und mit schwarzen Metallstreben abgestützt worden. Drinnen brannten viele, viele Lichter.
Auf dem Hof war auch eine Lampe, eine große weiße Kugel an einer Stange. Neben der Lampe standen jede Menge Autos, auch Pick-ups, einer mit einem hölzernen Schweinepferch auf der Ladefläche, ein anderer mit Futtersäcken. Die anderen Autos waren alle verdreckt.
Red parkte bei den anderen Wagen.
Ich konnte im Haus Leute sehen, die unter einer Qualmwolke Karten in den Händen hielten. Ich konnte Hände sehen, die Würfel schüttelten. Ich konnte sehen, wie Gläser gehoben und Dollarscheine hingeworfen wurden.
»Bin sofort wieder da«, sagte Red. »Und ihr könnt keine Musik hören, das schafft die Batterie nicht mehr.«
Glenda und ich saßen einfach blöd herum, es wurde dunkel, und wir sagten kein Wort, bis es ganz finster war und die Insekten lärmten.
»Tut mir leid«, sagte sie. »Ich sollte seine Tricks ja nun langsam kennen. Ich schätze, ich bin dumm.«
»Nein, bist du nicht.«
»Ich sollte seine Tricks wirklich langsam kennen.«
»Tust du doch. Du kennst sie.«
»Meinst du?«
»Ja, du wusstest doch, dass er irgendwas mit uns vorhatte, richtig? Du wusstest, dass er irgendeinen Mist machen würde.«
»Ich hatte so eine Ahnung, ja.«
Ich konnte ihn im Haus sehen, wie er sich sein öliges Haar nach hinten strich, sich durch die Menge zu einem Tisch vorarbeitete und sich hinsetzte.
»Glenda, er hat zu mir gesagt, er liebt dich.«
»Hat er das? Ach, Schätzchen.« Sie legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Dann streckte sie die Hand aus und drückte mein Knie. »Überleg dir mal, was ich wohl darüber denke.«
Er kam pleite zu uns zurück und wollte ihre Bluse, um es noch einmal zu versuchen. Er war nicht allein. Glenda und ich waren eingeschlafen, hatten uns in der Kabine des Pickups aneinandergelehnt, und die Wörter, die er sagte, ergaben erst nach und nach einen Sinn.
»Mach hin, Glenda. Schieb deinen Arsch da raus.«
Der Mann, der bei ihm war, hatte im Dunkeln eine kräftige Gestalt, wie er da so neben Red zwischen dem Pick-up und dem Hoflicht stand. In seinem Mund glühte eine Zigarette. Auf dem Kopf hatte er einen Hut mit Cowboyband drum herum.
»Ich sag dir, die ist was wert«, erklärte Red.
»Hast du bereits gesagt. Du wiederholst dich.«
»Weil’s stimmt.«
»Sagst du.«
»Wird dir gefallen, da wett’ ich drauf.«
»Du hast doch kaum eine Wette gewonnen, seit du hier aufgekreuzt bist.«
»Das Glück kommt und geht, richtig? Meins kommt gerade.«
Glenda und ich stiegen aus,
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