Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod von Sweet Mister

Tod von Sweet Mister

Titel: Tod von Sweet Mister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Woodrell
Vom Netzwerk:
gut auf der Haut an, manche stachen, aber es blutete nie so richtig.
    Einmal kam ich zerkratzt zurück und sagte: »Wirf gerade, Granny. Oder wirf gar nicht.«
    »Wenn ich so eine große Memme wäre wie du, Junge, würde ich es lieber nicht so zeigen.«
    Ich weiß nicht, wie viele Zeitungen wir warfen, eine ganze Menge jedenfalls. Die Leute sprengten ihre Rasenflächen und nickten uns zu. Kinder holten mit dicken Plastikschlägern nach Plastikbällen aus. Frauen kauerten in Blumenbeeten und gruben Erde um. Aus manchen Häusern drang das Klappern des Kochgeschirrs bis zu uns heraus.
    Am Ende der Route teilte uns Carl das Ergebnis mit.
    »Tja, du solltest deine alte Granny eigentlich schlagen«, erklärte sie.
    »Hab ich ja auch.«
    Carl fuhr auf den Friedhof und bis zum Haus. Er trat auf die Bremse, stellte das Radio leiser. Das Haus war bis auf die Fliegentür offen, und es stand ein Auto davor.
    »Solltest du zumindest.«
    »Hab ich doch auch.«
    »Wär doch traurig, wenn du mich nicht schlagen könntest.«
    »Aber das hab ich doch, Granny. Und beim nächsten Mal noch deutlicher.«
    Carl hatte angefangen, zu einem Song im Radio zu singen. Er sah zu mir zurück und lachte ein paarmal auf.
    »Warum rennst du nicht los?« fragte Granny. »Raus mit dir, lauf zu deiner Mama. Schau mal, ob Mama nicht einen Keks für dich hat.«
    »Mach ich. Bis später, Carl.«
    Jemand hatte sich in der Küche immer und immer wieder blutend im Kreis gedreht. Teller waren herumgeflogen und hatten überall Dreck gemacht. Das Blut hatte komische Flecken und Schlieren am Herd hinterlassen, an den Wänden, auf dem Boden, an der Decke. Scherben lagen auf dem Boden. Im Radio lief alter Rock ’n’ Roll, bei dem sich die Texte reimten. Am Tisch fehlte ein Bein, er war zur Seite gekippt, als habe er sich zum Beten hingekniet.
    Wir hatten uns angewöhnt, dass ich mich auf das Dach des Schuppens setzte und Ausschau hielt, wann immer Jimmy Vin da war. Ich konnte mir nie ganz sicher sein, nach welchem Wagen ich Ausschau halten musste, welcher diesmal das Unheil brachte. Ich suchte Red in jedem Wagen, jedem Pick-up, suchte nach der geölten Tolle, den dicken Armen.
    Ich zückte mein Messer.
    Ab und zu packte uns Jimmy Vin in den Thunderbird, und wir fuhren an Orte, die er mochte. Er und Glenda lachten viel miteinander. Sie lächelten und lächelten, außer wenn draußen etwas Glenda nervös machte und sie sich duckte. Er aß gern, und meistens fuhren wir irgendwohin, um etwas zu essen. Ein Lokal am See hatte Nudeln, die waren wie Röhren, und Wurstscheiben, die ich noch nie in Tomatensoße gesehen hatte. Glenda und ich genossen das Essen, schmatzten und schmatzten, bis Jimmy schließlich sagte: »Zu wenig Knoblauch. Und ein bisschen zu viel Zucker in der Soße. Ansonsten ganz okay.«
    In der Spüle gluckerte Wasser. Hier und da liefen noch immer ein paar Blutstropfen die Wände hinunter. Die Musik hatte ich noch nie gemocht, ich machte sie aus.
    Jimmy Vin hatte immer Spaß daran, Geld auszugeben, und Glendas Augen leuchteten dabei. Er schaute nie auf die Preise, nur auf die Auswahl. Oft bat er um besondere Beilagen aus der Küche. »Etwas so Einfaches wie eine Scheibe süßer Zwiebel auf einem Burger macht ihn gleich um zwei Sterne besser.« Die Trinkgelder, die er gab, waren so hoch, dass die Kellnerinnen uns bis auf den Parkplatz begleiteten und uns eine gute Heimfahrt wünschten.
    Hände hatten bis in den Flur blutige Zeichen an die Wände geschrieben. Die Zeichen waren verschmiert. Glendas Zimmer war am Ende des Flurs. Ihr Zimmer mit dem Bett war am Ende des Flurs.
    Sie fingen irgendwann an, sich direkt vor meinen Augen zu küssen.
    Ich klappte die Klinge auf und schlich voran.
    Ein Bettlaken lag im Flur.
    Es gab gewisse Dinge, die wollte Jimmy Vin auf ganz bestimmte Weise. Er wollte, dass sie ihre Haare mit viel Spray zu einer harten, runden Frisur hochkämmte, zu einem Helm aus Haaren. Er fand, dass viel Make-up besser aussah als wenig. »Schätze, mein Geschmack ändert sich nicht mehr«, sagte er. »Du bist meine Puppe.«
    Auf dem Laken lagen büschelweise rabenschwarze Haare, wie nach einem Kampf zwischen Katzen.
    Jimmy Vin trug für diese Gegend ungewöhnlich oft Krawatten.
    Glenda gewöhnte sich an, über ihn zu reden, wenn wir allein waren.
    »Glaubst du nicht, dass er ein guter Vater wäre?«
    »Ich interessiere mich nicht sonderlich für Väter. Väter können mich mal.«
    Das Schlafzimmer sah gar nicht mal so schlimm aus, abgesehen von

Weitere Kostenlose Bücher