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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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einfach nicht
     in den Kopf. Sie hätten ihre Kommentare hören sollen: »Nur Buren können so dämlich sein, einen runden Ball und zwei Netze
     gegen diesen Schwachsinn einzutauschen«, das war so etwa der Grundton. Wir wollten dribbeln und kicken, nicht aufnehmen und
     passen. Es schien, als wäre dieses seltsame Spiel gegen unsere Natur. Ganz zu schweigen von der Abseitsregel. Aber Moosa behielt
     die Nerven, und Morape sprach uns Mut zu, und am Samstag, eine Woche vor dem Spiel, gingen wir noch vor Sonnenaufgang hinaus
     zu einem Geheimtraining auf einem freien Stück Land am Fluss, zwei schwarze Teams gegeneinander, eine Art Testspiel, um das
     erste Team zusammenzustellen.
    Es war nicht schön. Moosa verlor zum ersten Mal die Beherrschung, warf die Arme in die Luft und meinte, es sei unmöglich,
     es sei einfach nicht möglich, aus einer Meute schwarzer Idioten, die nur Fußball im Hirn hatten, siegreiche Rugby-Spieler
     zu machen. Er stürmte vom Feld und setzte sich unter einen großen Baum, hielt den Kopf zwischen den Händen, und wir standen
     da, unsere Körper dampften in der Kälte, und wir wussten, wie Recht er hatte. Es war nicht so, dass wir es nicht versucht
     hätten. Nur, wir hatten einfach ein Handicap, und das lag in unseren Herzen. Wenn du weißt, dass du geschlagen wirst, fällt
     es schwer, dich in die richtige positive Stimmung zu bringen.
    Morape setzte sich neben Moosa, und sie redeten, eine |409| Stunde oder noch länger. Und dann kamen sie zurück, und wir setzten uns um sie, und Morape begann zu uns zu sprechen.
    Er war ein Tswana. Ein Mann mit einem Gesicht wie ein Adler, nicht groß oder stark, nicht sehr clever, aber er hatte etwas
     an sich, das einen zuhören ließ. Und an diesem Morgen, am Arsch der Welt, hörten wir zu. Morape sprach leise. Er sagte, bei
     dem Spiel gehe es nicht darum, Mpayipheli aus dem Gefängnis zu bekommen. Was mir einige dreckige Blicke einbrachte. Er sagte,
     bei dem Spiel gehe es um den Freiheitskampf. Das Spiel war uns aufgezwungen worden, in einem Land, das uns nicht haben wollte,
     von Menschen, die glaubten, wir seien nicht gut genug. Genau wie zu Hause. Und auch wenn wir uns das Schlachtfeld oder die
     Strategie, die uns am meisten zusagte, nicht selbst aussuchen konnten,
war es möglich,
hier und jetzt. Denn wenn wir auf unser Land blickten und sagten, nein, die Weißen haben mehr Waffen, mehr Geld, sie sind
     besser ausgerüstet, haben die bessere Technologie und befinden sich in der besseren Position, sollten wir dann nicht gleich
     kapitulieren? Wenn wir kapitulierten, hier im Heiligen Mütterchen Russland, dann könnten wir auch gleich den Freiheitskampf
     aufgeben, dann hätten wir schon verloren, bevor wir überhaupt begonnen hatten. Es ging um Charakter. Um Kampfgeist. Um Wagemut,
     um Konzentration, um Aufmerksamkeit, um den unerschütterlichen Glauben, dass man alles schaffte, wenn man nur fest an sich
     und die Sache glaubte.
    Sport, sagte er, sei der Krieg der Armen. Der auf den gleichen Grundsätzen beruhte. Wir gegen sie. Zusammenhalt gegen eine
     überlegene Streitmacht. Solidarität. Taktik und |410| Strategie und Begeisterung. Um uns selbst und unsere Fähigkeiten und unseren individuellen und kollektiven Charakter auf die
     Probe zu stellen …
    Es würde ihm nichts ausmachen, wenn wir die Schlacht verlieren. Das passiert im Krieg, es passiert im Sport, es passiert im
     Leben. Aber wenn wir verlieren, weil wir nicht unser Bestes geben, dann sind wir nicht diejenigen, mit denen er in den Krieg
     ziehen will. Dann stand Morape auf und schritt über das grüne Gras und ließ uns nachdenklich zurück.
    An jenem Montag hängte er eine Liste mit den Namen der ersten Mannschaft an das Nachrichtenbrett, und mein Name stand darauf
     als linker Lock, und meine Knie zitterten. Aber ich war nicht mehr ›Tobela‹. Moosa hatte mich zu ›Tiny Mpayipheli‹ gemacht.
    Die restliche Woche trainierten wir jeden Tag. Morape stand zur stummen Erinnerung an seine Worte an der Außenlinie, daneben
     Moosa, unser Verbinder und Coach, der uns gedrillt hatte, und dann kamen die Trikots. Der Kommandant hatte sie in Moskau anfertigen
     lassen, grün und golden mit einem Springbock auf der Brust, und Morape sagte, »so, jetzt spielt ihr für euer Land«, und das
     Ganze nahm eine Dimension an, auf die wir nicht vorbereitet waren. Wir wollten uns wegen der Trikots beschweren, die in den
     Farben der Unterdrücker waren, da fragte Morape: »Welche Farben hat

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