Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman
Körper bebte vor Wut, und sein Mund versuchte Wörter zu verschlucken, die in Anwesenheit einer Frau nicht
geäußert werden sollten.
»Er ist
fort?« ,
brachte er schließlich heraus.
»Ja, Sir, er ist fort, das Militär hat ihn entgegen der ausdrücklichen Weisung der Ärzteschaft mitgenommen.« Sie sprach es
ruhig und tröstend, sie sah O’Gradys rotes Gesicht, seinen zitternden Oberkörper, und sie fragte sich, ob er noch in ihrem
Büro einen Herzinfarkt erleiden werde.
|477| »Schhhh…«, entfuhr es ihm, dann brachte er sich durch nahezu übermenschliche Anstrengung wieder unter Kontrolle.
»Es ist keine zehn Minuten her. Sie hatten noch nicht einmal einen Krankenwagen.«
»Haben sie gesagt, wo sie ihn hinbringen?«
»In Gewahrsam. Als ich Einspruch erhob, meinten sie, sie würden sich um die medizinische Versorgung schon kümmern.«
Der Fluch lag ihm auf der Zungenspitze, er hielt ihn zurück.
»Wie war sein Zustand?«
»Stabil, aber wir wollten noch einige Untersuchungen vornehmen. Ein Schlag wie dieser gegen den Kopf kann zu schwerwiegenden
Gehirnverletzungen führen.«
»War er bei Bewusstsein?«
»Er delirierte, würde ich sagen.«
»Die ganze Zeit?«
»Das weiß ich nicht.«
»Wer hat ihn abgeholt?«
»Ein Colonel Brits.«
Der Frust, die Wut, nichts mehr dagegen tun zu können, lief durch O’Gradys großen Körper. »Dieser Dreckskerl«, sagte er, und
dann konnte er die Schimpfwörter nicht mehr zurückhalten. »Dieser absolut beschissene, total miese Arsch von Dreckskerl«,
stieß er hervor und fiel wie ein großer Ballon, dem man die Luft herausließ, in sich zusammen.
»Geht es Ihnen jetzt besser?«, fragte die Oberschwester. O’Grady hörte sie nicht mehr. Er war bereits auf dem Weg durch den
Gang, das Handy in der Hand. Er würde mit |478| diesem Püppchen von Anwältin reden, aber erst wollte er Mat Joubert anrufen. Und Joubert musste Bart de Wit anrufen. Bart
de Wit musste den Regierungsbeauftragten anrufen, und der Regierungsbeauftragte konnte anrufen, wen er wollte, aber er würde
dafür sorgen, dass Bester Brits der Arsch aufgerissen wurde, bevor dieser Tag vorüber war.
Da sollte er sich täuschen.
Der Mann, dem man einen Spaten über den Schädel gezogen hatte, saß auf einem Holzstuhl der Verteidigungsstreitkräfte, in einem
abseits stehenden Containergebäude, das, versteckt in einem Dickicht von Port-Jackson-Feigenbäumen, am fernen Ende des Ysterplaat-Luftwaffenstützpunkts
lag. Er war nicht gefesselt, Handschellen waren nicht nötig. Bester Brits, der vor ihm stand, hatte alles unter Kontrolle:
Es gab keinen Grund, den anderen in seiner Bewegungsfreiheit einzuschränken.
Draußen standen vier Soldaten mit R5-Gewehren, außerdem war der Verletzte nicht in sonderlich guter Verfassung. Sein Kopf
schwankte von der einen zur anderen Seite, alle paar Sekunden verdrehten sich seine Augen, seine Atmung war schnell und unregelmäßig.
»Tut das weh?«, fragte Bester Brits und patschte ihm auf die purpurrote Wunde am Kopf.
Der Laut, den seine geschwollenen Lippen zuwege brachten, war kaum als »ja« zu verstehen.
»Wie heißt du?«
Keine Antwort. Brits hob wieder die Hand und hielt sie drohend über den anderen.
Ein Laut.
|479| »Was?«
»Ghaarie.«
»Gary?«
Ein Nicken, rollender Kopf.
»Wer hat dich geschickt, Gary, zu dem Haus, um die Frauen anzugreifen?«
Ein Laut.
»Was?«
»Bitte.« Erhobene Hände, um die Wunde zu schützen.
Brits schob die Hände weg und schlug erneut zu. »Bitte? Bitte was?«
»Mein Kopf.«
»Ich weiß, es ist dein beschissener Kopf, du Idiot, und ich werde dich so lange schlagen, bis zu redest, verstanden? Je schneller
du redest, umso schneller …«
Ein Geräusch.
»Was?«
»Oh-ri-un.«
»Orion?«
»Ja.«
Brits schlug wieder zu, die Wut von mehr als zwanzig Jahren, der Hass, die Verbitterung in ihm öffnete sich wie eine alte,
stinkende Eiterbeule. »Ich weiß, es war Operation Orion, du Arschloch!« Die Worte setzten Erinnerungen frei.
Gary stöhnte. »Nein, nein, nein.«
»Was meinst du mit ›nein‹?«
»O-ri-unShh…« Das Wort versank im Speichel, der ihm aus dem Mundwinkel troff.
»Was?«
|480| Keine Antwort. Gary hatte die Augen geschlossen, sein Kopf ging hin und her.
»Stell dich nicht bewusstlos, Gary.«
Es kam noch immer keine Antwort.
»Ich kann jetzt nicht mit dir reden«, sagte van Heerden zu Kara-An Rousseau.
»Ich hab’s im Radio gehört. Die
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