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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Gedanken an die neunzehn anderen Personen am Tisch zu verschwenden.«
    »Schutzlos? Er war nicht schutzlos. Er war Rugby-Spieler. Und er war ein Arschloch.«
    |221| »Glauben Sie, es macht Sie männlicher, wenn Sie fluchen? Glauben Sie, Sie werden dadurch stärker?«
    »Sie können mich mal. Ich habe Sie nie gebeten, mich zu mögen. Ich bin so, wie ich bin. Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig.
     Sie haben kein Recht, zu mir nach Hause zu kommen und mir zu erzählen, welch schlechter Mensch ich sei. Ich hab dem Arschloch
     eine verpasst, weil er es verdient hat. Er hat es doch den ganzen Abend nur darauf abgesehen. Mit seiner beschissenen Arroganz.«
    »Ich habe nicht das Recht dazu? Sind Sie der Einzige, der sich alle Rechte herausnehmen darf? Als Gast in einem fremden Haus,
     bei Kara-An, auf deren Hilfe Sie angewiesen sind, meinen Sie, Sie könnten einen ihrer Freunde angreifen wie ein Halbirrer,
     nur weil Ihnen sein Gehabe nicht gefällt? Sie haben ihm mit den Fäusten klar gemacht, welch schlechter Mensch er ist. Das
     war Ihr gutes Recht. Aber wenn ich das mit Ihnen mache, auf vernünftige, zivilisierte Art und Weise, dann reagieren Sie plötzlich
     empfindlich. Wo bleibt Ihr Sinn für Gerechtigkeit, van Heerden?«
    Er sank in seinen Sessel zurück. »Ich sagte Ihnen doch, ich bin ein schlechter Mensch.«
    Erneut entflammte blutrot der Fleck auf ihrer Wange, ein Glühen, das sich über das gesamte Gesicht ausbreitete. Sie beugte
     sich vor, weg von der Wand, heftig gestikulierend, während sie weitersprach. »Ach, die große Entschuldigung, die Antwort auf
     alles: ›Ich bin ein schlechter Mensch.‹ Denken Sie das mal zu Ende, Sie Feigling. Überlegen Sie mal, was geschieht mit der
     Gesellschaft, wenn jeder macht, worauf er gerade Lust hat, solange er nur zugibt, dass er ein schlechter Mensch ist? Wir können
     morden und vergewaltigen |222| und andere hintergehen und tätlich angreifen, weil wir schlechte Menschen sind. Damit lässt sich alles erklären, damit lässt
     sich alles rechtfertigen und entschuldigen.«
    Er stützte das Kinn auf, seine Finger bedeckten fast den Mund. »Sie würden es nicht verstehen.«
    »Nein, ich verstehe es auch nicht. Genau darum geht es ja. Ich bin hier, weil ich es verstehen möchte. Wenn ich weiß, wer
     Sie sind, kann ich wenigstens versuchen, es zu verstehen. Es zu begreifen. Aber Sie wollen ja nichts erzählen. Sie verbarrikadieren
     sich hinter Ihren unsinnigen Entschuldigungen, Ihren Ausflüchten, die auf jämmerlichen Argumenten beruhen. Reden Sie mit mir,
     van Heerden. Erzählen Sie mir, warum Sie so sind, wie Sie sind. Dann kann ich es vielleicht verstehen. Oder wenigstens Mitgefühl
     empfinden.«
    »Warum wollen Sie das wissen, Hope? Was ist mit Ihnen? Was spielt es für eine Rolle? Nächste Woche, wenn die van-As-Sache
     vorbei ist, sind Sie mich wieder los. Dann können Sie Ihre Kanzlei für Frauen, die unglücklichen Opfer der Gesellschaft, weiterführen
     und müssen nicht mehr an mich denken. Also, was spielt es für eine Rolle?«
    »Ihr Verhalten letzten Abend hat mich und neunzehn andere Menschen berührt. Sie haben mir eine Erfahrung zuteil werden lassen,
     auf die ich gut hätte verzichten können. Sie haben mich aufgewühlt. Sie haben mich gedemütigt, weil die anderen annehmen,
     Sie wären mit mir erschienen. Deshalb bin ich davon betroffen. Ich bin jetzt ein Teil Ihres Verhaltens. Deshalb stelle ich
     diese Fragen, wenn Sie schon nicht den Mut aufbringen, es selbst zu tun. Weil ich dadurch das Recht erhalten habe, es zu erfahren
     und zu verstehen.«
    Er schnaubte und rümpfte die Nase. »Ihre Reputation als |223| großartige Anwältin ist beschmutzt worden, weil Sie in meiner Begleitung erschienen sind. Und das gefällt Ihnen nicht.«
    »Sie sind davon überzeugt, nicht wahr, van Heerden? Dass jeder so selbstsüchtig ist wie Sie.«
    Sie ging auf ihn zu, ihre Joggingschuhe gaben kaum ein Geräusch von sich, sie setzte sich vor ihm auf den Beistelltisch, beinahe
     berührte ihr Gesicht das seine. Ihre Stimme klang eindringlich, die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus. »Ich habe die
     Nationalpartei gewählt, van Heerden. Vor’92. Bei zwei Wahlen. Weil ich geglaubt habe, dass die so genannte getrennte Entwicklung,
     die der Rest der Welt Apartheid nannte, richtig sei. Gerecht. Ich habe es geglaubt wie mein Vater und meine Mutter. Wie meine
     Freunde. Und deren Eltern. Wie meine Lehrer und Dozenten. Wie die ganze weiße Bevölkerung von

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