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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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durch körperlichen Schmerz, durch die Prügelei
     zweier Männer auf höchste, ekstatische Ebenen katapultiert wurde?
    Geld. Und Schönheit und prominente Eltern. Und Intelligenz. Das würde schon reichen. Sie würden das Leben erleichtern, aus
     den einfachen Freuden langweilige Dinge machen, sodass die Reizschwelle ständig erhöht werden musste. Schließlich verlangte
     sie nach dem Verbotenen, dem Bizarren, dem Abartigen.
    Aber es machte ihn nicht an.
    Zwiebeln in die Butter, die Flamme runterdrehen, sodass sie langsam sautierten.
    Und Hope? Die gute, treue Hope, die die Fackel der Gerechtigkeit vor sich her trug.
    Rigoletto:
    Grausamer Gott! Sie wurde getroffen
    Von der Klinge meiner gerechten Rache!
    Geliebter Engel! Sieh mich an, hör mir zu.
    Sprich, sprich zu mir, geliebte Tochter!
    Doch die Fackel loderte nicht mehr so hell. Und das beunruhigte ihn.
    Wenn er nur wüsste, warum.
    Die Hähnchenleber musste noch durchziehen. Dann würde |268| er sie mit den Zwiebeln anbräunen, die Passata, die Worcestersauce, Tabasco und die Marinade hinzugeben, zum Schluss einen
     Schuss Brandy.
    Und essen.
    Wann war er zum letzten Mal so hungrig gewesen? Hatte er einen solchen Appetit verspürt?
    Er würde seiner Mutter eine Schale davon bringen.
    Als Friedensangebot.
    Er ging zu einem Sessel, setzte sich, schloss die Augen.
    Lass die kleinen Leberstückchen die Aromen aufnehmen.
    Er lauschte der Musik.
    Bald würde er essen.
    Morgen würde es losgehen.
    Er gab einen tiefen Seufzer von sich.

[ Menü ]
    |269| Montag, 10. Juli
Noch drei Tage
    |271| 28
    Drei Monate verbrachte ich in Quantico, dem weitläufigen, feudalen FBI-Komplex in Virginia. Und jeweils zwei Wochen in Seattle
     und New York.
    Ich möchte Sie nicht mit Beschreibungen des vor Überfluss und Reichtum strotzenden Amerikas langweilen. Ich spare mir die
     Kommentare zu den gastfreundlichen, oberflächlichen, cleveren, freigebigen Bewohnern. (Ich merke, wie ich als Autor mir zunehmend
     selbst bewusst werde. Ich werde verführt von der Sinnlichkeit der Wörter, die darum betteln, von mir gebraucht zu werden.
     Ich genehmige mir reichlich von diesem Bankett der Selbstbeschreibung — ich denke, es ist ein ganz natürlicher Prozess: Fängt
     man erst einmal an, über sich zu reden, überwindet man erst einmal den – für Afrikaander typischen – Widerwillen gegen diese
     Egozentrik, wird daraus eine außer Rand und Band geratene Maschinerie, ein Monster, das sich selbst ernährt; erwächst daraus
     eine unwiderstehliche Verlockung, die der Geschichte mehr und mehr barocken Zierrat hinzufügt, bis diese mäandrierenden Abschweifungen
     ein Eigenleben gewinnen.)
    Ich werde mich daher in Selbstdisziplin üben.
    In Quantico lehrte man mich den Umgang und Gebrauch der Medien, man zeigte mir, dass Fernsehen, Radio und Zeitungen nicht
     Gegner der Polizei sind, sondern Instrumente, |272| die es einzusetzen gilt. Dass man dem unstillbaren Hunger der Medien nach Sensationen und Blut ein Zugpferd vorspannen konnte
     (und dass es angeraten erschien, sich fest an den Wagen zu klammern, falls das Pferd einen Bissen davon aufschnappen sollte).
    Man lehrte mich die Kunst des Profilings: wie die Psyche eines Serienmörders dingfest zu machen war und mit erstaunlicher
     Genauigkeit davon sogar dessen Kleidung, Verkehrsmittel und Alter abgeleitet werden konnten.
    Ich hatte ein grünes Schulheft mit dabei, meine Kopie der offiziellen Akte, und damit eröffnete ich erneut den Fall Baby Marnewick,
     meine private, inoffizielle Version.
    Meine ersten Zeugen waren die SACs, die
Special Agents in Charge,
Mitglieder der FBI-Abteilung für Verhaltensforschung — und jeder von ihnen untersuchte Serientäter in Amerika.
    Und dann kehrte ich zurück.
    Wendy holte mich am Flughafen ab — »warum hast du nicht geschrieben?« —, dennoch war sie außer sich vor Freude, befand sich
     ihr unwillig Verlobter doch auf dem besten Weg zum Doktortitel. »Du musst mir alles erzählen« — während meine Gedanken ausschließlich
     um mein grünes Schulheft kreisten.
    Eine Woche nach meiner Rückkehr fuhr ich, bewaffnet mit jeweils einem Schreiben meines Professors und des Polizeichefs sowie
     allem manipulativen Charme, den ich aufbringen konnte, nach Klerksdorp und bat um die offizielle Akte zum Fall Marnewick.
    Es dauerte zwei weitere Wochen, bis ich die Briefe an die Leiter aller Morddezernate im Land verschickt hatte, denn |273| so lange brauchte ich, bis ich deren Namen und Adressen ausfindig

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