Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman
Hilfe danken«, sagte Hope dem Nachtredakteur. »Vielleicht trägt dies ja dazu bei, eine grobe Ungerechtigkeit
zu korrigieren.«
|264| »Danken Sie nicht mir, sondern Kara-An. Sie hat mit Engelszungen geredet.« Er lächelte Kara-An zu, die mit angezogenen Beinen
auf einer kleinen Couch an der Wand saß.
Sie lächelte zurück. »Ich helfe, wo ich kann. Vor allem, wenn es darum geht, das Los einer Frau zu verbessern.«
Van Heerden und Hope gingen schweigend zum Lift. Er bemerkte, dass sie sich verändert hatte. Nachdem er bei Kara-An gewesen
war, hatte er sie von der Redaktion im NasPers Centre angerufen und ihr mitgeteilt, dass sie — er und Kara-An und Groenewald
— auf sie warteten, dass die Story am folgenden Tag erscheinen werde, worauf sie lediglich und ohne viel Enthusiasmus geantwortet
hatte, sie werde kommen. Er und der Kriminalreporter hatten am Artikel gefeilt, hatten vier, fünf, sechs Versionen erstellt,
bevor sie zum Nachtredakteur gegangen waren. Hope hatte mit Telkom die gebührenfreie Rufnummer ausgehandelt, aber sie war
anders, distanziert, ihre Gesten und Bewegungen hatten etwas Abweisendes, und sie blickte Kara-An nicht an.
Im Raum herrschte Spannung.
Am Eingang des Hochhauses zögerte sie. Es regnete, dunkle Regenböen fegten draußen über die Straße.
»Was ist los, Hope?«
Sie sah ihn verständnislos an.
»Was ist mit Ihnen?«
»Ich denke noch immer, wir hätten eine Belohnung aussetzen sollen.«
Sie hatten sich vorher darüber unterhalten. Er hatte sich dem Vorschlag widersetzt. Eine Belohnung rief nur die Verrückten |265| auf den Plan, die ihre Ehemänner und Frauen, Schwiegermütter und Stiefväter anklagen wollten.
»Oh«, sagte er.
Sie log, das wusste er.
Sie wollte nicht zum Joggen. Sie ließ sich auf die Couch fallen, lauschte dem Regen, der gegen das Fenster schlug; ihr fröstelte.
Was ist mit Ihnen?
Er hatte seine Seele an Kara-An verkauft.
Wollte sie seine Seele?
Nein. Aber sie war nahe dran gewesen, ihn kennen zu lernen, die wahre Person zu entdecken, die hinter der Aggression, den
sinnlosen Schlägereien und den Flüchen verborgen lag. Und jetzt hatte er sich wieder hinter seinen Mauern verschanzt, und
sie konnte von vorn beginnen.
Sie stand auf. Sie musste laufen. Am nächsten Tag würde es losgehen, und sie wusste nicht, wann sie wieder Gelegenheit haben
würde, etwas für sich und ihren Körper zu tun.
Große Lust hatte sie nicht dazu.
Im gläsernen Messbecher vermischte er Balsamico-Essig, Olivenöl, Zitronensaft, fein gehackten Knoblauch (wie immer, er liebte
dessen Geschmack) und Chilis, Kumin, Koriander und ein Lorbeerblatt. Darauf den frisch gemahlenen schwarzen Pfeffer.
Pavarotti sang den Rigoletto:
Beruhige dich, das Weinen nützt nichts;
Jetzt siehst du es selbst, dass er dich belog.
|266|
Beruhige dich, es wird meine Sorge sein,
Die Rache zu beschleunigen.
Sie wird schnell sein und unvermeidlich:
Ich werde ihn töten
.
Er hatte Hunger. Und er hatte Lust auf das Essen. Er konnte es bereits auf seinem Gaumen schmecken, stellte sich die dicke,
braune Sauce vor, er hatte frisches Weißbrot gekauft, das er in die Sauce tunken konnte, wenn die Hähnchenleber verzehrt war.
Er spülte die Leber, löste sorgfältig die Haut ab.
Hope. Und Kara-An.
Er legte die Leber in die Marinade, holte eine Zwiebel aus dem Kühlschrank, schälte und hackte sie. Seine Augen tränten.
In
Die gute Hausfrau
hatte er gelesen, dass Zwiebeln, bewahrte man sie im Kühlschrank auf, die Augen nicht tränen ließen. Es funktionierte nicht
immer.
Hope und Kara-An. Laurel und Hardy in der Frauenwelt.
Kara-An, die Perverse.
Sie machte ihn nicht an.
Eine Frau wie sie hatte er noch nie. Eine Frau, die Schmerzen leiden wollte.
Ihre Intensität, ihre Schönheit. Der Götter Sinn für Humor. Gib ihr alles. Einen Körper, Herr, dieser Körper, er hatte ihn
gespürt, nicht zu weich, nicht zu fest, ihre Brüste an seinem Brustkorb, ihre Hüfte, die sie gegen seine rieb.
Bratpfanne auf den Herd, Butter schmelzen lassen.
Ein Gesicht, in dem jeder Zug in vollkommener Harmonie zu allen anderen stand — eine Scheinfassade, wie in den |267| Wildwestfilmen, eine wunderbare optische Illusion, denn unter der Haut und dem Gewebe und den Muskeln und ihrem dichten Haar,
unter den Schädelknochen lag die graue Materie, die Synapsen, die falsch verkabelt waren.
Was war geschehen? Wie hatte sich Kara-An, das Kind, zu einer Frau entwickelt, die
Weitere Kostenlose Bücher