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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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erlassene Wasserrationierung verstieß und ihren Rasen sprengte,
     beobachtete zufällig, was geschah, und verständigte ihre beiden Untermieter, zwei Bergmänner. Sie stürmten in das Haus der
     Bibliothekarin. Victor Reinhardt Simmel riss ihr die Bluse vom Leib, drückte seinen Unterarm gegen ihren Hals, ihre Nase war
     gebrochen und blutete. Sie zerrten ihn von ihr weg, überwältigten und fesselten ihn. In der Zwischenzeit hatte die Nachbarin
     die Polizei alarmiert.
    In seinem Wagen fand man Pornografie — holländische Magazine mit expliziten Bondage-Fotos.
    Vielleicht fand man auch eine Rolle Kreppband im Wagen. Vielleicht wussten sie nicht, dass es mit allen Fällen im Zusammenhang
     stand.
    Victor Reinhardt Simmel.
    Kein Bergmann. Ein Techniker für Deutsche Maschine, eine Firma, die große industrielle Wasserpumpen für den Bergbau herstellte
     und wartete.
    In den Akten fand sich ein Bild von ihm. Er war klein und untersetzt, übersät mit zahllosen Narben, die von seinem verlorenen
     Krieg gegen die Akne kündeten.
    |319| Der Faden zwischen Simmel und den Kreppbandmorden war dünn, so schrecklich dünn — eine einzige kleine Nebenrolle bei einem
     der Morde, aber das war alles, was ich hatte, alles, was ich brauchte.
    Ich fuhr mit dem Foto nach Virginia und suchte nach Maria Masibuko, die nun eine achtunddreißigjährige Frau mit vernarbten
     Brüsten sein würde, in deren Gedächtnis aber das Gesicht des Mörders abgespeichert sein musste. Ich fand sie dort nicht mehr.
     Man sagte mir, sie sei nach Welkom gezogen. Laut eines weiteren Gerüchts lebte sie in Bloemfontein. Nach zwei weiteren Wochen
     spürte ich sie in der Entbindungsklinik in Botshabelo auf: eine Krankenschwester mit zierlichen Händen, in deren Bewegungen
     sich noch immer die Erinnerung an Schmerz und Hass zeigten.
    Sie besah sich das Foto, ganz kurz nur, dann zuckte ihr Mund …
    »Das ist er«, sagte sie. Und wandte sich ab, um den Brechreiz, der sie überkam, wieder unter Kontrolle zu bringen.

[ Menü ]
    |321| Dienstag, 11. Juli
Noch zwei Tage
    |323| 35
    Das Badezimmerlicht fiel durch den Wasserdampf der Dusche auf das Bett, er stand im Türrahmen und starrte auf die schlafende
     Kara-An: ihr dunkles, über das Kissen gebreitete Haar, die blasse Haut ihrer Schulter und ihres Oberarms, die Rundung der
     Brust, der wunderschöne Mund, der halb offen stand, ohne Lippenstift, dahinter die schmale weiße Kante ihrer Zähne, die leisen,
     rhythmischen Töne des Tiefschlafs. So viel Schönheit, sogar jetzt, so viel Schönheit, der Körper eines Engels, das Gesicht
     einer Göttin, im Schädel allerdings kaputte graue Materie, mein Gott, was für eine wilde Nacht, wie ein Tier war sie gewesen,
     ein Leopard, der in ihrem Gehirn gefangen saß, der kratzte und fauchte und biss und wie verrückt fluchte und keuchte — wie
     sehr musste sie sich hassen?
    Nackt stand er im Türrahmen, und der Schmerz, den er empfand, war schlimmer als die Kratzspuren und Quetschungen auf seinem
     Körper. Er musste sich anziehen, musste zur Arbeit, konnte sich aber noch nicht losreißen von der regungslosen Gestalt auf
     dem Bett, die in der vergangenen Nacht so dämonisch gewütet hatte.
    Er hatte vergangene Nacht etwas über sich erfahren.
    Er hatte eine Grenze erreicht, und er hatte sie nicht überschritten.
    »Tu mir weh«, hatte sie gesagt, ihn angefleht, angestachelt |324| und ihm dabei ins Gesicht geschlagen. Immer wieder, mit zusammengebissenen Zähnen, »tu mir weh«, und er hatte es nicht gekonnt,
     hatte in diesen rasenden Augenblicken versucht, die Fähigkeit dazu in sich zu wecken, und es nicht gekonnt.
    Er hatte ihr nicht wehtun, sondern sie trösten wollen. Trotz der Aggression, die in ihm war, trotz seines Hasses, trotz ihrer
     Beschimpfungen und der Schmerzen.
    Er hatte seinen Zorn zu wecken versucht, aber da war … etwas anderes gewesen. Er wollte sie trösten, ihr Mitgefühl entgegenbringen.
     Sie tat ihm Leid, so unendlich Leid. Was er fühlte, war nicht Lust, sondern Leid.
    Schließlich hatte er sich in sie geworfen und den Akt zum Höhepunkt gebracht, hatte sie, schweißüberströmt, festgehalten,
     während sie ihn und seine Impotenz verfluchte, seine Feigheit, seinen Verrat, bis er auf ihr lag, leer und müde, und das Schweigen
     zwischen ihnen so kalt und dunkel wurde wie die Nacht draußen. Dann hatte er sich von ihr weggerollt, hatte an die Decke gestarrt,
     bis er ihre weichen Hände auf seiner Brust gespürt hatte, sie hatte sich

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