Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman
eliminiert wurden?
Er starrte auf die Worte, die hingekritzelten Quadrate und Würfel, die Chronologie auf dem Zettel.
De Jager, Schlebusch, der Dritte. In einer gemeinsamen Aktion im Jahr’76. Und in den Achtzigern kehrte de Jager mit einem
neuen Namen zurück. Hatte ihm der Militärische Nachrichtendienst die neue Identität verschafft? »Fang ein neues Leben an,
nimm deine Dollar und halt den Mund!«
Und dann hatte Bushy Schlebusch seine Dollar verjubelt, und er kam mit seiner M16 und seinem Schweißbrenner und holte sich
neue?
Noch zu viele offene Fragen.
Die eigentlich alle nicht zählten.
Was zählte, war Schlebusch. Schlebusch hatte das Testament. Und die Dollar und die M16.
Was zählte, war, wie sie Schlebusch finden sollten.
Er hatte einen Plan.
Sein Telefon klingelte.
»Van Heerden.«
»Der Militärische Nachrichtendienst war hier«, sagte Hope Beneke.
»Bei Ihnen zu Hause?«
|315| »Sie wollen, dass wir die Ermittlungen aufschieben, damit sie unsere junge Demokratie beschützen können. Und uns.«
»Das ist ein neuer Ansatz.«
»Sie waren sehr höflich.«
»Das dürfte ihnen nicht leicht gefallen sein.«
»War es auch nicht.«
»Und was haben Sie geantwortet?«
»Ich sagte nein.«
Er machte den Abwasch und dachte über Hope Beneke nach. Sie war voller Überraschungen. Idealistisch, naiv, loyal, temperamentvoll,
direkt, ehrlich, nicht schön, aber sexy, trotz allem sexy. Wie wäre es, ihren netten Hintern in Händen zu halten, die Hände
über die Backen zu wölben, in sie einzudringen, wie wäre es mit ihr im Bett, naiv? Oder würde dieselbe Energie, die sie dazu
veranlasst hatte, mit ihm über die Schlägerei mit dem Arzt zu reden, dieselbe Tiefe, die ihr rotes Zornesmal zum Glühen brachte
…
Eine Erektion wuchs dem Rand des Abwaschbeckens entgegen.
Ein Lichtschein, der durch sein Fenster fiel, ließ ihn aufblicken.
Um diese Nachtzeit? Eine Autotür wurde zugeknallt, er runzelte die Stirn, trocknete sich die Hände, ging zur Tür, öffnete
sie, und der Wind blies Kara-An herein: enger schwarzer Pullover, von der Kälte aufgerichtete Brustwarzen, schwarze Hose,
hohe Absätze. Sie knallte hinter sich die Tür zu, ihr Mund breit und scharlachrot: »Ich wollte mir berichten lassen, wie’s
so läuft«, und hielt ihm eine Flasche Champagner hin.
|316| »Deshalb sind Sie nicht gekommen.«
Halb lächelnd sah sie ihn an. »Sie kennen mich.«
»Ja.«
Sie waren einen Schritt voneinander entfernt.
»Nimm mich«, sagte sie; ihre Augen verdunkelten sich.
Er betrachtete ihre Brustwarzen, bewegte sich nicht.
»Nimm mich, wenn du kannst.«
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Ich fand seinen Namen unter Hunderten anderer.
Ich vergrub mich, schürfte wochenlang in den Aufzeichnungen aller Sexualstraftäter zwischen den Jahren 1976 und 1978, die
eine Gefängnisstrafe abgesessen hatten. Und fand seinen Namen auf einer der Vergleichslisten, die meine Wand dekorierten.
Victor Reinhardt Simmel.
Nicht mehr als ein goldschimmernder Fleck im grauen Erz der Informationen, der nicht sofort hell aufleuchtete, sondern zunächst
beinahe unsichtbar blieb. Ich listete jeden auf, der bei den Zeugenaussagen zu den einzelnen Morden befragt worden war. Bei
den Ermittlungen zum Tod der einundzwanzigjährigen Bedienung in Carletonville tauchte ein Victor Reinhardt Simmel auf. Flüchtige
Notizen: einige Stammgäste im Restaurant, wo sie gearbeitet hatte, wurden befragt. Er war einige Male da gewesen, sie hatte
ihn bedient. Er stritt ab, irgendetwas zu wissen, brachte sein Bedauern zum Ausdruck. Es gab nichts, was ihn aus der Masse
der anderen Verdächtigen herausgehoben hätte.
Und schließlich im Strafregister: Am 14. Juli 1976 wurde ein Victor Reinhardt Simmel vom Magistratsgerichtshof in Randfontein
zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren verurteilt. Der Anklagepunkt: Versuchte Vergewaltigung einer sechsundzwanzigjährigen
Bibliothekarin sowie Besitz pornografischen |318| Materials. Ich ging den Ermittlungsakten nach. Ein Gelegenheitsverbrechen: Sie ging in der Dämmerung des frühen Abends nach
Hause, steckte den Schlüssel in die Tür, schloss auf, Simmel fuhr zufällig vorbei, blieb an ihrem Gartentor stehen, stieg
aus, fragte freundlich nach einer Wegbeschreibung, plötzlich packte er sie am Arm und zwang sie ins Haus. Sie hatte geschrien,
er hatte sie ins Gesicht geschlagen und gedroht, sie umzubringen.
Die Nachbarin, die gegen die während der großen Dürre von’76
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