Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman
mit ihrem warmen Körper an ihn gedrängt und war eingeschlafen.
Er hatte an nichts gedacht und die Türen zu seiner Seele geschlossen.
Hope Beneke schritt durch die eisige trockene Kälte des frühen Morgens zum Flughafengebäude in Bloemfontein und war erstaunt
über das ausgebleichte Gras und das helle Licht der blassen Sonne. Als sie in der Ankunftshalle die Menschen betrachtete,
erkannte sie in der großen, schlanken, grauhaarigen Frau mit den tiefen Falten im Gesicht sofort |325| Rupert de Jagers Mutter. Sie ging auf sie zu, streckte die Hand aus und wurde von knochigen Armen umarmt und gegen Carolina
de Jagers Körper gedrückt.
»Ich bin froh, dass Sie gekommen sind.«
»Ich bin froh, dass wir Sie gefunden haben.«
Die Frau ließ die Arme sinken. »Ich werde nicht weinen, Sie müssen sich keine Sorgen machen.«
»Sie können weinen, soviel Sie wollen, Mrs. de Jager.«
»Nennen Sie mich Carolina. Ich weine nicht mehr.«
»Können wir woanders auf unseren Flug warten? Wo es vielleicht eine Tasse Kaffee gibt?«
»Fahren wir in die Stadt, wir haben noch genügend Zeit. Ich zeige Ihnen die Seepromenade.«
»Bloemfontein hat eine Seepromenade?«
»Was glauben Sie denn? Es ist ein schöner Ort.«
Sie verließen das Flughafengebäude und gingen wieder hinaus in die Kälte. Carolina de Jager betrachtete sie ein weiteres Mal.
»Sie sind so klein. Für eine Anwältin. Ich dachte, Sie wären eine große Frau.«
Er spulte das Band des Anrufbeantworters zurück, hörte die Nachrichten der Einsamen ab, der Verstörten, verspürte das altbekannte
Erstaunen über das Leid, das Menschen mit sich herumtrugen. Wo hatte Kara-Ans Leid ihren Ursprung? Vielleicht konnte sie auf
andere verweisen, sein Leid jedoch lag in seinen eigenen Handlungen begründet, eine Klinge, die in ihm tiefe, blutige Wunden
hinterlassen hatte. Und bei anderen.
Konzentrier dich. Er ordnete seine Notizen, las die Zeitungsberichte, die findig alles aufwärmten, was von den Ermittlungen |326| noch übrig war, das Zitat des Polizeichefs Bart de Wit: »Das Morddezernat war zu jeder Zeit an den Ermittlungen beteiligt,
wir und das Team, das die Privatermittlungen durchführt, haben laufend Informationen ausgetauscht. Das Morddezernat wird auch
in Zukunft an den Ermittlungen teilhaben und geht im Moment neuen Hinweisen nach.«
Ha!
Das Telefon klingelte kaum noch, nichts Brauchbares mehr, er musste auf Hope und Carolina de Jager warten und das Päckchen,
das sie mitbringen würde, der nächste große Schritt.
Marie war an der Tür: »Ein Polizist will Sie sprechen, Sir.«
»Schicken Sie ihn rein.«
Superintendent Mat Joubert. »Guten Morgen, van Heerden.«
»Mat.«
»Sie glauben noch immer, der Teufel steckt im Detail.« Joubert sah zu den Notizen, setzte sich; für einen Mann seiner Größe
besaß er eine weiche Stimme.
»Wie geht es Ihnen, van Heerden?«
»Deshalb sind Sie doch nicht gekommen.«
»Nein.«
»Hat Bart de Wit seine Meinung geändert?«
»Nein. Der Polizeichef weiß nicht, dass ich hier bin. Ich will Sie warnen. Er hat heute Morgen angerufen. Der Militärische
Nachrichtendienst übernimmt ab sofort die Ermittlungen. Es kommt von ganz oben. Von Ministerebene. Nougat bereitet die Akten
bereits für die Übergabe vor.«
»Und ist fuchsteufelswild.«
Joubert rollte mit seinen mächtigen Schultern. »Sie sind der |327| Nächste, der an der Reihe ist, van Heerden. Sie kommen mit einem Gerichtsbescheid. Gesetz für innere Sicherheit.«
Er zeigte keine Reaktion.
»Sie haben da was losgetreten, was manche ziemlich nervös macht.«
»Sie können mich jetzt nicht stoppen.«
»Doch, das können sie. Das wissen Sie.«
»Mat, diese Sache geht auf das Jahr’76 zurück. Den Buschkrieg. Das ist potenziell Material für die Wahrheits- und Versöhnungskommission.
Der ANC dürfte großes Interesse daran haben.«
»Wie viele Hintermänner sind denn wirklich vor der Kommission erschienen? Und ich meine damit nicht die einfachen Schlächter
und Schergen wie die Vlakplaas-Leute, ich rede von den Drahtziehern. Den obskuren Einheiten innerhalb des Nationalen und des
Militärischen Nachrichtendiensts, von denen uns nur Gerüchte zu Ohren gekommen sind. Von ihnen oder über sie hört man nichts.
Und nichts über Namibia. Glauben Sie, das ist Zufall?«
Er hatte sich darüber noch nie Gedanken gemacht. »Ich habe die Arbeit der Kommission nicht sonderlich verfolgt. Ich war …
abgelenkt.«
»Im
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