Todes Kuss
verfügen, um einen solchen Schatz in Ihren Besitz zu bringen. Ich muss Sie zu Ihrem guten Geschmack beglückwünschen. Und auch zu Ihrer Klugheit, die Sie unter Beweis gestellt haben, als Sie den Kontakt zu mir suchten. Niemand anderes als ich könnte Ihnen das antike Kunstwerk beschaffen.“
Mir war so schwindelig, dass ich mich zu Boden sinken ließ. Nicht Colin Hargreaves war Caravaggio. Nie hätte er einen so arroganten Ton angeschlagen. Diese Art zu sprechen war typisch für einen anderen meiner Bekannten. Ja, ich kannte diese Stimme. Caravaggio war niemand anders als Andrew Palmer, der Mann, der behauptet hatte, er liebe mich über alles, und der nach Afrika reisen wollte, um Philip zu retten.
Nie zuvor war ich so wütend gewesen. Ich atmete tief durch und konzentrierte mich ganz auf das Gespräch im Nebenzimmer. Kein einziges Wort wollte ich verpassen!
Natürlich musste Andrew sich mit seinen Beziehungen und seinen Fähigkeiten brüsten! „Ich verfüge über die besten Beziehungen zum British Museum“, sagte er. „Auch kenne ich einen Künstler, der ganz hervorragende Kopien antiker Kunstwerke anfertigt. Er hat schon mehrere Male für mich gearbeitet. Seine Nachbildungen werden gegen das Original ausgetauscht. Und niemand merkt etwas!“
„Selbst wenn es auffiele, würde ich darauf vertrauen, dass mein Name niemals genannt wird“, stellte Cécile fest. „Mir fehlt einfach die Zeit, mich mit solch unangenehmen Dingen auseinanderzusetzen.“
„Selbstverständlich!“ Andrews Lachen klang ein wenig spöttisch.
„Wie lange werde ich auf die Erfüllung meines Wunsches warten müssen?“
„Das kann ich Ihnen mitteilen, sobald ich mit dem Künstler Rücksprache gehalten habe. Mr Attewater arbeitet zuverlässig und schnell. Doch eine Kopie dieser Größe wird natürlich nicht in wenigen Tagen fertigzustellen sein.“
„Es wundert mich, dass Sie den Namen Ihres Mitarbeiters nennen, Monsieur Caravaggio.“
„Ach, Attewater kann sehr gut auf sich selbst achtgeben.“
Natürlich, Andrew hatte – wie mir jetzt klar wurde – noch nie an irgendwen außer sich selbst gedacht. Er war der größte Egoist, den man sich vorstellen konnte. Armer Mr Attewater! Er hätte es verdient, besser behandelt zu werden.
„Wir müssen uns noch über die finanzielle Seite der Angelegenheit unterhalten“, sagte Andrew.
„Der Preis, den Sie mir schriftlich mitgeteilt haben, erscheint mir durchaus angemessen.“
„Sie sind sehr großzügig, Madame du Lac. Ich habe hier etwas mitgebracht, um unser Geschäft zu besiegeln.“
Ich hörte Papier rascheln.
„Griechisch, wie Sie sehen. Kennen Sie die Geschichte vom Urteil des Paris?“
„Ah, eine Vase! Wahrhaftig eine hervorragende Kopie!“
„Sie täuschen sich, Madame. Es ist ein Original. Eine so bedeutende Kundin wie Sie würde ich niemals mit einer Nachbildung konfrontieren.“
Himmel, wie skrupellos er log! Ich wusste ja, dass das Original sich in Sicherheit befand. Man hatte es auf meine Anweisung hin in einem Kleiderschrank versteckt.
„Madame, bitte, haben Sie Verständnis dafür, dass ich etwas in Eile bin. Ich halte mich nur kurz in Paris auf und hatte eigentlich nicht vor, eine neue geschäftliche Verpflichtung einzugehen. Für Sie habe ich allerdings gern eine Ausnahme gemacht. Doch nun muss ich aufbrechen.“
„Sie reisen zurück nach England?“
„Nein. Ich habe eine dringende Angelegenheit in Afrika zu erledigen.“
In diesem Moment hätte ich ihn am liebsten umgebracht.
„Haben Sie denn dann überhaupt Zeit, sich vorher noch um unsere Vereinbarung zu kümmern?“
„Aber ja, Madame. Ich werde alles Nötige veranlassen, ehe ich abreise. Auch können Sie sich darauf verlassen, dass ich mich nicht sehr lange in Afrika aufhalten werde.“
Wusste er etwa schon jetzt, dass er Philip nicht finden würde?
„Das klingt beruhigend.“ Wieder wurden Stühle gerückt. „Und so hoffe ich, recht bald von Ihnen zu hören, Monsieur Caravaggio.“
Schritte entfernten sich, eine Tür wurde geschlossen. Aus der Eingangshalle war die Stimme des Butlers zu hören. Ich erhob mich und betrat mit weichen Knien den roten Salon, wo Cécile gerade damit beschäftigt war, die griechische Vase zu untersuchen.
„Haben Sie Caravaggio erkannt, chérie ?“
„Allerdings! Andrew Palmer. Kein Wunder, dass er in meiner Bibliothek mit solchem Eifer nach Philips Aufsatz über Achill und Alexander gesucht hat! Zweifellos wollte er herausfinden, ob Philip sich irgendwo
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