Todesacker
Unterleibsgegend. Deshalb würde sich sagen, Sie haben den verhältnismäßig intakten Zustand dieses Leichnams der kalten, feuchten Erde von Rakedale zu verdanken. Wenn ich eine äußerst unwissenschaftliche Bemerkung machen darf, hat es beinahe den Anschein, als habe Opfer A in seinem halb verwesten Zustand darauf gewartet, gefunden zu werden.«
Jamieson lächelte, als er kurzzeitig von seiner professionellen Darbietung abwich. Er wartete auf Kommentare, doch es kamen keine.
»Abschließend sollte ich noch erwähnen«, sagte er, »dass bei keinem der beiden Opfer Anzeichen für ein Trauma zu erkennen waren – keine Knochenbrüche, keine Schnittverletzungen und keine perimortalen Beschädigungen an irgendeinem der Knochen, die wir geborgen haben. Allerdings wir haben nicht alle Knochen von Opfer B gefunden. Wie schon gesagt, fehlt bei ihm der Schädel. Und bevor irgendjemand voreilige Schlüsse zieht, sollte ich noch erwähnen, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass sich der Kopf löst, wenn ein Leichnam verwest. Der Schädel ist einer der schwersten Bestandteile des Skeletts und wird von einem der fragilsten Bestandteile getragen.«
Der Anthropologe beendete seinen Vortrag mit einer schwungvollen Geste, indem er seinen Laptop mit einer ausholenden Handbewegung zuklappte.
»Um es vereinfacht auszudrücken, Ladys und Gentlemen: Wenn man einen Leichnam auf einem Hang verwesen lassen würde, könnte es durchaus sein, dass der Kopf einfach davonrollt.«
Cooper dachte noch einmal über den Vortrag des Anthropologen nach, während sich seine Kollegen zurückzogen, um sich ihren Aufgaben für diesen Tag zu widmen.
»Diane, denkst du, wir könnten die Knochen auf ihre chemischen Inhaltsstoffe untersuchen lassen, um etwas über ihre Herkunft zu erfahren?«, fragte er. »Ich habe gehört, dass das möglich sein soll.«
»Du weißt doch, dass wir für so etwas nicht die technischen Voraussetzungen haben, Ben.«
»Aber vielleicht hat sie der Forensic Science Service. Oder irgendeine Universität.«
»Das würde Monate dauern. Und außerdem...«
»... würde es einen Haufen Geld kosten. Ich weiß.«
»Wir müssen das Budget im Auge behalten. Tatsache ist, dass dieser Fall vermutlich ungelöst bleiben wird.«
»Nein. Du machst Witze.«
»Wenn es irgendwelche Spuren gäbe, irgendeinen eindeutigen Anhaltspunkt, was die Todesursache betrifft, oder zumindest eine bestätigte Identität, mit der wir arbeiten könnten... Aber so, wie es aussieht, haben wir rein gar nichts in der Hand. Wir könnten hier monatelang herummachen und hätten dann vielleicht immer noch nichts in der Hand.«
»Wir können doch nicht einfach aufgeben, ohne dass die beiden Frauen identifiziert sind.«
»Womöglich müssen wir das«, erwiderte Fry.
»Nein.«
»Sieh mal, wie viele Fälle hast du momentan auf deinem Schreibtisch liegen, Ben?«
»Na ja …«
»Fünf, sechs? Ein Dutzend? Hättest du nicht bessere Chancen, zu Ergebnissen zu kommen, wenn du deine Zeit ein paar von denen widmen würdest? Ich wette, es gibt Leute, die nach Aussagen und Fallakten schreien.«
»Ja, die gibt es. Aber die gibt es immer . Das weißt du doch.«
»Also dann.«
Cooper schwieg. Er sah, dass Fry glaubte, sie habe die Auseinandersetzung durch pure, unanfechtbare Logik gewonnen. Budgets und unbearbeitete Fälle – wer konnte dagegen schon argumentieren? Es wäre nicht klug gewesen, das auszusprechen, was er gerade dachte.
Eine halbe Stunde später sorgte Gavin Murfin bei seinen Kollegen in der Einsatzzentrale für eine Überraschung.
»Übrigens«, sagte er, »Derek Sutton ist einmal straffällig geworden. Ich habe ihn im Police National Computer gefunden.«
Fry setzte sich mit plötzlichem Interesse auf. »Oh?«
»Illegaler Treibstoff. Er hat gewaschenen roten Diesel verwendet.«
»Eine typisch ländliche Straftat.«
Cooper ging zu Murfins Schreibtisch hinüber und warf einen Blick in die Akte.
»Nach einer Stichprobenkontrolle beim Viehmarkt in Ashbourne wurde von der Zoll- und Steuerfahndung Ihrer Majestät gegen Derek Sutton Anklage erhoben. Er hat eine saftige Geldstrafe bekommen. Das war ein teurer Ausflug für ihn.«
Roter Diesel wurde normalerweise für landwirtschaftliche Maschinen verwendet, und da er nicht besteuert wurde, war es illegal, Straßenfahrzeuge damit zu betanken. Um nicht erwischt zu werden, entfernten findige Gesetzesbrecher seine rote Färbung und stellten dabei sogenannten »gewaschenen« Diesel her. Bei
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