Todesacker
Stichproben der Zoll- und Steuerfahndung flog das jedoch auf. Sutton war allerdings nur der Verwendung angeklagt worden, nicht der Entfärbung. Er musste eine Bezugsquelle gekannt haben. Vermutlich kannte die jeder.
»Das Kraftstoffbesteuerungsgesetz«, sagte Fry. » ›Bestimmte Fahrzeuge sind von der normalen Kraftstoffsteuer befreit, da sie überwiegend abseits der Straßen benutzt werden und nur gelegentlich im Verkehr bewegt werden.‹ «
Cooper war wie sooft von der Effizienz ihres mentalen Aktenschranks beeindruckt. Er konnte beinahe hören, wie sich die richtige Schublade öffnete.
»Gut gemerkt.«
»Das ist eine weitere staatliche Unterstützung für Farmer«, sagte sie. »Im Gesetz verankert. Sie zahlen weniger für ihren Treibstoff als gewöhnliche Sterbliche.«
»Na ja, ganz so ist es auch nicht. Wenn ihre landwirtschaftlichen Fahrzeuge nie auf der Straße fahren, tragen sie auch nicht zur Abnutzung bei, oder? Und sie benutzen auch keine anderen Einrichtungen im Straßenverkehrsnetz. Warum sollten sie also für deren Instandhaltung und Reparatur Steuern bezahlen?«
»Du kannst mir nicht weismachen, dass sie nicht auf der Straße fahren. Ich bin schon oft genug hinter Traktoren hergezuckelt, um es besser zu wissen.«
Cooper zuckte mit den Schultern. »Wenn ich mich recht erinnere, hat die Zollfandung den Verdacht, dass es hier in der Gegend eine Fabrikanlage gibt, in der Diesel gewaschen wird. Kannst du dich noch an die Anlage in Nordirland erinnern, die dichtgemacht wurde? Sie war im umgebauten Heustadel einer abgelegenen Farm untergebracht.«
»Wie ich bereits gesagt habe, eine typisch ländliche Straftat. Diese Leute meinen, sie kommen mit allem davon, weil sie niemand beobachtet.«
»Momentan hast du es so richtig auf Farmer abgesehen, habe ich recht?«, stellte Cooper fest. »Was ist denn der Auslöser dafür?«
»Die Zeit, die ich in Rakedale verbracht habe«, erwiderte Fry. »Das hätte jedem den Rest gegeben.«
Cooper schüttelte resigniert den Kopf. Fry war beinahe ein hoffnungsloser Fall. Er musste sie unbedingt einmal Matt vorstellen, um zu sehen, was dann passieren würde. Das Ergebnis wäre zumindest interessant. Zwei voreingenommene Menschen, die frontal zusammenstießen. Allein der Gedanke jagte ihm einen Schauder über den Rücken.
Traktoren machten die größte Gruppe von landwirtschaftlichen Fahrzeugen aus, die laut Gesetz von der Kraftstoffsteuer befreit waren. Der Steuersatz für verbilligten roten Diesel betrug ungefähr ein Zehntel des Treibstoff-Steuersatzes für normale Straßenfahrzeuge. Bei dem Fall in Nordirland waren zwölf große Tanks verwendet worden, um roten Diesel zu entfärben und in weißen Diesel zu verwandeln, den Straßenverkehrsteilnehmer tanken mussten. Der Preisunterschied betrug etwa fünfzig Pence pro Liter, und die Vorratstanks der Entfärbungsanlage auf der Farm in Nordirland hatten ein Fassungsvermögen von vierzigtausend Litern gehabt. Eine gute Geldquelle also.
Doch aus Sicht der Autofahrer war das nicht ratsam. Abgesehen von dem Risiko, strafrechtlich verfolgt zu werden, konnten die zur Entfärbung eingesetzten Säuren die Einspritzpumpen von Dieselmotoren zerstören, sodass die Käufer von Billigdiesel Gefahr liefen, ihre Fahrzeuge dauerhaft zu beschädigen.
Die Zoll- und Steuerfahndung war vor einer Weile auch ganz in der Nähe aktiv geworden und hatte die Tanks der meisten Besucher einer Pferdeveranstaltung beim Chatsworth House kontrolliert. Dabei war nach Autofahrern gesucht worden, die roten Diesel getankt hatten. Die Zoll- und Steuerfahndung ließ sich nicht mit Zweittanks hinters Licht führen und kannte auch sonst jeden Trick. Sie nahm Treibstoffproben an den Einspritzdüsen und untersuchte sie auf chemische Indikatoren. Die Farbstoffe ließen sich mit Hilfe von absorbierenden Zusätzen entfernen, die Indikatoren dagegen nicht. Und wer erwischt wurde, dem drohten hohe Geldstrafen.
Cooper suchte nach Einzelheiten zu dem Fall in Nordirland. Bei der Razzia auf der Farm waren außerdem ein Notstromaggregat, Pumpen und Behältnisse zur Lagerung entdeckt worden. Darüber hinaus wurden siebenunddreißig Tonnen giftiger Abwasserschlamm, das gefährliche Abfallprodukt des Entfärbungsprozesses, von dem Grundstück entfernt, auf dem Vieh gehalten wurde und ein bewohntes Farmhaus stand. Im Anschluss daran waren aufgrund des Schadens, der durch die Verseuchung von Ackerland, Grundwasser und Flüssen entstanden war, Warnungen herausgegeben
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