Todesakt: Thriller (German Edition)
Gants Tod überhaupt jemand bei ihm aufkreuzen würde. Eigentlich hatte er auf mehr Zeit gehofft, um sein Sprüchlein einzuüben. Nur ein paar Tage, damit er an seiner Vorstellung feilen konnte. Auch wenn vielleicht ein paar Punktsiege zu verbuchen waren, wusste er tief in seinem Inneren, dass er es vermasselt hatte. Sein Verhalten hatte offenbar stärker gewirkt als seine Worte. Die Dominosteine, die nun ins Kippen geraten waren, konnten mühelos seine ganze Welt zum Einsturz bringen und ihn unter sich begraben.
Die Telefonistin meldete sich wieder. Cobbs Blick blieb auf Lena gerichtet.
»Samuel Trevor Beck. Weiß, männlich, dreiundreißig. Wohnt in Manhattan Beach.«
»Und wie sieht es bei ihm aus?«
»Seit zehn Jahren sauber«, erwiderte die Telefonistin.
»Und davor?«
»Schwerer Autodiebstahl. In zwei Fällen.«
»Habe ich mir fast gedacht. Danke.«
Cobb steckte das Telefon wieder ein, warf noch einen letzten Blick auf Gamble und fuhr davon. Das Gespräch mit ihr hatte er vermasselt, daran war nichts zu rütteln. Dennoch hoffte er, dass sich daraus keine neue Szene in dem Film entwickeln würde, der in seinem Kopf ablief. Eine Szene, die damit endete, dass er sich in die Enge getrieben fühlte und keine andere Wahl hatte, als ihr das Herz aus dem Leib zu reißen.
18
Lena betrat das Blackbird Café und bestellte sich einen großen Becher Hausmischung und einen getoasteten Bagel mit Lachs und Frischkäse. Dann umrundete sie die Bücherregale, wobei sie ein neu erworbenes Foto von Minor White bemerkte, und setzte sich an einen Tisch am anderen Ende. Nun, am späten Nachmittag, war es ziemlich ruhig im Café. Unter gewöhnlichen Umständen hätte Lena das als erholsam bezeichnet und eine Weile die Kunstwerke an den Wänden betrachtet und die Stimmung genossen. Es war nur eine Handvoll Gäste anwesend. Zwei saßen allein da und lasen, während die anderen an ihren Getränken nippten und durch die Fenster auf die Stadt hinausschauten. Die Aussicht war traumhaft: Im Westen setzte sich die Sonne gegen die Kohlenmonoxydschwaden durch und tauchte die hohen Gebäude in ein pulsierendes, strahlend rotes Licht. An jedem anderen Tag hätte Lena das auch wahrgenommen, ebenso wie die Musik im Hintergrund. Sie war zart und gedämpft, das Stück hatte Lena schon seit langem nicht mehr gehört – der erste Teil des Köln-Konzerts von Keith Jarrett.
Das Blackbird war schon immer ihre Oase gewesen, ihr Rückzugsort, wenn sie sich nach Geborgenheit sehnte.
Doch heute war alles anders. Und nichts hier im Café konnte verhindern, dass sie an Dan Cobb und sein mögliches Versagen im Mordfall Lily Hight dachte. Seitdem sie die Pacific Station verlassen hatte, wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie und Vaughan mitten in einer Katastrophe steckten.
Die unheilvolle Vorahnung war so übermächtig, dass sie sich kaum noch daran erinnern konnte, wie sie Beck den TSX abgekauft hatte. Dunkel wusste sie noch, dass er gesagt hatte, er müsse heute ein Auto bei jemandem abholen, der beim NBC arbeite, und werde den TSX auf dem Weg zum Studio in Burbank bei ihr abliefern.
Mehr war wegen ihrer wachsenden Angst nicht zu ihr durchgedrungen.
Und zu allem Überfluss hatte sie auf der Fahrt in die Stadt das Radio eingeschaltet und sich Vaughans Pressekonferenz angehört. Ein Reporter von KNX hatte gemeldet, Bennett und Watson hätten ebenso durch Abwesenheit geglänzt wie ihr furchtloser Anführer Jimmy J. Higgins. Und Vaughan hatte sich allein auf dem Podium behaupten müssen. Und wie ebenso vorherzusehen gewesen war, hatten schon die ersten beiden Fragen dem zum Sündenbock Auserkorenen mit dem bislang makellosen Ruf den Garaus gemacht.
Werden Sie Tim Hight wegen des Mordes an Jacob Gant festnehmen? Wie bringen Sie es über sich, die Anklage gegen einen Helden zu vertreten, der nur Gerechtigkeit für seine Tochter wollte, nachdem Ihre Behörde so fulminant versagt hatte ?
Vaughan hatte sein Bestes getan. Er hatte den Anwesenden vor Augen geführt, dass in der letzten Nacht zwei Morde im Club 3 AM verübt worden waren, nicht nur einer. Gant sei zwar tot, doch dasselbe gelte auch für Johnny Bosco. Entscheidungen könne man erst nach Ende der Ermittlungen fällen. Man wolle keine voreiligen Schlussfolgerungen ziehen, weshalb seine Behörde sich um eine offene Herangehensweise bemühe.
Doch ganz gleich, was er auch sagte, es änderte nichts. Lena glaubte sogar, einige Reporter im Hintergrund kichern zu hören, als er innehielt, um auf
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