Todesakt: Thriller (German Edition)
und zündete sie an. Im nächsten Moment fiel sein Blick auf das Lämpchen am Telefon, er schaltete es ab. Einige Zeit herrschte Schweigen. Er trat zu Lena ans Fenster und ließ seinen Blick über die Stadt schweifen, während er überlegte. Als er endlich das Wort ergriff, war seine Stimme leise und heiser, als ob er für heute Abend genug geredet hätte.
»Im Leben jedes anständigen Polizisten kommt ein Punkt, an dem er das tun muss, was er für nötig hält. Wie bei Ihnen heute Abend, als Sie sich von einem Arschloch wie Higgins nicht haben einschüchtern lassen. Ich hätte nur zu gerne das Gesicht von dem Scheißkerl gesehen. Hoffentlich träume ich heute Nacht davon. Und zwar in Farbe. Verstehen Sie, was ich meine, Gamble?«
»Ich glaube schon«, erwiderte sie.
»Ich will, dass Sie und Vaughan weitermachen. Und dass Sie sich von nichts aufhalten lassen.«
Sie starrte ihn an. Ihr schwirrte der Kopf.
»Ohne Rücksicht auf Verluste?«, hakte sie nach.
Ramsey nickte.
»Ohne Rücksicht auf Verluste, Gamble. Allerdings sollten wir es nicht an die große Glocke hängen. Die Festnahmen werden für sich sprechen.«
»Wie wird Higgins reagieren, wenn er hört, dass ich nicht gefeuert werde?«
Ramsey drehte sich nach den zusammengerollten Hundertdollarscheinen auf seinem Schreibtisch um.
»Danach kräht kein Hahn mehr«, erwiderte er. »Im Gegensatz zu Ihnen hat er die fünf Riesen nicht erwähnt. Ich werde dafür sorgen, dass die Geldscheine in der Kriminaltechnik auf Fingerabdrücke untersucht werden. Sollten die von Bosco darauf sein, kann Jimmy J. Higgins sein Testament machen.«
36
Grüne Ampeln funktionieren in beide Richtungen, dachte Lena. Sie geben die Straße frei. Aber gleichzeitig zwingen sie einen, weiterzufahren und sich vielleicht in unbekanntes Gebiet zu wagen, das man nicht so ohne Weiteres wieder verlassen kann, Rückkehr ungewiss.
Vaughan erwartete sie am Empfang, und Lena begleitete ihn zu seinem Auto auf dem Besucherparkplatz. Offenbar konnte er sein Glück kaum fassen, dass Ramsey ihnen freie Hand ließ. Endlich konnten sie ungehindert in die Richtung ermitteln, in die die Indizien wiesen.
»Ich brauche Sie morgen früh«, sagte er.
»Wofür?«
»Tim Hights Produzent ist ein Typ namens Pete London. Er ist einverstanden, mit uns zu sprechen. Sie arbeiten schon seit zwanzig Jahren immer wieder mal zusammen.«
»Wie haben Sie ihn dazu gekriegt?«
»Er hat mich heute Nachmittag selbst angerufen. Offenbar muss er sich etwas von der Seele reden. Er produziert derzeit eine Reality-Serie für einen Musiksender. Hight hat eine Weile Regie geführt und dann kurz nach dem Tod seiner Tochter aufgehört.«
»Hat er Hight rausgeschmissen?«
»Am Telefon wollte er nicht ausführlicher werden. Er sagte nur, sie würden in einem Haus in Venice drehen. Er hat mir die Adresse gegeben und erwartet, dass wir morgen pünktlich um acht dort auf der Matte stehen.«
Vaughan entriegelte seine Autotür und öffnete sie. Als ihre Blicke sich trafen, trat er einen Schritt auf sie zu.
»Ich fasse es nicht, was du heute Abend gemacht hast«, flüsterte er. »Higgins so in die Mangel zu nehmen. Falls es sich je herumsprechen sollte, dass du Higgins mit heruntergelassenen Hosen erwischt hast, wird dein Foto auf dem Schreibtisch jedes Staatsanwalts im Haus stehen.«
Als sie lächelte, umarmte Vaughan sie lachend. Er stieg ins Auto und kurbelte das Fenster herunter.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte er.
Sie nickte.
»Wo möchtest du mich morgen treffen?«
»Ich wohne im Rustic Canyon. Von dort aus sind es fünf Autominuten nach Venice. Wenn du früh genug da bist, lernst du die Kinder kennen.«
»Klingt gut«, erwiderte sie. »Dann also bis halb acht.«
»Ich schicke dir eine SMS mit der Adresse.«
Er lachte noch einmal auf und fuhr davon.
Lena konnte es nicht in Worte fassen. Lag es an seinen Augen, seiner Figur oder einfach nur an seiner Art? Sie wusste nur, dass etwas geschehen war. Die Umarmung hatte etwas verändert, und sie nahm seine körperliche Gegenwart nun deutlich wahr.
Sie fuhr auf dem Hollywood Freeway nach Hause. Der Wind hatte aufgefrischt, eine knochentrockene Brise, die dichte Staubwolken aus der Wüste in die Stadt wehte.
Lena zündete sich eine Zigarette an und versuchte, sich auf die Straße zu konzentrieren. Obwohl sie nicht sicher war, vermutete sie, dass sie ihn aus Versehen mit ihren Brüsten gestreift hatte. Aber es hatte nur den Bruchteil einer Sekunde gedauert. Sicher hatte
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