Todesakt: Thriller (German Edition)
einige im Raum verteilte Tischlampen das Büro erhellten. Lena versuchte, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen, als sie Vaughan an einem kleinen Besprechungstisch erkannte. Ramsey saß an seinem Schreibtisch und beobachtete, wie Barrera etwas in ein kleines Notebook eintippte. Eigentlich hatte Lena mit Higgins gerechnet, doch der glänzte durch Abwesenheit.
Wortlos wies Ramsey auf einen Stuhl und fixierte sie mit seinen stahlblauen Augen. Die Stille war überwältigend und lastete so schwer auf ihnen, dass sie kaum noch atmen konnten. Lena warf einen Blick auf Vaughan, der ihr kaum merklich zunickte. Dann wanderten seine Augen langsam durch den Raum. Lena schaute in dieselbe Richtung zum Telefon auf dem Sideboard hinter Ramsey. Ein rotes Lämpchen brannte. Also hörte jemand über Raumlautsprecher mit. Lena glaubte nicht, dass es Higgins war. Natürlich konnte es Polizeichef Logan sein, der noch immer an der Ostküste Studenten für das SID anwarb – allerdings kamen noch andere, um einiges unangenehmere Personen in Frage. Rasch sah sich Lena im Büro um und überlegte, ob die Abteilung für interne Ermittlungen wohl irgendwo eine Kamera versteckt hatte.
Ramsey beugte sich über seinen Schreibtisch.
»Mr Vaughan hat uns bereits davon in Kenntnis gesetzt, dass Jacob Gant sechs Wochen vor dem Prozess einen Lügendetektortest bestanden hat. Hatte Paladino einen seiner Leute beauftragt?«
»Nein«, antwortete sie. »Einen von unseren.«
»Wen?«
»Cesar Rodriguez.«
Ramsey verzog das Gesicht, als hätte er auf etwas Verdorbenes gebissen, und fuhr sich über den rasierten Schädel. Als Lena sein wettergegerbtes Gesicht musterte, wirkte er auf sie gleichzeitig besorgt und aufgebracht, eine Mischung, die sie an jedem anderen Abend als furchteinflößend empfunden hätte. Aber nicht jetzt, wo so viel auf dem Spiel stand.
»Also, raus mit der Sprache«, begann er. »Was genau ist in Malibu passiert, Gamble?«
Sie beschloss, sich nicht mit den Konsequenzen aufzuhalten und sich alles von der Seele zu reden. Die anderen sollten ruhig erfahren, was geschehen war. Um ihre Verteidigung würde sie sich später kümmern. Sie stand auf und legte den Inhalt ihrer Taschen auf Ramseys Schreibtisch. Ihre Stimme klang zwar leise und gepresst, zitterte aber nicht.
»Der Oberstaatsanwalt ist zusammen mit einem Mann namens Jerry Spadell in Boscos Haus eingebrochen. Die beiden haben sich mit diesen Dietrichen durch die Vordertür Zutritt verschafft. Ich war nicht lange genug dort, um festzustellen, wie sie die Alarmanlage außer Gefecht gesetzt haben. Allerdings macht Spadell auf mich den Eindruck, als ob er so etwas durchaus fertigbrächte. Ich habe diese .38er bei ihm sichergestellt. In Higgins’ Hosentasche habe ich fünftausend Dollar gefunden. Ich glaube, dass es sich um Boscos Geld handelt und dass der Staatsanwalt es aus dem Haus entwendet hat.«
Ramsey wechselte einen Blick mit Barrera.
»Higgins hat kein Geld erwähnt.«
»Das habe ich mir schon gedacht«, entgegnete Lena. »Als ich mich an der Tür als Polizistin zu erkennen gab, haben er und Spadell versucht zu fliehen.«
»Das hat er auch nicht erwähnt«, sagte Ramsey.
Lena setzte sich zu Vaughan an den Tisch. Sie verstand nicht, was hier gespielt wurde. Eigentlich hatte sie mit einem schnellen und endgültigen Rauswurf gerechnet. Damit, dass Ramseys zornige Raucherstimme ihr in den Ohren dröhnen würde. Denn ganz gleich, was auch geschehen sein mochte, sie hatte auf einen Staatsanwalt geschossen. Und die meisten Politiker hatten so etwas gar nicht gerne.
Ramsey stand auf und warf Lena und Vaughan einen Blick zu. Er trat ans Fenster.
»Okay. Ich sehe die Sache wie folgt: Ein junges Mädchen wurde ermordet, und die ganze Drecksstadt tobt. Wir haben nicht nur den Drecksprozess vermasselt und den falschen Dreckstypen vor Gericht gestellt, sondern der falsche Dreckstyp und ein anderer Kerl mit Einfluss sind auch noch mausetot. Das ist, abgesehen von dem Mist mit Higgins und seiner Komikertruppe, die Situation, mit der wir uns jetzt herumschlagen müssen, richtig?«
Lena und Vaughan sahen einander an und nickten.
Ramsey wandte sich an Barrera. »Sind Sie fertig?«
Barrera warf ihm einen Blick zu und drehte den Computer herum.
»Sie werden verfolgt, Lena. Dick Harvey ist Ihnen schon den ganzen Tag auf den Fersen. Und er hat Sie gefilmt. Die Aufnahmen sind im Internet und im Fernsehen. Ihr gesamter Tag in allen Einzelheiten, bis Sie den Idioten auf dem
Weitere Kostenlose Bücher